„Neue Songs“Das kommt heraus, wenn KI Texte für Brings, BAP und Höhner schreibt

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Kai Engel (l.), Harry Alfter und Peter Brings (r.) knien während eines Auftritts auf den Knien

Wie hört sich ein Brings-Text an, der durch Künstliche Intelligenz erzeugt wurde? Wir haben es getestet.

Kann Künstliche Intelligenz kölsche Lieder schreiben? Die Antwort: ja. Kann sie die Arbeit von Brings, BAP und Co. ersetzen? Wir haben es getestet und die Meinung der Höhner eingeholt.

Höflich ist er. Und richtig fix. So schnell wie kein Songschreiber dieser Welt sein kann. Noch nicht mal Kölns unvergessene Mottoqueen Marie-Luise Nikuta, die sich im Nu ein ganzes Lied zusammenreimen konnte, hätte es mit ihm aufnehmen können. Die Rede ist vom Chatbot der Microsoft-Suchmaschine Bing, deren Künstliche Intelligenz (KI) immer mehr Nutzerinnen und Nutzer findet.

Aber kann Bing auch kreativ? Könnte er für Kunstschaffende gar eine Hilfe sein? Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat den Test gemacht.

Kölsche Lieder mit KI – funktioniert das?

„Schreib bitte ein Lied im Stil der kölschen Band Höhner“ fordern wir unseren Chatpartner auf, der sich kurz darauf meldet und sich noch einmal vorstellt. „Hallo, das ist Bing. Ich werde versuchen, ein Lied im Stil der kölschen Band Höhner zu schreiben. Hier ist mein Versuch:

„Wir sind die Höhner/ Und wir singen für euch / Wir sind die Höhner / Und wir machen euch froh“, lautet die erste Strophe. Reim dich, oder ich fresss dich ...  Der Refrain macht es nicht besser:

Hey, hey, hey Lasst uns feiern und tanzen Hey, hey, hey Lasst uns lachen und schunkeln Hey, hey, hey Lasst uns trinken und singen Hey, hey, hey Wir sind die Höhner

Die Höhner stehen im Höhner-Circus auf der Bühne.

Die Höhner überzeugten zuletzt in Köln mit ihren Zirkus-Shows.

Sicherlich, die kölsche Geflügel-Gruppe stand in mehr als 50 Jahren vielleicht nicht immer für hochtrabende Textkreationen, aber dieses Niveau ist auf dem Level der Titanic. Umso mehr freut es, dass unser Freund Bing kritikfähig ist. „Das ist sehr eingängig, um es höflich zu sagen, gibt es den Text auch mit mehr Inhalt?“, fragen wir. Bing zeigt sich einsichtig: „Ich verstehe, dass du mehr Inhalt möchtest. Ich werde versuchen, den Text zu verbessern. Hier ist meine neue Version“:

Wir sind die Höhner Und wir singen für euch Wir sind die Höhner Und wir haben was zu sagen Wir erzählen Geschichten Aus dem Leben gegriffen Wir erzählen Geschichten Mit Herz und Humor Refrain: Hey, hey, hey Hört uns zu und fühlt mit Hey, hey, hey Lernt uns kennen und versteht uns Hey, hey, hey Singt mit uns und seid dabei Hey, hey, hey Wir sind die Höhner Wir sind die Höhner Und wir lieben das Rheinland Wir sind die Höhner Und wir zeigen es euch Wir zeigen euch die Schönheit Und die Vielfalt Wir zeigen euch die Kultur Und den Karneval (Refrain) Wir sind die Höhner Und wir stehen für Werte Wir sind die Höhner Und wir machen uns stark Wir machen uns stark für Frieden Und für Freiheit Wir machen uns stark für Liebe Und für Toleranz Refrain (2x)

Und was sagen die Höhner dazu? Sänger Patrick Lück findet es erstaunlich, was mit KI heutzutage bereits alles möglich ist. Aber: „Die KI ist unserer Meinung nach noch weit davon entfernt, die Emotion und Tiefe eines wirklich guten Songtextes, geschrieben von einem Menschen, zu erreichen.“ Gerade die Seele eines guten kölschen Songs könne so nicht erzeugt werden. Insofern sei man beruhigt, so Lück und meint augenzwinkernd: „Wir schreiben weiter wie gewohnt, denn: Hey, hey, hey, wir sind die Höhner ...“

Wolfgang Niedecken sitzt am Rhein.

Wolfgang Niedecken hält nicht viel von dem Lied, das die KI für ihn geschrieben hat – um nicht zu sagen: gar nichts.

Bei Wolfgang Niedecken kommt Bing an seine Grenzen. Dieser „neue BAP-Song" hat mit der niedeckenschen Lyrik so viel gemeinsam wie Mario Basler und Atomphysik:

Ich bin ene kölsche Jung Un ich singe met Hätz un Seel Ich han vill jesinn un jemaht Un ich weiß, wat ich will un wat nit Ich bin nit immer politisch korrekt Un ich sage, wat ich denke Ich han nit Angs vür nix un nimmand Un ich stonn zu mingem Wort Refrain: Ich bin ene kölsche Jung Un ich singe ming Leeder op Kölsch Ich bin stolz op ming Heimatstadt Un ich liebe et kölsche Jeföhl Ich han vill Fründe un Kolleje Un ich fiere jän met ihnen Ich han och vill Feinde un Kritiker Un ich kümmer mich nit öm se Ich bin nit immer janz diplomatisch Un ich mache, wat ich will Ich han nit vill Jeld un Ruhm Un ich brauch se och nit (Refrain)

Et jit vill schöne Städte op der Welt Un ich han se jän jesinn Aber keiner kütt an Kölle ran Dat es ming Stadt, dat es ming Zohus (Refrain)

Wolfgang Niedecken: Was KI nicht ersetzen kann

Das muss man erst einmal sacken lassen. „Ich finde, das ist etwas zu patriotisch für Wolfgang Niedecken, schließlich äußert er auch gerne Kritik an Köln“, antworten wir dem Urheber. Die Antwort kommt prompt: „Das kann sein. Ich habe versucht, mich an seinen Stil und seine Themen anzupassen, aber ich bin kein Experte für seine Musik. Vielleicht hast du recht und er wäre nicht so patriotisch. In diesem Kontext könnte ein Mensch sagen: Das ist deine Meinung, und ich respektiere sie.“

Mensch, Bing, ist ja nicht schlimm. Aber eine Frage noch: Woher willst du wissen, dass Wolfgang Niedecken nicht viel Geld und Ruhm hat und beides nicht braucht, wie du getextet hast? Bing verweist im Nu auf ein Interview des BAP-Sängers, in dem er gesagt habe, dass er nie viel Wert auf Geld gelegt habe. „Vielleicht meinte er das ironisch“, fängt Bing nun an zu zweifeln, „aber ich habe es ernst genommen. In diesem Kontext könnte ein Mensch sagen: Das war nur meine Vermutung und ich kann mich irren. Irren ist also nicht nur menschlich ... 

Da können ausschließlich Klischees bei herauskommen ... wie man sieht.
Wolfgang Niedecken

„Ich will mir hier nicht anmaßen, kompetent über die KI urteilen zu können“, beginnt Wolfgang Niedecken sein Urteil. „Wenn man Computer mit sämtlichem Wissen über ein bestimmtes, wissenschaftliches Thema füttert, mag da etwas bei herauskommen, wo bisher noch keiner draufgekommen ist. Aber sobald es um einen literarischen Text geht, ist Individualität gefragt. Die KI mag intelligent sein, aber ein fühlendes, menschliches Wesen mit all seinen Erfahrungen kann sie nicht ersetzen. Da können ausschließlich Klischees bei herauskommen ... wie man sieht.“

Brings: Erst romantisch, dann Rock'n'Roll

Für Brings fragen wir auch an und bekommen neben dem Ja noch eine Zusatzfrage: „Möchtest du, dass ich einen bestimmten Stil oder ein bestimmtes Thema verwende?“ Etwas Romantisches wäre doch nett, in Erinnerung an alte Brings-Balladen wie „Katharina“ oder „Will nur Dich“. Doch dann kommt das: 

In Köln am Rhein, da bin ich zu Haus, Wo ich dich traf, mein Herz schlug aus. Deine Augen strahlen hell wie der Dom, Ich wusste sofort, du bist mein Traum. Wir spazieren Hand in Hand durch die Stadt, Vorbei am Rhein, wo unser Glück begann. Die Sonne scheint, die Vögel singen, Unsere Liebe wird niemals erlöschen.

Peter und Stephan Brings rocken ihrem Gitarristen auf der Bühne.

Geben auf der Bühne immer alles: Brings.

Aus Respekt vor Brings verzichten wir auf weitere Plattitüden, die da noch folgen. Stattdessen fragen wir: „Geht es auch weniger schmalzig, dafür mit mehr Rock'n'Roll?“ Bing antwortet: „Ja, ich kann auch einen Songtext mit mehr Rock’n’Roll-Feeling schreiben. Hier ist ein Beispiel.“

In Köln am Rhein, da geht die Post ab, Die Stadt rockt, das ist kein Scherz. Die Musik dröhnt, die Leute tanzen, Wir feiern bis zum Morgengrauen.

Refrain: Köln, du bist der Hammer, Dein Herz schlägt im Rock'n'Roll-Takt. Wir leben für die Musik, Köln, du bist unser Schatz.

Die Gitarren schreien, das Schlagzeug donnert, Wir sind bereit für eine wilde Nacht. Die Band spielt auf, wir singen mit, Köln, du bist unser Paradies.

(Refrain)

Die Nacht ist jung, wir haben noch viel vor, Wir tanzen und singen bis zum Morgengrauen. Köln, du bist unsere Stadt, Wir lieben dich und deine Musik

In Köln am Rhein, da geht die Party ab, Wir feiern bis zum Morgengrauen. Die Musik dröhnt, die Leute tanzen, Köln, du bist unser Rock'n'Roll-Paradies.

„Hoffentlich gefällt es dir“, schreibt der Chatbot abschließend. Wir fragen Peter Brings: „Also, Angst vor dieser Konkurrenz haben wir jetzt nicht. Aber das ist ja erst der Anfang. Wer weiß, was da noch alles kommt.“ Aber, schiebt der Sänger nach: „Auch die KI muss ne Kölsche sin, um hier mitzutexten – und das ist sie nicht.“

Bei Kölns Königin der Straßenfeste, Marita Köllner, belassen wir es beim ersten Versuch. Die Botschaft ist klar: Hier kommt die kölsche Lebensfreude!

Ich bin ein Jeck aus Köln Und ich liebe Karneval Ich singe und ich tanze Mit den Leuten überall

Ich bin ein Jeck aus Köln Und ich lache gerne laut Ich trinke und ich schunkele Mit den Freunden auf der Straut

Refrain: Kölle alaaf, Kölle alaaf Das ist mein Lebensmotto Kölle alaaf, Kölle alaaf Das ist mein schönster Gruß Kölle Alaaf, Kölle Alaaf Das ist mein Herzschlagrhythmus Kölle Alaaf, Kölle Alaaf Das ist mein Liebeslied

Ich bin ein Jeck aus Köln Und ich mag die rote Farbe Ich trage eine Narrenkappe Und eine lustige Narbe

Ich bin ein Jeck aus Köln Und ich habe viel Humor Ich mache und ich reiße Witze Mit den Leuten vor dem Tor

(Refrain)

Marita Köllner steht mit den Roten Funken au der Bühne

Marita Köllner, hier bei einem Auftritt mit den Roten Funken

Wir erreichen Marita Köllner telefonisch auf Mallorca, sie hat gerade ein Bad im Mittelmeer genommen und ist bester Laune – bis sie „ihre“ Liedzeilen per Mail abruft. „Ich habe noch nie einen so platten Text gelesen. Meine Lieder haben immer Herz und Wärme“, zeigt sich die Sängerin erst fassungslos, aber dann auch zufrieden: „Das zeigt, dass menschliche Kreativität künstliche Intelligenz um Längen schlägt.“

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