Kölns Mammut-BaustelleWas genau entsteht in der neuen Deutzer Messe-City?

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Kräne prägen das Bild auf der Deutzer Baustelle.

  • 6000 Menschen sollen künftig in der neuen Messe-City in Deutz arbeiten. Die Mammut-Baustelle ist noch lange nicht beendet, aber die ersten Gebäude werden in diesem Jahr fertig sein.
  • Welche Firmen und Hotels ziehen ein? Und was erwartet die Kölner künftig sonst auf dem Areal?
  • Ein Rundgang über größte Baustelle – und die wichtigsten Fakten zur neuen Stadt in der Stadt.

Köln – Der Teppichboden riecht noch neu, die Möbel können kommen. Stockwerk fünf in Haus West 1 ist bezugsfertig und Volker Comelli bester Dinge.

Kollege Harald Schmitt möchte den graumelierten Teppich möglichst nicht mit Baustellenschuhen betreten lassen, aber Comelli beruhigt: „Wir fahren hoch auf den 16. Stock. Da ist der Blick noch imposanter.“ Jenseits des Rheins liegt er also: der Dom. 16 Stockwerke tiefer: die Baustelle des neuen Stadtquartiers Messe-City. Kreissägen kreischen, Betonmischer mischen, Arbeiter bohren, hämmern, scheppern.

Es geht voran und Oberbauleiter Schmitt von der Züblin AG versichert: „Alle Termine werden eingehalten.“ Ende August übergibt Schmitt 550 Tiefgaragenplätze, Anfang September die Gebäude West 1 und West 2 – „die Zurich-Welt“, wie es hier heißt. In seiner neuen Rheinlandzentrale wird der Versicherer rund 2700 Mitarbeiter aus Köln und Bonn zusammenführen. 70.000 Quadratmeter Bürofläche in drei miteinander verbundenen Gebäuden; Großraumbüros mit kleinen Glaskabinen. Der Fachmann sagt: Open Space. Mechanische Be- und Entlüftung, Heiz- und Kühlsegel unter den Decken, Fernwärme, man kann die Fenster kippen. Drüben in West 2 wird es eine Skybar geben. Natürlich mit Dom-Blick.

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Die Kölner Messecity ist eine Großbaustelle.

Der Einzugstermin für Gebäude West 3 und den Hotelkomplex West 4 liegt im kommenden Jahr. In Gedanken ist Volker Comelli aber längst weiter. Der Geschäftsführer der Messe-City Köln in Diensten der Strabag Real Estate GmbH, vermarktet bereits die Messe-City Ost, die jetzt noch unbebaute zweite Hälfte des neuen Stadtquartiers. Bezugsfertig: 2024. In City-West und City-Ost sollen dann 6000 Menschen arbeiten.

Für die Stadtplaner ist es eine 5,4-Hektar große Fläche zwischen Bahndamm und Messe. Für Investoren ist es ein Filetstück. Vermarkter Comelli sagt: 135000 Quadratmeter Toplage, Domblick, hervorragende Verkehrsanbindung. Die Politik nennt es: eine „internationale Top-Adresse“, so der damalige OB Fritz Schramma im Jahre 2004.

20 Jahre Bau- und Planungszeit

Das neue „Tor zur rechtsrheinischen Innenstadt“ wird 2024 mehr als 20 Jahre Planungs- und Bauzeit, drei Oberbürgermeister, drei Baudezernenten und 700 Millionen Euro Investitionssumme abgearbeitet haben – die Zeit, in der Volker Comellis Söhne aufwuchsen. „Ich habe die meisten Messe-City-Stunden auf dem Buckel“, sagt er. 2009 stieg Comelli ein, als die Stadt ihr Filetstück, auf dem damals noch die teilweise denkmalgeschützte Barmer Siedlung stand, europaweit zur Bebauung ausschrieb. Im Jahr 2011 erhält die Messe-City Köln GmbH & Co. KG, ein Joint Venture aus Strabag und ECE, den Zuschlag zum Grundstückserwerb. Zwei Jahre dauert das Bebauungsplanverfahren. Danach folgt die Leistungsphase eins, die Grundlagenermittlung. Zweieinhalb Jahre und ein Fassadenwettbewerb später: Leistungsphase zwei, der Vorentwurf. Die Zurich-Versicherung wird als Ankermieter für das neue Stadtquartier gewonnen. Mit Abschluss des Mietvertrages 2016 starten Leistungsphasen drei und vier: Entwurfs- und Genehmigungsplanung.

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Für die Kölner Strabag ist es ein „Heimspiel“ und ein Prestigeobjekt, denn ein Projekt dieser Größenordnung, so Comelli, sei keine Routinesache. Für Comelli steckt „Herzblut“ drin. Harald Schmitt bleibt gelassen: „Ein Großprojekt, ja, aber für einen der größten Baukonzerne Europas gut machbar.“ Und zwar im vorgegebenen Zeit- und Kostenrahmen. Technisch beherrschbar, so Schmitt, jedenfalls für die Strabag-Tochter Züblin. Die strebt für ihre Messe-City eine Umwelt-Zertifizierung an: DGNB-Gold. Der komplette Bau, angefangen beim Erdaushub, muss richtliniengemäß ausgeführt sein. Dazu gehören Staub- und Lärmvermeidung, Testverfahren für jedes einzelne verwendete Material. Auch die Baukosten müssen in einem vorgegebenen Rahmen bleiben. Auf welchem energetischen Standard ist die City? „Für jedes Gebäude, das heute gebaut wird, stellen die DIN-Normen einen hohen Standard sicher. Wir werden DGNB-Gold schaffen.“

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Bauleiter Harald Schmitt 

Der Kölner Baukonzern hat hier alles in einer Hand: Konzeption, Entwicklung, Bau, Vermietung, Verkauf des Projektes. „2024 sind wir als Entwickler mit unserem Job fertig. Wir sind keine Bestandshalter“, so Comelli. So hat die Warburg-HIH Invest, ein pan-europäischer Investmentmanager für Immobilien im Wert von aktuell 8,8 Milliarden Euro, die drei Gebäude der Zürich-Gruppe erworben. Das Volumen der Transaktion soll bei mehr als 350 Millionen Euro liegen. 

Im Gebäude West 3 kann Comelli noch 8500 Quadratmeter anbieten. „Für Klein- und Großunternehmen gleichermaßen interessant.“ Für West 4 ist alles klar: Ein Motel One zieht mit 308 Betten ein; in den Nordteil die australische Hotelkette Adina mit 171 Studios. Für Motel One wird es der vierte Standort in Köln, der erste auf der rechten Rheinseite. Die Messe-Nähe ist hochattraktiv.

550 Arbeiter, 90 Auftragsfirmen

Oberbauleiter Harald Schmitt ist fasziniert von der Riesenlogistik eines Großprojektes. Er ist seit Erteilung des Generalunternehmerauftrags 2016 dabei und verantwortet die Leistungsphasen fünf bis acht: Ausführungsplanung, Vorbereitung und Mitwirkung bei der Auftragsvergabe, Bauleitung. Im dreistöckigen Container organisiert er ein 80-köpfiges Züblin-Team, das dafür sorgt, dass draußen auf der Baustelle alles ineinandergreift: 550 Arbeiter, 90 Auftragsfirmen. „Als Generalunternehmer kaufen wir alle Leistungen ein, und das in einer Phase des extremen Baubooms. Wir müssen also Firmen finden, die pünktlich und in der geforderten Qualität liefern können. Da sind natürlich viele Themen abzuarbeiten.“

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Hier entstehen die Kölner Messetürme.

Zum Beispiel: 16 Stockwerke Treppe. Im Hochhaus West 1 rutschen die Fliesenleger stufenweise abwärts, während schwere Fensterscheiben nach oben müssen. Draußen klebt ein Arbeiter in 60 Metern luftiger Höhe die letzten ockerfarbenen Klinkerriemchen an die Fassade, ohne den Dom eines Blickes zu würdigen. „Es war ausdrücklicher Wunsch der Stadtplanung, keine Glasfassaden wie beim Lanxess-Gebäude zu haben, sondern eher steinerne Gebäude mit Lochfassaden“, erklärt Comelli. Außerdem sollten die Fassaden zur historischen Messe passen. Comelli zeigt hinüber zum LVR-Turm. „Der lieferte den Stein des Anstoßes. Hier sollte ja ein Ensemble von Hochhäusern errichtet werden, aber die Unesco intervenierte wegen des verdeckten Doms. Nun bleiben wir mit unseren beiden Bürotürmen eben bei 60 Metern Höhe.“ 

Auch auf dem Kölner Mietmarkt bewegt sich die Messe-City „in den oberen Lagen“, so Comelli. Er wirbt mit dem Domblick natürlich auch für die City-Ost. „Da untersuchen wir gerade, ob sich ein weiteres Hotelformat rechnet. Am Ende könnten da aber auch klassische Büroimmobilien entstehen.“ Gerade verhandelt er über die verbleibenden 50 000 Quadratmeter. „Wir sprechen etwa mit einem Nutzer, der das zweite Hochhaus allein beziehen will. Ende des Jahres könnte der Mietvertrag unterschrieben sein und damit auch die Realisierungsentscheidung für die weiteren Baukörper.“

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Ausblick von der Baustelle der Messecity über Köln

Am Anfang stand das städtebauliche Konzept des Kölner Architekturbüros Astoc. Die zentrale Idee: ein lebendiges Quartier rund um den so genannten Messebalkon mit seinem langen Brückenzugang zur Messe. Zwischen Bahndamm und Messe-City soll ein öffentlicher Platz „mit hoher Aufenthaltsqualität“ entstehen, ein Dreh- und Angelpunkt für die Wege zwischen Bahnhof, Messe und City, mit Außen- und Innengastronomie. Eine „atmende“ Bebauung mit Bäumen und „Grünschollen“, so die Fachsprache. Dass die Deutsche Bahn zwei zusätzliche S-Bahngleise anbaut, „ist in unserer Planung berücksichtigt“, erklärt Volker Comelli. Ein Kino, wie ursprünglich gewünscht, wird es unter dem Messebalkon nicht geben. Das Grundwassermanagement sei wegen der Rhein-Nähe einfach zu teuer.

Auch drüben, jenseits des Zauns, drehen sich die Kräne. „Kölnmesse 3.0“ heißt das Projekt. Eine multifunktionale Messe-, Kongress- und Eventlocation für 5500 Menschen. Überhaupt ist die „Schäl Sick“ in Bewegung. Im Norden, auf dem ehemaligen KHD-Gelände, entsteht ein neues Stadtquartier. So auch im Süden, am Deutzer Hafen. Bald drehen sich überall die Kräne. Überall Domblick.

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