Frust in FörderschulenStadt Köln bringt Kinder nicht zu Martinszug

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Der „Heilige Sankt Martin“reitet bei einem Martinszug am Dom vorbei.

Überall in der Stadt finden Martinszüge statt. An den Förderschulen sind die Eltern verärgert, weil ihre Kinder nicht zum Schulmartinszug transportiert werden.

An den Kölner Förderschulen freuen sich die Kinder besonders auf den Martinszug. Aber in diesem Jahr sollen die Kinder nicht wie sonst mit dem Bus dorthin gebracht werden. Die Eltern sind wütend.

In der Förderschule Kolkrabenweg haben die Kinder in dieser Woche ihre Laternen fertig gebastelt und Martinslieder geübt. Für ihre Tochter sei der Martinszug jedesmal „das Event des Jahres“, sagt Mutter Natalia Chakroun. Da komme höchstens noch der Karneval ran. Gerade für Kinder mit geistiger Behinderung sei dieses sinnliche Fest mit den Lichtern und den Liedern etwas sehr Besonderes.

Darum ist auch der Ärger am Kolkrabenweg und an den anderen Kölner Förderschulen groß, dass die Stadt in diesem Jahr die sonst übliche Beförderung der teilweise stark geistig und auch körperlich beeinträchtigten Kinder verweigert. „Kein Schülerspezialverkehr für den Martinstag“, hieß es.

Bezirksregierung hatte Martinszug als Schulzeit genehmigt

In den vergangenen Jahren lief das an den Kölner Förderschulen so: Die Schulen verlegten per Schulkonferenzentscheidung die Unterrichtszeit am Martinstag ausnahmsweise vom Vormittag auf den Nachmittag von 14 bis 18 Uhr. Die beeinträchtigten Schülerinnen und Schüler, die teilweise sehr weite Anfahrtswege haben, die sie nicht alleine bewältigen können, werden im Rahmen des Schülerspezialverkehrs morgens von einem Bus abgeholt und nach der Schule wieder nach Hause gebracht. Am Martinstag kam der Bus dann eben am Nachmittag.

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„Aber diesmal wurde den Schulen einfach mitgeteilt, dass es keine Nachmittagsbeförderung am Martinstag mehr gibt“, erklärt Christine Fiedelak, Pflegschaftsvorsitzende und Mutter eines Neuntklässlers. Für den größten Teil der Schülerinnen und Schüler bedeutet das, dass der Martinstag für sie ausfällt, weil ihre Eltern sie nicht bringen oder holen können. Dies treffe auf 90 Prozent der Eltern zu, schätzt Chakroun.

Die Stadt argumentiert auf Anfrage, dass die Beförderung laut Schülerfahrtkostenverordnung des Landes nur für regelmäßig stattfindenden Unterricht erfolge. Fahrten zu Schulveranstaltungen und Schulfesten fielen nicht darunter. Die Schulen seien darüber informiert und führten ihre Veranstaltungen in den Unterrichtszeiten durch. Genau hier liegt nach Einschätzung der Eltern eine Fehlinterpretation der Stadt: Es handele sich nämlich nicht um ein Schulfest.

Denn: Am Martinstag haben die Kinder Schulpflicht – und zwar von 14 bis 18 Uhr. Diese Verschiebung der Schulzeit für diesen einen Tag sei durch die Bezirksregierung – wie schon in den vergangenen Jahren – offiziell genehmigt worden. „Laut Schulgesetz ist die Stadt also zur Beförderung verpflichtet, weil der Martinszug in die Unterrichtszeit fällt“, erläutert Chakroun, die selber Juristin ist. Der zusätzliche Hinweis der Stadt, dass Eltern im Rahmen der Eingliederungshilfe eine Übernahme der Beförderungskosten beantragen könnten, greife da nicht. Zumal Förderschulen in Trägerschaft des LVR die Beförderung anstandslos auch dieses Jahr übernehmen.

Mit Behindertenfreundlichkeit haben solche Entscheidungen nichts zu tun
Natalia Chakroun

Es gibt einige Kölner Förderschulen, die den Martinsumzug nun am Vormittag veranstalten, statt mit leuchtenden Fackeln im Dunkeln. Für die Schulgemeinschaft am Kolkrabenweg kommt das nicht infrage. Sie wollen für ihre Kinder kämpfen, weil es für sie um Teilhabe geht. Die Inklusionskinder hätten ohnehin keine Lobby. Die Elternvertreter haben bereits ohne Resonanz bei der Stadt interveniert. „Köln hebt sich gern als behindertenfreundliche Stadt hervor. Mit Behindertenfreundlichkeit haben solche Entscheidungen aber nichts zu tun“, so Chakroun. Mit anderen Eltern erwägt sie nun eine Klage, den Martinszugtag hat sie an ihrer Schule vorerst auf den 18. November verschoben.

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