Betroffen sind vier Haltestellen im Severinsviertel und der Südstadt. Die KVB-Chefin hofft auf Unterstützung aus dem neu gewählten Stadtrat.
Ausbreitung der DrogenszeneCrackraucher lösen regelmäßig Feueralarm in Kölner Haltestellen aus

Zwei suchtkranke Menschen rauchen am Abgang zur Haltestelle Severinstraße Crack.
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Die Verdrängung der Drogenszene weg vom Neumarkt hat in den vergangenen Wochen dazu geführt, dass sich abhängige Menschen nun verstärkt in den U-Bahn-Haltestellen entlang der Severinstraße und der Bonner Straße aufhalten. Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) haben auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermehrt suchtkranke Menschen in den Haltestellen Severinstraße, Kartäuserhof, Chlodwigplatz und Bonner Wall antreffen. Ein Besuch an den Stationen im Severinsviertel und der Südstadt bestätigt, dass sich zumindest ein Teil der Szene dort bewegt. Am Dienstag etwa sitzen mitten am Tag zwei suchtkranke Menschen auf der Treppe der U-Bahn-Haltestelle Severinstraße und rauchen dort Crack – während des laufenden Bahnbetriebs.
KVB-Mitarbeiter müssen vor Ort den ausgelösten Alarm zurücksetzen
Die Angehörigen der Drogenszene sind nach Einschätzung der KVB auch dafür verantwortlich, dass in den Haltestellen inzwischen regelmäßig der Feueralarm ausgelöst wird. „Es werden aktuell vermehrt Brandmeldealarme dort ausgelöst, wo sich vermehrt suchtkranke Menschen aufhalten“, sagt eine Sprecherin. „Daher gehen wir davon aus, dass diese Brandmeldealarmauslösungen auf den Drogenkonsum zurückzuführen sind.“
Die Sensoren der Meldeanlagen werden demnach aktiviert, wenn jemand in einer der unterirdischen Stationen Crack raucht oder mit einem Feuerzeug Heroin erhitzt. In den allermeisten Fällen handelt es sich laut der KVB um sogenannte „Voralarme“, bei denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Betriebsbereitschaft die Haltestelle aufsuchen müssen, um den Alarm zurücksetzen, da trotz des Alarms tatsächlich überhaupt kein Brand existiert.
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Dass sich die Drogenszene ausgerechnet die betreffenden vier Haltestellen ausgesucht hat, ist wohl vor allem darauf zurückzuführen, dass dort ausschließlich die Stadtbahnen der Linie 17 unterwegs sind. Diese Linie ist die von den Fahrgästen am wenigsten genutzte Bahnlinie der KVB, da sie lediglich auf einer kurzen Strecke zwischen den Haltestellen Severinstraße und Rodenkirchen Bahnhof hin- und herpendelt. Entsprechend leer sind die unterirdischen Stationen selbst tagsüber. Es handelt sich um eine Art Vorbetrieb für die Nord-Süd-Stadtbahn, die später einmal den Hauptbahnhof und den Bonner Verteilerkreis verbinden soll. Das wird allerdings erst möglich sein, wenn die beim Einsturz des Stadtarchivs im März 2009 entstandenen Schäden am Waidmarkt behoben sind.
Eine unterirdische Haltestelle soll zukünftig nachts geschlossen sein
Die KVB hat der verstärkte Einzug der Drogenszene in die U-Bahn-Haltestellen in ein echtes Dilemma gebracht. Einerseits muss das Verkehrsunternehmen, das zum Stadtwerke-Konzern gehört, den Fahrbetrieb sicherstellen und somit die drogenabhängigen Menschen eigentlich von den Stationen fernhalten. Seit einem Jahr kommt es verstärkt zu Übernachtungen neben den Gleisen und an den Tunneleingängen, was lebensgefährlich sein kann, sobald die Betriebspause endet. Andererseits gibt es aber derzeit nicht ausreichend geeignete alternative Aufenthaltsorte für die Drogenkranken.
Die KVB hatte im Juni dieses Jahres bereits Überlegungen angestellt, versuchsweise U-Bahn-Haltestellen nachts während der Betriebspause zu verschließen, um Übernachtungen von Angehörigen der Drogenszene zu verhindern. Ein Pilotprojekt ist demnach für den Appellhofplatz geplant, bislang ist dort aber noch nichts geschehen. „Wir halten an dem Vorhaben fest, versuchsweise eine U-Bahn-Haltestelle während der nächtlichen Betriebspause zu sperren“, sagt die KVB-Sprecherin. Diese Maßnahme könne ein Baustein sein beim Bemühungen um mehr Sicherheit und Sauberkeit vor allem in den unterirdischen Stationen.

Fahrgäste nutzen die Haltestellen entlang der KVB-Linie 17 nur selten.
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„Unser Ziel ist es nicht, Menschen zu vertreiben oder das Problem auf andere Haltestellen zu verlagern. Daher werden wir die versuchsweise Schließung der Haltestelle erst dann umsetzen, wenn begleitende Maßnahmen verabredet sind, mit denen sichergestellt ist, dass Menschen, die sonst nachts in der Haltestelle lagern, eine Anlaufstelle haben“, sagt KVB-Chefin Stefanie Haaks. Und dass es dieser Angebote bedarf, sei aus Sicht der KVB „unumstritten“.
Die Stadt Köln arbeitet derzeit daran, ein neues Suchthilfezentrum nach Vorbild des Zürcher Modells zu bauen, das sich etwa einen Kilometer entfernt vom Neumarkt befinden soll. Wie berichtet, kommt dafür möglicherweise eine Fläche in der Nähe der romanischen Kirche St. Pantaleon infrage. „Alle möchten die Situation am Neumarkt verbessern. Gerade spüre ich unter allen Akteuren, wie Stadtverwaltung, Politik und Stadtgesellschaft eine besonders große Einigkeit und Tatkraft. Ich bin optimistisch, dass wir deshalb auch einen erheblichen Schub für ein neues Suchthilfezentrum bekommen werden“, sagt Sozialdezernent Harald Rau. Eine Eröffnung wäre aber dem Vernehmen nach voraussichtlich frühestens im Dezember 2026 realistisch oder sogar erst Anfang 2027.
KVB will Zusammenarbeit mit Polizei und Ordnungsamt optimieren
So lange wird die KVB allerdings kaum warten können, zumal sich die Situation in den unterirdischen Haltestellen nun noch einmal verschärft hat. Es braucht also wohl zusätzlich eine schnelle Interimslösung. „Wir gehen davon aus, dass das Thema Sicherheit und Sauberkeit auch für die Politik ein wichtiges Thema ist und dass der neue Rat der Stadt Köln in 2026 Lösungen finden und beschließen wird“, sagt KVB-Chefin Haaks. Das schließe sowohl die KVB-Haltestellen als auch deren Umfeld mit ein. „Selbstverständlich leisten auch wir unseren Beitrag dazu im Rahmen unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten“, sagt Haaks.
Die KVB will jetzt die Zusammenarbeit mit den Bezirksteams der Polizei, des städtischen Ordnungsamtes und den Streetworkern weiter optimieren. Ab Januar 2026 sollen schrittweise „Fahrgastmanager“-Teams zum Einsatz kommen. Mit der Neuorganisation wolle das Unternehmen die Aufgaben im Bereich Fahrgastsicherheit und -service „zielgerichteter und effektiver erledigen“. Ebenfalls für das kommende Jahr plant die KVB ein Pilotprojekt, bei dem an einer Haltestelle versuchsweise Musik abgespielt werden soll.

