Nähen, Fotografie, WebdesignIm „Cube 829“ können sich Jugendliche kreativ ausdrücken

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Bei der Eröffnung des „Cube 829“ stellten sich Marcel Kamps (Fotograf), Christian Baack, Thordis Naima Addelia, Ulrike Nachtigall (stehend v.l.) Armin Riyahi und Kim Nachtigall (AWO) (sitzend) vor

Bei der Eröffnung des „Cube 829“ stellten sich Marcel Kamps (Fotograf), Christian Baack, Thordis Naima Addelia, Ulrike Nachtigall (stehend v.l.) Armin Riyahi und Kim Nachtigall (AWO) (sitzend) vor

Junge Leute von acht bis 27 haben mit „Cube 829“ im Görlinger Zentrum  einen Raum für Kunst, Beteiligung, Jugendkultur und Berufsorientierung.

Der Junge, der mitten im Raum steht, ist sichtlich ratlos. „Was soll ich jetzt machen?“, fragte er – die korrekte Antwort auf seine Frage ist: Hier, im „Cube 829“ – einer Art Kreativwerkstatt – kann man viel von dem tun, was man tun möchte. Kunst, Fotografie, Siebdruck, Nähen oder auch Webdesign stehen zur Auswahl; wenn jemandem spontan keine Betätigung einfällt, macht Thordis Naima Addelia auch gern Vorschläge. „Cube 829“, so sagen es die Köpfe hinter dem Projekt, ist ein sogenannter Social Concept Store für Kunst, Beteiligung, Jugendkultur und Berufsorientierung.

Keine nennenswerte Kunstszene in „schwierigem“ Veedel

Thordis Naima Addelia, Künstlerin und ehemalige Modedesignerin, arbeitet als Lehrerin an der Max-Ernst-Gesamtschule (MEG) und gehört zu dem Grüppchen kreativer und sozial engagierter Menschen, die die früheren Räume des „Mode Kollektivs“ mit der Adresse Görlinger Zentrum 18 als „Cube 829“ wiedereröffnet haben. Seit 2017 lernten dort vor allem die Kinder und junge Leute in dem gern als „schwierig“ bezeichneten Veedel, in dem es keine nennenswerte Kunstszene gibt, wie man sich gestalterisch mit der persönlichen Umgebung auseinandersetzt und nebenher schöne Dinge schafft.

„Drei Jahre lang ging das gut, dann kam Corona, und damit war Schluss“, berichtet Christian Baack vom Verein Aktion Nachbarschaft, der sich der Verbesserung des Wohnumfelds unter anderem in Mengenich widmet. Nicht nur die Aktion Nachbarschaft, auch der Förderverein der MEG und die   Bezirksjugendpflege mochten sich mit dem Wegbrechen des beliebten und ungewöhnliche Werkstattangebots nicht einfach abfinden. Sie einigten sich mit der GAG Immobilien AG auf einen sehr moderaten Mietpreis und holten die Rheinenergie Stiftung Bildung und Wissenschaft als Sponsor ins Boot.

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„829“ weist auf die Auseinandersetzung mit dem Veedel hin

Dann wurde ein neues Programm erarbeitet und kürzlich in den alten Räumlichkeiten der „Cube 829“ als „Special Concept Store für Kunst“ wiedereröffnet. Die „829“ im Namen weist auf die angestrebte Auseinandersetzung und Identifikation der Heranwachsenden mit ihrem Stadtteil hin, dessen Postleitzahl 50829 lautet, das englische Wort Cube wiederum bedeutet Würfel, kann aber auch allgemein einen Innenraum bezeichnen. In diesem Fall: einen „Raum für Individualität, in dem junge Leute sich konzentriert mit Dingen beschäftigen, die ihnen wichtig sind“, sagt Thordis Naima Addelia.

Dabei will man sich ganz auf die Bedürfnisse der Jugendlichen einlassen, Trends einbeziehen. „Wenn alles gut geht, finden sie hier etwas, das sie interessiert, an dem sie Spaß haben und für das sie vielleicht auch ein Talent mitbringen, sodass es zum Beruf werden könnte“, erklärt Addelia. Wie so etwas aussehen könnte, soll hier beispielsweise konkret im Rahmen einer „Jugendfirma“ ermittelt werden: „Die könnte im Auftrag der Veranstalter etwa Plakate für das Stadtteilfest entwerfen, oder bedruckte Hoodies, Caps oder Jogging-Hosen für Vereine.“

Die jungen Menschen sollen aber auch mit ihren Problemen hierherkommen können, denn schon im September sind die Streetworker der Arbeiterwohlfahrt eingezogen und teilen sich nun die Räume mit dem „Cube 829“: „Zweimal pro Woche bieten wir hier eine Sprechstunde an“, sagt Armin Riyahi, „sonst sind wir natürlich auf den Straßen unterwegs.“

Schon kurz nach der Eröffnung ist im „Cube 829“ eine Menge los, wie Schneiderin Ulrike Röwekamp bestätigt: „Manchmal waren 15 Jugendliche hier, dann ist es natürlich sehr voll.“ Ihre Beobachtung:  „Die Jungen kommen hier genauso gern hin wie die Mädchen, das ist so Halbe-Halbe – sogar beim Nähen.“

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