„Fühle mich alleingelassen“Drei Kölner erzählen von ihrem Studium in Corona-Zeiten

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Vera Schmölzer Uni Köln

Vera Schmölzer studiert an der Universität Köln

Köln – Der Campus der Universität Köln liegt fast verwaist da. Keine Warteschlangen vor der Mensa und der italienischen Kaffee-Bar auf dem Albertus-Magnus-Platz. Keine Hörsäle, die aus allen Nähten platzen, keine Pulks von Studierenden in der Zentralbibliothek. Obwohl es keine Verordnung des Landes NRW gab, die einen coronabedingten Lockdown an der Hochschule erzwang, hat die Uni Köln den Lehrbetrieb im November wegen den hohen Infektionszahlen in der Stadt fast komplett eingestellt. Studierende und Dozenten bleiben weitestgehend zu Hause, Seminare und Vorlesungen werden ins Internet verlegt. Die Kölnerin Vera Schmölzer (19) studiert im ersten Semester das Fach Intermedia an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Uni Köln und hat lange überlegt, ob sie unter diesen Bedingungen überhaupt lernen möchte. Als sie sich einschrieb, sollte es zumindest teilweise Präsenzveranstaltungen geben.

Der Lockdown machte die Pläne zunichte. Und so kommt es, dass Schmölzer fünf Wochen nachdem das Semester offiziell begonnen hat, überhaupt zum ersten Mal auf dem Uni-Campus ist. Mit einer Bekannten sitzt sie auf einer Bank vor der Mensa und plaudert. Andere Kommilitonen hat sie bisher nicht kennengelernt. „Es fehlt völlig das Campus-Gefühl“, sagt sie.

Universität Köln bietet viele Vorlesungen nicht live an

Immerhin habe sich die Universität ganz gut auf die Online-Lehre eingestellt, sagt Schmölzer. Dennoch läuft aus Sicht der 19-Jährigen nicht alles optimal. Viele Vorlesungen könnten die Studierenden nicht live verfolgen, sondern nur als Video im Internet herunterladen. Nachfragen seien daher nur per E-Mail möglich. „Wir müssen uns als Studierende fast alles selbst erarbeiten“, sagt sie. „Ich fühle mich im ersten Semester ein bisschen alleingelassen.“ Hinzu kommt, dass sie während des Lockdowns ihren Studentenjob in einem Kölner Kino verloren hat. Immerhin erhält sie Kurzarbeitergeld und eine finanzielle Unterstützung von den Eltern.

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Katharina Sobich (18) ist aus der Nähe von Barcelona zum Studium nach Köln gekommen. Sie hat ein Doppelstudium im Fach Jura aufgenommen. Zwei Jahre lernt sie in Köln, danach zwei weitere in Paris. Auch sie würde lieber auf einem lebendigen Campus lernen, habe aber dennoch keine Probleme, Menschen in Köln kennenzulernen. Über eine WhatsApp-Gruppe habe sie sich schon mit zahlreichen anderen Studierenden angefreundet. Den Unterricht per Internet findet sie nicht optimal. „Es ist ein bisschen wie Youtube gucken, und manchmal habe ich Probleme, mich zu konzentrieren.“ Die Alternative wäre aber gewesen, in Spanien zu studieren – ebenfalls online. „Überhaupt ist die Situation in Spanien im Moment viel schlimmer als in Köln“, sagt sie. „Da fühle ich mich hier sicherer.“

Kölner Student kritisiert unterschiedliche Vorlesungs-Formate

Auch andere Studierende finden den Online-Unterricht, den ihnen die Hochschulen anbieten, noch gewöhnungsbedürftig. Einer, der seinen Namen nicht nennen möchte, kritisiert, dass es keine einheitlichen Formate für die Vorlesungen und Seminare gebe. Manche Dozenten konferierten live über Zoom mit den Studierenden. Andere begnügten sich damit, lediglich Lernmaterial ins Internet zu stellen, sagt der 21-Jährige, der im dritten Semester Soziale Arbeit an der TH Köln studiert.

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Ein älterer Dozent habe seine Vorlesungsreihe ganz ausfallen lassen. „Offenbar gibt es einige Dozenten, die nicht mit der Technik zurechtkommen“, so der Student. Die Studierenden müssten sich nun den Lehrstoff selbstständig erarbeiten und am Ende eine Hausarbeit schreiben. Alternativ könnten sie eine Einführungsveranstaltung, die es bereits im vergangenen Semester gab, nochmals belegen. Das Heimstudium drücke zudem die Motivation. „Man bekommt wenig mit und lebt in seiner eigenen Blase“, sagt der Student.

Infektionsgefahr für Studenten zu hoch

Theodor Jost (27) studiert schon seit einigen Jahren an der Kölner Uni English Studies und Medienkulturwissenschaften. In diesem Semester will er die letzten Prüfungen absolvieren und anschließend seine Bachelorarbeit in Angriff nehmen. Als ehemaliger Asta-Chef kennt er sich an der Hochschule gut aus. Für Erstsemester sei die Situation aber schon unter normalen Umständen an der großen Hochschule nicht einfach, sagt er.

Die Uni habe es aber richtig gemacht, auf das Online-Format umzuschalten. Bei 50.000 Studierenden sei die Infektionsgefahr einfach zu hoch. Die Online-Lehre sei aber eine Herausforderung für Dozenten und Studierende. Auch fehlten die Arbeitsplätze in den Bibliotheken den Studierenden, die zu Hause schlecht lernen können.

Die richtige Herausforderung für Jost kommt wohl erst nach dem Studium. Er arbeitet derzeit als Produktionsassistent beim WDR und will nach dem Studium in die Medien. „Es wird schwierig, unter Pandemie-Bedingungen einen Job zu finden“, sagt er. Viele Firmen scheuten sich derzeit, Mitarbeiter einzustellen. „Vielleicht wünsche ich mich dann wieder an die Uni zurück“, sagt Jost. „Im Moment ist es die Ruhe vor dem Sturm.“

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