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Verhärtete FrontenVon Kanal-Überschwemmung betroffene Kölner fühlen sich „abgefertigt“

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Drei benachbarte Grundstücke in der Ringstraße waren von der Überschwemmung betroffen.

Drei benachbarte Grundstücke in der Ringstraße waren von der Überschwemmung betroffen.

Eine Verstopfung des Vorflutkanals hatte drei Wohnhäuser in Esch unter Wasser gesetzt – bis heute bleiben die Bewohner auf ihren Kosten sitzen.

Das Letzte, was man sich wünscht, wenn man aus dem Urlaub zurückkommt, ist, die Feuerwehr in der eigenen Einfahrt stehen zu sehen. Genau das mussten jedoch Markus D. und Sarah W. (Namen von der Red. geändert) erleben, als sie am Abend des 21. Mai 2024 vor ihrem Haus in der Ringstraße vorfuhren: Der offene Vorflutkanal, der direkt hinter ihrem Grundstück verläuft, war übergelaufen und hatte ihres sowie zwei benachbarte Grundstücke überflutet.

Die Wassermassen hatten das Kellerfenster ihres Hauses aufgedrückt und das Untergeschoss hüfthoch unter Wasser gesetzt: Möbel, Hausrat, technische Geräte und weiteres Inventar waren den Fluten zum Opfer gefallen, der Schaden beläuft sich auf gut 75.000 Euro. 

Warum aber war der Kanal in Köln-Esch überhaupt übergelaufen?

Hinzu kamen Schäden an der Heizung und an den nun wieder durchfeuchteten Kellerwänden, dabei war die Sanierung der Räume nach den Schäden durch das Hochwasser vom Juli 2021 gerade erst überstanden. Warum aber war der Kanal überhaupt übergelaufen?

D. sieht den Grund in „monatelanger Nichtwartung“ des Kanals, durch den dieser komplett zugewuchert gewesen sei – ein Mitarbeiter der zuständigen Stadtentwässerungsbetriebe (Steb), der die Situation am folgenden Tag begutachtete, habe ihm dies bestätigt und das Verschleppen der Wartung als „grob fahrlässig“ bezeichnet, so seine Aussage. Die Steb gaben darüber hinaus gegenüber den Geschädigten an, dass der Vorfluter nach der Überflutung neben weiteren Maßnahmen zwei Mal von Bewuchs befreit und dass dort abgelagerter „grober Sperrmüll“ entsorgt worden sei.

Ein Graben zieht sich durch eine Grünfläche, die an Häuser angrenzt.

Hier hatte sich das Wasser des Vorflutkanals im Mai 2024 gestaut - bis es überlief.

Die Stadt Köln, die als Eigenversicherer für die Steb fungiert, hatte sich zunächst entgegenkommend gezeigt und in Aussicht gestellt, für die Schäden aufzukommen. Dann jedoch zog sich die Korrespondenz zwischen den Geschädigten und dem Amt für Recht, Vergabe und Versicherungen über sechs Monate hin und endete mit der für D. völlig unverständlichen Ablehnung der Schadensregulierung. Begehungen des Vorflutkanals hätten 2024 keine Besonderheiten gezeigt, so die Begründung des Amts, auch der genannte Sperrmüll sei bei einer Inspektion im Mai 2024 noch nicht vorgefunden worden.

Das Ablagern des Sperrmülls wertete das Amt deswegen als Vandalismusschaden, der nicht den Steb angelastet werden könne. In einem telefonischen Gespräch zwischen B. und einer Mitarbeiterin des Amtes habe diese außerdem auf ein „Starkregenereignis“ verwiesen, vor dem an dem betreffenden Tag gewarnt worden sei.

Betroffene Eigentümer aus Köln-Esch legten Einspruch ein

D. legte unverzüglich Einspruch ein und bezeichnet die Begründung des Amts als „grotesk“. Der verwahrloste Zustand des Vorfluters sei schließlich von einem Mitarbeiter der Steb bestätigt worden, auch könne keine Rede von einem „Starkregenereignis“ sein. „Wir haben eigens die Wetterdaten des 21. Mai 2024 eingesehen“, sagt er, „es hatte zwar geregnet, aber der Starkregen, vor dem gewarnt wurde, ist an diesem Tag nicht eingetreten.“ Tatsächlich ist für den genannten Tag und Esch eine Niederschlagsmenge von 2,4 Litern pro Quadratmeter verzeichnet, die damit weit unter den 17,1 Litern pro Quadratmeter bleibt, die als Untergrenze für Starkregen definiert wird.

Trotz des Widerspruchs blieb das Amt bei seiner Entscheidung – bis heute, mehr als ein Jahr nach dem Unglück, bleiben D. und W. auf dem Schaden sitzen, die Kellerräume sind nach wie vor ungenutzt. „An die Situation haben wir uns mehr oder weniger gewöhnt, aber ich finde es immer noch wahnsinnig dreist, wie wir da abgefertigt wurden“, sagt D. Nun lassen sich D. und W. von einem Anwalt vertreten, eine Klage ist in Vorbereitung. Die beiden betroffenen Nachbarparteien erwägen, sich einer Sammelklage anzuschließen.

Angesichts des sich abzeichnenden Rechtsstreits hatten sowohl Stadt Köln als auch Steb von inhaltlichen Stellungnahmen abgesehen. „Das Vorgehen der Stadt ist mir unverständlich“, meint D. „Riskiert man lieber eine Klage, als sich mit der Sache auseinanderzusetzen? Dieser Umgang mit den Bürgern ist sehr fragwürdig.“