Gescheiterte LandtagskandidaturKölner SPD hat wachsende Zweifel an Spitzenkanditatin

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Susana dos Santos Herrmann

Susana dos Santos Herrmann

Köln – Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl steht die Kölner SPD vor einer ungewissen Zukunft. Viele blickten in den vergangenen Wochen mit Unverständnis vor allem auf die Vorgänge rund um die Kandidatur der Landtagsabgeordneten Susana dos Santos Herrmann. Die 53 Jahre alte stellvertretende Parteichefin wollte ohne Not den Wahlkreis wechseln und im Mai 2022 in Mülheim antreten. Der ehemalige Kölner Ratsfraktionschef Martin Börschel – mit dem dos Santos eine jahrelange Konkurrenz pflegt – hatte dort das Feld geräumt, weil er nicht erneut kandidieren wollte.

Dos Santos drängte darauf, seine Nachfolge anzutreten, obwohl sie 2017 den Wahlkreis Kalk/Innenstadt gewonnen hatte. Das sorgte bei vielen Genossinnen und Genossen für Unverständnis. Darüber, „den eigenen Wahlkreis im Stich zu lassen“, wie es hieß. Und darüber, dass der Mülheimer Ortsverein dos Santos als Kandidatin schlichtweg ablehnte, weil jemand aus den eigenen Reihen die Interessen Mülheims vertreten sollte.

Kritik zurückgewiesen

Dos Santos ließ sich von den Einwänden nicht beirren und beharrte auf ihrer Kandidatur, was ihr den Vorwurf einbrachte, die Partei zu spalten. Letztendlich blieb ihr Ansinnen erfolglos. Ende November scheiterte sie bei der Wahlkreiskonferenz der SPD denkbar knapp und unterlag ihrer Mülheimer Konkurrentin Carolin Kirsch. Das lag auch daran, dass sich – um dos Santos zu verhindern – Genossen zusammentaten, die inhaltlich sonst eher Widersacher sind. Für dos Santos bedeutet dies das Ende ihrer Zeit im Landtag.

Die Vehemenz, mit der Susana dos Santos ihr Ziel verfolgte, in Mülheim anzutreten, gibt Hinweise darauf, dass sie sich ihrer Sache sicher gewesen sein muss. Die parteiinterne Kritik an ihrer Kandidatur hatte sie vor der Wahlkreiskonferenz zurückgewiesen. „Ich habe mich an das vereinbarte Verfahren gehalten“, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Für eine Absicherung ihrer Kandidatur sorgte sie nicht, so dass sie nun mit leeren Händen dasteht.

Jüngere drängen nach vorn

Soweit hätte es selbst nach Ansicht ihrer Kritiker nicht kommen müssen. Niemand hätte ihr die Kandidatur in Kalk und der Innenstadt abgesprochen oder gar streitig gemacht, heißt es. Ein Wechsel nach Mülheim sei „ein unnötiges Risiko“ gewesen. Eines, das wohl noch weitere Folgen haben wird. Denn dos Santos will zusammen mit Fabian Stangier die Parteispitze der Kölner SPD übernehmen. Die bisherige Amtsinhaberin Christiane Jäger will nicht weitermachen. Der Wechsel hätte eigentlich bereits vor der Wahlkreiskonferenz geschehen sollen, der Parteitag wurde jedoch aufgrund der Corona-Lage kurzfristig abgesagt.

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Dos Santos’ Misserfolg bei der Landtagskandidatur nährt nun Zweifel daran, ob sie als Parteichefin tatsächlich geeignet wäre, um die durch persönliche Ressentiments zerrissene Kölner SPD wieder zu einen. Bislang gibt es keine Gegenkandidaten – das könnte sich dem Vernehmen nach in den kommenden Monaten noch ändern, denn Jüngere drängen bereits nach. Grundsätzlich steht die Partei in Köln vor einem Generationenwechsel. Das zeigt sich auch an den Landtagskandidaten – von den aktuellen Mitgliedern des Landtags bleibt allein der ehemalige Parteichef Jochen Ott übrig.

Ob noch vor dem 15. Mai eine neue Parteispitze gewählt wird, ist äußerst zweifelhaft. Zu Beginn des Parteitags steht eine große Aussprache an – es ist zu erwarten, dass viele Parteimitglieder ihrem Ärger Luft machen werden. Eine Kölner SPD, in der unmittelbar vor einer wichtigen Landtagswahl ein öffentlicher Streit tobt – das dürfte ein Szenario sein, dass es um jeden Preis zu vermeiden gilt.

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