„Es gab Explosionsgefahr“So erlebten Kölner das schwere Unwetter

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Das Wasser an der Kreuzung Subbelrather Straße / Teichstraße fließt in der Nacht langsam ab. Dauerregen seit dem Morgen führt in der Stadt zu zahlreichen Schäden. 

Köln – Stark- und Dauerregen sowie übertretende Gewässer haben bei vielen Kölnerinnen und Kölnern zu großen Problemen geführt. Rund 9000 Notrufe gingen bei der Feuerwehr ein, Anwohner kämpften teils über Stunden gegen das Wasser, das sich durch Abflüsse, Fenster und Türen seinen Weg in die Häuser bahnte. Wir haben einige Stimmen von Betroffenen gesammelt.

Longerich: „Mir stand das Wasser bis zur Brust – die Möbel sind ein Totalschaden“

„Ich habe schon erwartet, dass ich vom Hochwasser betroffen sein werde“, erzählt Merlin Hentschke. „Aber so ein Hochwasser habe ich noch nie gesehen. Ich bin 1,90 Meter groß und das Wasser in meiner Wohnung stand mit teilweise bis zur Brust.“ Schon vor rund einem Monat und am Abend des Fußballspiels Deutschland-Portugal sei in seiner Wohnung das Wasser angestiegen, jedoch nie so stark wie gestern. Nach Warnungen aus der Presse habe Hentschke seine Habseligkeiten bereits höher gestellt, dachte aber, das Wasser würde nicht höher als knöcheltief steigen. 

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„Als ich gegen 19 Uhr nach Hause kam, war das auch ungefähr so“, sagt Hentschke. Dann sei der Anstieg aber förmlich explodiert. „Es kam wie ein Springbrunnen aus allen Abflüssen. Ich musste quasi eine Triage durchführen und die wichtigsten Sachen in den oberen Teil meiner Maisonette-Wohnung retten“, erzählt der Kölner. Gegen halb 8 sei der Strom ausgefallen, Handyempfang habe es auch nicht mehr gegeben. Gegen 21 Uhr habe er endlich jemanden bei der Feuerwehr erreicht, die um 1 Uhr nachts die Wohnung leer gepumpt habe. 

„Das ging dann relativ schnell, aber gerade das Wasser aus den Abflüssen hinterlässt natürlich seine Spuren. Die Möbel unten sind ein Totalschaden, es ist viel Dreck mitgekommen. Und eine gewisse Feuchtigkeit in der Wohnung wird bleiben, aus dem sich vielleicht Schimmel entwickeln kann“, sagt Hentschke.

Sülz: „Wir hoffen, dass das bessere Wetter es jetzt regelt“

Auch in der Hausgemeinschaft von Anna Casters in Sülz kam das Wasser nicht zum ersten Mal hoch. „Wir hatten schon vor ein paar Wochen Wasser im Keller und waren deshalb sehr vorsichtig“, erzählt sie. Jede Stunde sei ein Bewohner des Hauses runtergelaufen, um die Lage zu überprüfen. Erst habe man nichts bemerkt, dann jedoch sei das Wasser schlagartig gestiegen.

„Auf einem Treppenabsatz runter zum Keller hat sich das Wasser gesammelt und ist durch die Tür gelaufen. Wir haben dann gegen den Regen eine kleine Konstruktion aus einer Plane gebaut, die das Wasser etwas abgefangen hat“, so die Kölnerin. Mit Eimern haben die Bewohnerinnen und Bewohner gemeinsam das Wasser aus dem Keller in den Garten geschöpft. Am Donnerstagvormittag hat sich die Lage in Sülz beruhigt: „Wir hoffen, dass das bessere Wetter in den nächsten Tagen den Rest regelt.“

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Ossendorf: „An der Motorworld gab es Explosionsgefahr“

Eik F. und Anni K. standen auf ihrem Balkon in Köln-Ossendorf und beobachteten das steigende Wasser auf der Straße, als es ihnen siedend heiß einfiel: „Wir haben uns erst vor einem Monat ein neues Elektrofahrzeug gekauft, das in der Tiefgarage steht. Wir sind dann schnell runter gelaufen – so etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Innerhalb von der einen auf die andere Minute ist die ganze Tiefgarage vollgelaufen“, berichtet Eik F. Über ihren Instagramkanal haben sie Videos davon gepostet.

Den neuen SUV habe er mit großer Mühe noch gerade herausfahren können. „Eigentlich wollte ich das Auto dann auf den Parkplatz der Motorworld stellen, die ist direkt bei uns gegenüber. Die ganze Motorworld wurde dann aber evakuiert, weil wohl Explosionsgefahr an der Elektrik bestand. Wir haben auch gesehen, wie die Gäste des angrenzenden Hotels mit Taxen weggefahren wurden“, so der Kölner.

Seine Freundin habe mehrfach versucht die Feuerwehr zu erreichen, sei aber nicht durchgekommen. Gegenüber sei der Strom ausgefallen. „Mittlerweile ist das Wasser aber wieder gut abgelaufen“, sagt Eik F.

Junkersdorf: „Wir sind immer noch mit aufräumen beschäftigt“

Lätizia Loch und Joshua Zaumbrecher wohnen in Junkersdorf in einem Haus mit drei Wohngemeinschaften. Auch vor ihrem Keller machte das Wasser nicht Halt. „Jemand aus der WG von oben hat bei uns geklingelt, dass der ganze Keller vollgelaufen ist. Der Keller ist nicht gerade klein und das Wasser stand uns deutlich höher als bis zum Knöchel“, berichtet Loch. Über dem Abfluss habe sich eine Art Strudel gebildet. „Die Möbel sind von unten komplett nass, auch Teppiche, und unsere Waschmaschine ist kaputt“, ergänzt Zaumbrecher. „Ansonsten haben wir die Elektrik aber ganz gut gerettet“, sagt er und lacht.

Er selbst habe am Vorabend auch bei einem Freund in seinem Elternhaus in Junkersdorf mitgeholfen, dort habe man drei Stunden lang das Wasser rausgeschüttet. Doch auch im eigenen Haus spüren beide noch die Nachwirkungen des Hochwassers. „Wir sind immer noch mit aufräumen beschäftigt, das Wasser staut sich noch – und es stinkt auch ziemlich“, sagt Lätizia Loch.

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