SpitzenjobIn Köln misslingt zum dritten Mal die Wahl eines Dezernenten

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Der Kölner Stadtrat hat den Duisburger Andree Haack zum neuen Dezernenten für Stadtentwicklung gewählt.

Köln – In Köln ist zum dritten Mal hintereinander die Wahl eines neuen Dezernenten im Stadtrat misslungen. Zunächst hatte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz sich nach seiner Wahl zum Stadtentwicklungsdezernenten im Sommer 2021 freiwillig zurückgezogen. Im September 2021 stufte die Bezirksregierung die Wahl des Kulturdezernenten Stefan Charles als rechtswidrig ein, verzichtete aber ausnahmsweise darauf, das zu beanstanden. Am Donnerstag wies die Behörde Oberbürgermeisterin Henriette Reker schließlich an, die Wahl des Duisburger CDU-Manns Andree Haack zu beanstanden. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema im Überblick:

Mit welchen Argumenten begründet die Bezirksregierung ihre Entscheidung?

„Die Wahl vom 3. Februar 2022 ist rechtswidrig, weil sie auf der Grundlage eines fehlerhaften Verfahrens und unter Verletzung der organschaftlichen Rechte von Ratsmitgliedern erfolgt ist“, heißt es im Schreiben der Bezirksregierung an Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Im Kern geht es darum, dass die Tagesordnung der Ratssitzung kurzfristig um die Wahl von Andree Haack erweitert wurde, weil die Angelegenheit angeblich keinen Aufschub dulde. Die Linke hatte dem widersprochen, Reker ließ die Tagesordnung trotzdem erweitern.

Die Bezirksregierung vertritt hingegen die Haltung, dass Haack auch bei der nächsten Ratssitzung sechs Wochen später hätte gewählt werden können. Somit sei gegen die Geschäftsordnung des Rates verstoßen worden. Der veröffentliche Ausschreibungstext für den Job sei außerdem nicht vom Ratsbeschluss für die Ausschreibung gedeckt. Weiterhin seien die Informations-, Mitwirkungs- und Akteneinsichtsrechte von Ratsmitgliedern verletzt worden. So habe die Oberbürgermeisterin die von dem von ihr beauftragten Personalberatungsunternehmen angelegten Bewertungsmaßstäbe für die Besetzung des Spitzenjobs nicht offengelegt.

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Was sagt Oberbürgermeisterin Henriette Reker?

Die Oberbürgermeisterin will in die kommende Ratssitzung eine Beschlussvorlage zur Aufhebung des Ratsbeschlusses vom 3. Februar 2022 einbringen. Der Rat muss sich mit der Beanstandung der Bezirksregierung befassen und kann über ein mögliches neues Verfahren entscheiden. „Ich begrüße es, dass die Bezirksregierung anerkannt und bestätigt hat, dass Herr Haack alle erforderlichen Qualifikationen besitzt. Einzelne Ergebnisse der Prüfung zum formalen Verfahren kann ich nachvollziehen, andere inhaltliche Bewertungen teile ich ausdrücklich nicht", sagte Henriette Reker.

Die formalen Fehler der Verwaltung wären aus ihrer Sicht durch eine Neuwahl in der kommenden Ratssitzung zu heilen gewesen. „Aber dieser Weisung komme ich nach", so Reker. Der Rat müsse jetzt über das weitere Vorgehen entscheiden. Ob Verfahren, so wie von der Bezirksregierung Köln hier beschrieben, wirklich erfolgreich geführt werden können, bezweifle sie sehr. „Hier werden in NRW übliche Wahlverfahren grundsätzlich in Frage gestellt und die kommunale Selbstverwaltung eingeschränkt“, sagte Reker.

Was sagt die Politik?

„Natürlich ist die nochmalige Verzögerung bei der Besetzung des Dezernats ärgerlich“, sagt Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin.   „Wir bewerten derzeit die Ausführungen der Bezirksregierung und beraten über die rechtlichen Konsequenzen.“ Die Stadtverwaltung solle zeitnah in Absprache mit der Bezirksregierung Köln klären, ob und wie das aktuelle Verfahren doch noch zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden kann.

„Wir bedauern, dass es Irritationen und Verzögerung bei der Besetzung des Dezernats IX gibt, und wir bewerten jetzt die Ausführungen der Bezirksregierung und beraten über die rechtlichen Konsequenzen“, sagt CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau.  Insbesondere prüfe die CDU, ob die Möglichkeit bestehe, das aktuelle Verfahren zu heilen.

„Schon zum dritten Mal hat OB Reker kein rechtssicheres Verfahren zur Wahl eines Beigeordneten durchführen können und muss erneut von der Bezirksregierung darauf hingewiesen werden“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Das erfülle die SPD  mit großer Sorge, dass damit endgültig der Stadt Köln und ihrer Verwaltung bleibender Schaden zugefügt wurde.

„Um die kommunale Demokratie ist es nicht gut bestellt – schon wieder beanstandet die Bezirksregierung eine Beigeordnetenwahl“, sagt Linke-Fraktionschefin Güldane Tokyürek. Oberbürgermeisterin Henriette Reker begreife nun hoffentlich, dass sie den Rat im Vorfeld wichtiger Personalentscheidungen angemessen informieren und einbeziehen müsse. Es sei sehr bedauerlich, dass die Bezirksregierung Reker dazu nötigen müsse.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Stadtrat muss den Ratsbeschluss entweder aufheben oder beim Verwaltungsgericht gegen die Einschätzung der Bezirksregierung klagen. Sollte der Beschluss aufgehoben sein, wäre der Spitzenjob des Stadtentwicklungsdezernenten wieder vakant. Ein neues Bewerbungs- und Auswahlverfahren müsste gestartet werden. Ob sich Andree Haack dann noch einmal bewerben wird, ist unklar. Sicher ist aber, dass es dann wieder einige Monate dauern wird, um den Posten im Stadtvorstand zu besetzen.

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