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„Ich lemperle mir einen“So fiebern FC-Fans dem Aufstiegs-Finale am Sonntag entgegen

Lesezeit 4 Minuten
13.05.2025, Köln: FC-Fans beim öffentlichen Training des 1. FC Köln am Geißbockheim vor dem Aufstiegs-Endspiel am Wochenende.
Im Bild v.l.n.r. Franz-Josef Weyer, Roland Hüttner und Klaus Schrörs.

Foto: Michael Bause

Klaus Schröers, Franz-Josef Weyer und Roland Hüttner sind geteilter Ansicht, was das Spiel gegen Kaiserslautern betrifft. 

Die Anspannung unter den FC-Fans vor dem letzten Saison-Spiel steigt von Tag zu Tag. Ein Besuch beim öffentlichen Training.

Das Training ist erst ein paar Aufwärmübungen alt, als Friedhelm Funkel seine Spieler im Franz-Kremer-Stadion zusammenruft. Was der FC-Trainer den Profis dabei mitteilt, können die knapp 100 Fans auf der gegenüberliegenden Tribüne aufgrund der Entfernung nicht hören. Aber einer meint es zu ahnen, als die Funkel-Fußballer plötzlich jubeln. „Freibier“, brüllt der Mann Richtung Rasen. Höhnisches Gelächter macht sich unter der Anhängerschaft breit. Ebenso, als ein anderer Fan „Ich lemperle mir einen“ ruft und mit der rechten Hand Trinkbewegungen nachahmt. Der Alkohol- und Prügel-Skandal um Stürmer Tim Lemperle ist natürlich Thema an diesem Dienstag, doch er kommt zur Unzeit – da sind sich die Trainingsbeobachter einig.

1. FC Köln: Fans zwischen Zuversicht und großer Sorge

Ausgerechnet wenige Tage vor dem letzten und wichtigsten Spiel der Saison hat die Stimmung unter den Geißbock-Getreuen einen Dämpfer erhalten: Eigentlich benötigt der FC am Sonntag nur noch einen Punkt, um die Rückkehr in die erste Bundesliga perfekt zu machen. Doch im schlimmsten Fall kann bei einer Niederlage im Heimspiel gegen den 1.FC Kaiserslautern sogar der Relegationsplatz verpasst werden. Dann bliebe der FC zweitklassig. Nicht auszudenken, oder?

„Doch!“, sagt Franz-Josef Weyer. „Ich erwarte, dass sie es versauen werden“, meint der 62-Jährige und liefert Argumente für seine Sicht der Dinge: „Wenn man sich mal die gesamte Saison anschaut, wie dumm sich die Mannschaft anstellt – wenn man nur mal an dieses dämliche Unentschieden in Düsseldorf denkt. Und dann diese Eselei von Lemperle. Das kann einfach kein Happy End geben.“ Weyers Nebenleute nicken zustimmend, die Expertise des Sülzers kommt nicht von ungefähr: „Ich bin seit 53 Jahren FC-Fan, habe selbst beim FC in der Jugend gespielt, bin jedes Heimspiel im Stadion“, zählt Weyer auf. Und sagt, wie traurig er sei, was sich die Mannschaft da verbauen könnte. Von der Geschäftsführung und dem Präsidium wolle er erst gar nicht sprechen.

13.05.2025, Köln: FC-Fans beim öffentlichen Training des 1. FC Köln am Geißbockheim vor dem Aufstiegs-Endspiel am Wochenende.
Im Bild v.l.n.r. Sophia Gollub, Maro Gollub und Ullrich Gollub.

Foto: Michael Bause

Sophia Gollub, Maro Gollub und Ullrich Gollub (v.l.) sind aus Bonn zum Training ins Franz-Kremer-Stadion gefahren.

Stimmen wie diese sind vielfach zu hören. Die spielerisch schwachen Leistungen der Rückrunde wiegen schwerer als der zuletzt glückliche 2:1-Sieg unter Neu-Trainer Friedhelm Funkel gegen Nürnberg. Klaus Schrörs aus Zollstock hat seit Tagen Herzklopfen. „Wie willst du nur diese Woche überstehen?“, habe er sich schon am Sonntag gefragt, „als alle gegen uns gespielt haben“, sagt der 66-Jährige mit Blick auf die Siege von Paderborn und Kaiserslautern. Es gebe da einen Zwiespalt zwischen Kopf und Herz und daher nur eine Marschroute: „Wir müssen auf Sieg spielen.“

Roland Hüttner übt sich in Zweckoptimismus und will gerade erklären, warum der FC mindestens den einen so wichtigen Punkt für den Aufstieg holt, als Franz-Josef Weyer dazwischen grätscht: „Es ist ja so: Wir könnten auch mit Ronaldo oder Lewandowksi spielen, aber kriegen hinten immer diese Idioten-Tore. Was können die Gegner bei uns am Strafraum nicht alles treiben. Denen muss ich doch als Verteidiger die Beine brechen – naja, also, natürlich nicht“, korrigiert sich der FC-Experte. Und weist den Reporter an, das bloß nicht zu schreiben. Aber nicht jeder Wunsch geht an diesem Vormittag in Erfüllung.

13.05.2025, Köln: FC-Fans beim öffentlichen Training des 1. FC Köln am Geißbockheim vor dem Aufstiegs-Endspiel am Wochenende.
Im Bild Stephanie Davin und Sylvie Köp.

Foto: Michael Bause

Stephanie Davin (l.) und Sylvie Köp blicken zuversichtlich auf das letzte Saisonspiel.

Das muss auch Christian Hinz erfahren, der morgens noch gehofft hatte, die Lemperle-Geschichte sei gar nicht so wild gewesen, und der Stürmer stehe mit seinen Kollegen auf dem Trainingsplatz. „Was erlauben Lemperle“, hätte Trainer-Urgestein Giovanni Trapattoni geschimpft – Stephanie Davin seufzt dagegen nur: „Männer!“ Dass man sich nicht unter Kontrolle habe, zeige einmal mehr, wie jung diese Spieler „auch im Kopf“ noch seien.

Die 44-Jährige erinnert sich dabei an frühere FC-Eskapaden, zum Beispiel als 2012 der damalige Mittelfeldspieler Slawomir Peszko betrunken in einem Taxi ausrastete und in der Ausnüchterungszelle der Polizei landete. Zwei Monate vorher hatte Verteidiger Miso Brecko im Suff einen Unfall gebaut, als er hinter einer Straßenbahn auf Bahnschienen hergefahren war. 2007 hatte Stürmer-Star Milivoje Novakovic zu viel Glühwein getankt und wurde mit 1,2 Promille hinterm Steuer erwischt.

13.05.2025, Köln: FC-Fans beim öffentlichen Training des 1. FC Köln am Geißbockheim vor dem Aufstiegs-Endspiel am Wochenende.
Im Bild Wilfried Winter.

Foto: Michael Bause

Wilfried Winter setzt große Hoffnungen auf Friedhelm Funkel.

„Dieser Verein ist wirklich spürbar anders“, sagt Davins Freundin Sylvie Köp. „Aber auch wir Fans!“, unterbricht Davin. Kölner seien immer zuversichtlich, und daher werde der FC am Sonntag aufsteigen. Das erwartet auch Wilfried Winter, der aus der Eifel nach Köln gefahren ist. Dass vor Lemperle schon Dejan Ljubicic aussortiert wurde, sei eine gute Entscheidung gewesen: „Funkel kann nur noch auf Leute setzen, die 100 Prozent bei der Sache sind.“

13.05.2025, Köln: FC-Fans beim öffentlichen Training des 1. FC Köln am Geißbockheim vor dem Aufstiegs-Endspiel am Wochenende.
FC-Spieler geben Autogramme.
Im Bild Friedhelm Funkel und FC-Fan 
Klaus Fest.

Foto: Michael Bause

Klaus Fest (l.) freut sich über ein Foto mit Friedhelm Funkel

Dazu zählt offenbar Florian Kainz: Beifall brandet plötzlich auf, als der Mittelfeldspieler sehenswert aus der Distanz in den Winkel trifft. Die guten Trainingseindrücke übertragen sich auf die Zuschauer: Ulrich Gollub, der mit seinen Enkeln Maro und Sophia die Einheit verfolgt, glaubt an einen 2:1-Sieg.

Tim Nehring würde sich über ein „dreckiges 1:0 in der Nachspielzeit“ freuen. Und Klaus Fest, der nach Trainingsende noch ein Erinnerungsfoto mit Friedhelm Funkel ergattert, hofft, dass sein Name am Sonntag Programm ist: „Aufstiegs-Fest“.