Flucht aus UkraineHilfe für schwarze Studierende in Köln – „Viele sind traumatisiert”

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Gina Hitsch ist Vorsitzende des Vereins Be Your Future.

Köln – Einen Monat nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine fallen weiter Bomben auf Städte, zehntausende Menschen fliehen aus dem Land. Unter den Flüchtenden befinden sich auch Menschen, die in der Ukraine studiert haben, aber keine ukrainische Staatsbürgerschaft haben. So mussten auch Menschen aus afrikanischen Staaten, die in Kiew oder Charkiw studiert haben, das Kriegsgebiet verlassen und kamen nach tagelanger Flucht in Köln an. Das Team des Vereins Be Your Future um Gründerin und Vorstand Gina Hitsch (26) sammelt Spenden, damit auch diese Geflüchteten in Köln versorgt werden können.

Be Your Future wurde 2021 als Gegenbewegung zur Frankfurter Buchmesse gegründet, die damals in die Kritik geraten war, als sich ein rechtsextremer Verlag präsentieren konnte. Der Verein organisiert Lesungen mit Schwarzen Autorinnen und Autoren und widmet sich den Themen Antidiskriminierung und Aufklärung. Vor dem Krieg in der Ukraine führten Mitglieder Workshops in Universitäten durch und besuchten Schulen, um dort aufzuklären.

Mit dem Krieg wurde alles anders. „Wir haben Videos gesehen, wie mit schwarzen geflüchteten Menschen umgegangen wurde. Rassismus war wieder ein Ding“, sagt Hitsch, die an der Fachhochschule des Mittelstands Soziale Arbeit und Management studiert. Seit Ende Februar sammeln Hitsch und ihr Team Geld- und Sachspenden in Zusammenarbeit mit dem Verein Sonnenblumen Community Development Group, um den Studierenden zu helfen. Die Resonanz sei überwältigend, das Lager des Vereins an der Victoriastraße in der Kölner Innenstadt randvoll.

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Bisher kümmert sich der Verein um 40 Menschen, die meist in der Ukraine Medizin studiert hatten. Die meisten von ihnen kommen aus Nigeria, andere aus den westafrikanischen Ländern Sierra Leone und Ghana. „Viele haben traumatisierende Dinge gesehen“, sagt Hitsch. In der Ukraine haben sie erlebt, wie Bomben auf die Städte fielen, wie Panzer durch die Straßen fuhren und schossen.

Rassismus auf der Flucht erlebt

Auf der Flucht seien Schwarze Menschen nicht selten mit Diskriminierungen konfrontiert gewesen. „Wir haben einige Menschen, die viele schlimme Erfahrungen machen mussten“, sagt Hitsch. Die Geflüchteten hätten erleben müssen, dass sie nicht in Luftschutzbunker gelassen oder aus Zügen geworfen wurden. Beamte an der polnisch-ukrainischen Grenze hätten einige nicht passieren lassen. „Man hat ihnen gesagt, dass sie für die Ukraine kämpfen sollen, obwohl sie gar nicht Staatsbürger der Ukraine sind.“ Einmal habe in Rumänien ein Anwohner die Polizei gerufen, weil sich in einem Hotel seiner Meinung nach zu viele Schwarze aufgehalten hätten. Ein anderes Mal sei ein Schwarzer aus einem Supermarkt gewiesen worden.

Ungewisse Zukunft

Die Geflüchteten unterstützt der Verein in Köln nach Kräften. Man sei in Kontakt mit anderen Vereinen, die Flüchtlinge von den Grenzen abholen. „Ich bin selbst nach Österreich gefahren und habe Leute abgeholt“, so Hitsch. Nach der Ankunft sorgt Be Your Future für Unterkünfte, entweder im privaten Freundeskreis oder in einem Hotel. „Wir kaufen auch Lebensmittel und sorgen für Handykarten, damit die Geflüchteten mit ihren Angehörigen telefonieren können.“ Die Helfer gehen mit den Flüchtlingen zum Arzt, begleiten sie bei Behördengängen und kaufen KVB-Tickets. Sie zeigen ihnen die Stadt und die Geschäfte.

Das größte Problem sei derzeit, dass die Geflüchteten nicht wissen, wie es weitergeht. Bislang dürfen sie sich bis zum 23. Mai in Deutchland aufhalten, wie es danach weitergeht ist unklar. „Niemand weiß, was jetzt passiert“, so Hitsch. Für viele der Geflüchteten sei der Krieg eine Katastrophe, weil die Familie oft ihr ganzes Geld zusammengelegt hatte, damit eines der Kinder in Europa studieren kann. „Sie haben Angst, dass sie mit leeren Händen nach Hause kommen. Manche haben noch nicht bei den Eltern angerufen, weil sie glauben, man denkt, dass sie versagt haben, obwohl sie nichts dafür können.“

Viele der Studierenden würden gerne ihr Studium in Köln beenden. „Manche müssen nur noch eine Prüfung schreiben, damit sie fertig werden“, sagt Hitsch. Der Verein fordert daher eineseits, dass die Flüchtlinge an deutschen Hochschulen ihr Studium zu Ende bringen können. Zudem sollen Schwarze Menschen, die keine ukrainische Staatsbürgerschaft haben, bei aufenthaltsrechtlichen Fragen ebenso mitgedacht werden und dieselbe Unterstützung erfahren, wie alle anderen Geflüchteten. „Es darf keine zwei Klassen geben bei den geflüchteten Menschen.”

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