Köln – Die Stadt hat ihre Test-Strategie geändert. Wer nur leichte Symptome hat und keinen Kontakt zu einem Infizierten, wird nicht mehr getestet, Dadurch ist die Dunkelziffer der Infizierten bereits gestiegen.
Der Arzt nimmt einen Abstrich aus dem tiefen Rachenraum, das Labor wertet aus, das Ergebnis landet dann früher oder später bei Arzt und Patient. So funktioniert der PCR-Test, Goldstandard der Corona-Nachweise: „PCR-Tests haben eine sehr hohe Sensitivität und sehr hohe Spezifität“, sagt Gerhard Wiesmüller, stellvertretender Leiter des Gesundheitsamtes. Der Kölner Virologe Rolf Kaiser pflichtet ihm bei: „Sie sind an Treffsicherheit nicht zu überbieten.“ Der Grund: Die PCR-Methode kann als einzige das Erbgut der Coronaviren erkennen.
Doch weil die PCR-Tests inzwischen rar sind, hat sich der Umgang mit ihnen geändert. Wer ohne Kontakt zu einem Corona-Infizierten leichte Symptome hat, ist nach RKI-Empfehlung inzwischen nicht mehr aufgerufen, sich testen zu lassen. Die Stadt folgt dieser Empfehlung. Die Änderung habe „selbstverständlich einen Einfluss“ auf die Infektionszahlen, sagt Lothar Wieler.
An der Uniklinik hat sich Zahl der Tests halbiert
Der RKI-Präsident geht davon aus, dass die Dunkelziffer seit der Änderung vor einigen Tagen „schon etwas angestiegen ist.“ Das dürfte auch für Köln gelten. Am Infektionsschutzzentrum der Uniklinik hat sich die Zahl der Tests durch die angepassten Kriterien etwa halbiert. Doch die Positivrate ist so hoch wie nie: Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ liegt sie an der Uniklinik derzeit bei 20 Prozent.
Das könnte Sie auch interessieren:
Je geringer die Verfügbarkeit der PCR-Nachweise, desto mehr rücken andere Methoden in den Vordergrund. Das Zauberwort: Antigen-Tests. Experten werben seit Wochen dafür, so viele wie möglich zur Verfügung zu stellen. „Der Riesenvorteil ist die Schnelligkeit“, sagt Rolf Kaiser: „Das ist wie der klassische PCR-Test ein Virus-Direkt-Nachweis für eine akute Infektion, der aber auf Eiweißfragmente von Coronaviren reagiert, die sogenannten Antigene.“
Experten werben für Antigen-Tests
An Einrichtungen wie Seniorenheimen, die aufgerufen sind, Test-Konzepte für Besucher zu erstellen, kommen solche Tests bereits zum Einsatz. Binnen weniger Minuten steht ohne den Umweg über ein Labor das Ergebnis: Positiv oder negativ, draußen bleiben oder reinkommen. Ist der Antigen-Test positiv, erfolgt nach RKI-Richtlinie ein PCR-Test zur Kontrolle. Erst, wenn dieser auch positiv anschlägt, gilt der Getestete als infiziert.
Zwar sind falsch-positive und falsch-negative Ergebnisse bei Antigen-Tests etwas wahrscheinlicher als bei PCR-Tests, doch hochansteckende Patienten erkennt der Antigen-Test zuverlässig. Mit ihm können Infektionsketten effektiver unterbrochen werden, so die Idee.
Stadt sieht die Schnelltests kritisch
Die Stadt steht Antigen-Schnelltests dennoch „kritisch gegenüber“, so Sprecherin Sabine Wotzlaw. Folgerichtig werden Bewohner und Pfleger an Altenheimen weiterhin mit aussagekräftigen PCR-Abstrichen oder PCR-Rachenspülungen getestet. Der Einsatz der Antigen-Tests ist derzeit auch eine Kostenfrage: Die Auswertung erfolgt einzeln, Test für Test – und ist entsprechend teuer. Ihr vermehrter Einsatz kann dennoch „eine Überlastung der Labore vermeiden“, meint Thomas Preis, der Vorsitzende des Kölner Apothekerverbandes.
Projekte wie das Corona-Mobil der Uniklinik versuchen, Geschwindigkeit und Präzision zu kombinieren – mit PCR-Schnelltests. Diese sind so zuverlässig wie übliche PCR-Tests, doch ein kleineres Analysegerät kann vor Ort das Ergebnis anzeigen. Der Haken: Die notwendigen Material- und Laborartikel kosten im Vergleich mit Standard-PCR-Tests das Vierfache. Mit dem Corona-Mobil sollen an einzelnen Seniorenheimen Abläufe erprobt und optimiert werden, das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt. Offen ist, ob und wann PCR-Schnelltests für mehr Einrichtungen zu einer realistischen Option werden.
Ungenaue Ergebnisse
Bis dahin bleiben Standard-PCR-Tests in den meisten Einrichtungen die erste Wahl. „Der größte Zeitfresser beim Testen ist die Logistik“, sagt Virologe Kaiser. Doch Abkürzungen können fatale Folgen haben: Von Selbsttests, die etwa von Drogerien angeboten werden, raten Experten dringend ab. In seiner Apotheke darf Thomas Preis jegliche Corona-Tests „nur an Ärzte, Zahnärzte und seit neuestem auch an Pflegeheime und Pflegedienste abgeben.“ Das gilt auch für Kartuschen, über die sich Antikörper im Blut nachweisen lassen sollen: Wer infiziert ist, bildet Antikörper, die sich auch Monate nach der Infektion noch nachweisen lassen. Weiterhin gilt also: Sicherheit bietet nur der Gang zur Arztpraxis oder zum Testzentrum.