Köln – Blut auf dem Rasen, daneben eiserne Absperrpfosten und hölzerne Dachlatten, eingekreist mit weißer Farbe von der Spurensicherung der Polizei. Für wenige Minuten hatten Hooligans aus Mönchengladbach und gewaltbereite Kölner die Jahnwiese vor dem Derby vor zwölf Tagen in ein Schlachtfeld verwandelt. Jetzt hat die Polizei die „Ermittlungsgruppe Fußball“ gegründet, die die Randale aufklären soll.
Sieben Beamte sollen herausfinden, wer an den Krawallen vor dem Stadion und an der Massenschlägerei auf der Jahnwiese in welcher Form beteiligt war. Es drohen Verfahren wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung.
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ interessieren sich die Ermittler vor allem für das Video aus einer Überwachungskamera, die den Eingang zum Materialraum für die Kölner Ultra-Fans in der Südkurve gefilmt hat: Auf dem Band soll zu erkennen sein, wie sich Männer in dem Raum eilig mit Holzlatten und anderen Gegenständen bewaffnen, die eigentlich für eine bunte Choreographie im Stadion gedacht waren.
Mit den Gegenständen sollen die Kölner gegen 14 Uhr am Wachdienst vorbei aus dem Stadion gelaufen sein, das zu diesem Zeitpunkt noch für die Zuschauer geschlossen war – allein die genannten Fans durften sich dreieinhalb Stunden vor dem Anpfiff in der Arena aufhalten, um ihre Choreographie vorzubereiten. Die bewaffneten Männer stürmten auf die Jahnwiese, um anderen Kölnern zu helfen, die von etwa 70 Gewalttätern aus Mönchengladbach angegriffen worden waren.
Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn bestätigte auf Anfrage, dass die Polizei derzeit „umfangreiches Videomaterial auswerte“, um Beschuldigte und Opfer der Schlägerei zu identifizieren. Die meisten Beteiligten waren nicht vermummt.
Den bisherigen Ermittlungen zufolge sollen die Randalierer die Auseinandersetzung auf der Jahnwiese verabredet haben. „Das Geschehen trägt die Züge einer vereinbarten Drittort-Auseinandersetzung“, berichtet Willuhn. Insgesamt 93 Männer wurden an jenem Sonntag in Gewahrsam genommen. Zum Leidwesen von Polizei und Staatsanwaltschaft will bislang aber niemand aussagen. „Wir stoßen auf eine Mauer des Schweigens“, sagt Willuhn.
Unklar bleibt daher vorerst auch, wie viele Menschen bei der Schlägerei verletzt wurden und wie schwer. „Weder bei uns noch in Krankenhäusern hat sich jemand zu erkennen gegeben“, sagt Willuhn. In Fan-Kreisen wird das bestritten – angeblich habe die Polizei zur Beweissicherung sogar Fotos von Verletzten gemacht.
Kritik äußert der Oberstaatsanwalt auch am 1. FC Köln: „Mir ist schwer verständlich, dass man weiterhin an einer so guten Zusammenarbeit mit diesen Leuten interessiert ist.“ Beim FC heißt es dazu, man werte die Videos und andere Hinweise aus. Stehe die Schuld eines Einzelnen fest, werde er mit Stadionverbot und dem Entzug der Vereinsmitgliedschaft belegt. Auf Nachfrage bestätigte der 1. FC Köln, dass das „Sicherheitskonzept rund um den Materialraum“ schon für das nächste Heimspiel gegen Dortmund „angepasst“ werden solle. Das kann nur heißen: besser bewacht. Einzelheiten seien aber noch nicht spruchreif.
In Internetforen breiten viele FC-Fans unterdessen eine andere Sicht der Ereignisse aus. Die gewalttätigen Gladbach-Anhänger hätten einen Sturm auf die Südkurve vorbereitet, man habe sich nur verteidigt. Die Schlägerei sei nicht verabredet gewesen, jedenfalls nicht mit den Ultras in der Südkurve. Die seien von dem Angriff völlig überrascht worden. „Trotzdem wird jetzt wieder auf uns gezeigt.“
Einige FC-Fans können auch noch immer nicht nachvollziehen, wie es die teils polizeibekannten Hooligans vom Niederrhein geschafft haben, unbeobachtet und ungehindert von der Polizei über die Jahnwiese zum Stadion zu spazieren. Erst einige Minuten nach Beginn der Schlägerei waren die ersten Bereitschaftspolizisten hinzugekommen.
Nach dem Spiel hatte die Polizei bilanziert, das Konzept, größere Auseinandersetzungen zu verhindern, sei „aufgegangen“.