Köln – Ein halbes Jahr nach einer Großrazzia in der Flüchtlingsunterkunft an Neuehrenfelder Herkulesstraße wirkt das Gebäude wie ein hermetisch abgeriegelter Hochsicherheitstrakt. Die Stadt hat den Eingang zu dem Gelände mit einem Drehkreuz, einer Schleuse und einem Wärterhäuschen ausgestattet. Die 500 Bewohner erhalten jetzt nur noch nach Vorzeigen eines Ausweises Zugang zu der Einrichtung. Damit reagierten die Verantwortlichen auf das regelmäßige Eindringen unbekannter Straftäter. Bei der Razzia im November 2014 hatten 600 Polizisten das ehemalige Straßenverkehrsamt durchsucht und dabei 50 polizeibekannte Taschen- und Ladendiebe vorgefunden, obwohl sie überhaupt nicht in der Herkulesstraße gemeldet waren und sich dort nicht aufhalten durften. Die Polizei wertete das als Bestätigung, dass Straftäter die Unterkunft als Operationsbasis missbrauchen.
Der Eingangsbereich sowie Teile des Außengeländes werden mittlerweile mit Videokameras überwacht, und die Fluchttüren wurden mit einer Alarmsicherung ausgerüstet, um Eindringlinge sofort zu bemerken. Ständig befinden sich acht Sicherheitsleute der Adlerwache auf dem Areal und patrouillieren. „Wir hätten das gerne weiterhin als offene Einrichtung behandelt, aber die Herkulesstraße darf kein Schutzraum für Kriminelle sein“, sagt Sozialdezernentin Henriette Reker. Es sei notwendig gewesen, die Anwohner und die unbescholtenen Bewohner der Unterkunft zu schützen.
Jürgen Kube vom städtischen Wohnungsamt verwies darauf, dass in der Notaufnahmeeinrichtung an der Herkulesstraße eine hohe Fluktuation herrsche, da die Bewohner im Durchschnitt nach drei Monaten in eine reguläre Unterkunft umziehen oder in einer anderen Stadt untergebracht würden. Pro Jahr würden 6000 Menschen ein- und ausziehen, so dass die Sicherheitskräfte vor Ort nicht alle persönlich kennen könnten. Bislang habe lediglich ein Wachmann am Eingang gestanden.
Die Stadtverwaltung hatte nach der Großrazzia eingeräumt, dass es bis dato lediglich eine Sichtkontrolle gegeben habe, bei der die Sicherheitsleute „nach Gefühl“ entschieden, ob jemand ein Bewohner sein könnte oder nicht. Ein Bezirkspolizist betonte bei einer Informationsveranstaltung für die Anwohner, dass die neue Zugangskontrolle wirksam sei und von der Polizei begrüßt werde.
Eskalation zwischen Großfamilien
In der Einrichtung habe es einen regen Drogenhandel gegeben und regelmäßig Eskalationen zwischen Großfamilien. „Hin und wieder springt auch jetzt immer noch jemand über den Zaun, der nicht dahin gehört“, sagte er. Diese Darstellung bestätigte auch Marc Ruda vom Deutschen Roten Kreuz, das die Unterkunft an der Herkulesstraße betreibt. Die „Fremdschläfer“ seien auch deshalb ein Problem gewesen, weil sie sich mit Essen und Hygieneartikeln verpflegen ließen, die den rechtmäßigen Bewohnern zugestanden hätten.
Die Stadt hat angekündigt, das Gebäude noch in diesem Jahr von Außen sanieren zu wollen, da sich im Beton Risse gebildet hatten. Sozialdezernentin Henriette Reker geht davon aus, dass die Unterkunft auch in zehn Jahren noch bestehen wird, da der Zuzug von Flüchtlingen anhalten werde.