Tränenreiches Ende einer ÄraDer letzte Vorhang im Millowitsch-Theater ist gefallen

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Millowitsch letzte Vorstellung

Letzter Auftritt: Peter Millowitsch bei der Abschiedsvorstellung

Köln – Minutenlange, stehende Ovationen, dann eine kurze, aber emotionale Abschiedsrede von Peter Millowitsch (69), dem ein paar Tränen in den Augen standen. „Verhindern lässt sich das ja nicht. Das ist schließlich der Tag, der irgendwann kommen musste.“ Ein letzter Dank ans Publikum, ans Ensemble und an die vielen Mitstreiter vor und hinter den Kulissen, für die er Inge Nehrhaupt (79) auf die Bühne holte; Nehrhaupt war 55 Jahre Sekretärin, Mädchen für alles, vor allem aber „treue Seele des Hauses“.

Um 19.10 Uhr fiel der letzte Vorhang

Nach zwei Aufführungen von „Wer weiß wofür et jot es“ endete am Sonntag die Ära des Millowitsch-Theaters an der Aachener Straße. Um 19.10 Uhr fiel der letzte Vorhang.

Zum Finale waren auch Ehefrau Barbie Steinhaus-Millowitsch und die Schwestern Susanne, Katarina und Mariele gekommen, die zusammen zuletzt 1984 in „Glücksmädel“ auf der Bühne gestanden hatten. Es gibt keine Nachfahren, die weitermachen könnten. Eigene Kinder hat Peter Millowitsch nicht, die Nichten und Neffen wollen nicht. Also Schluss. Bis Freitag will Millowitsch, der 60 Jahren mit der Bühne verbunden war („Das ist länger, als die Rolling Stones zusammen sind“) sein Büro räumen, und das von ihm angemietete Theater „besenrein“ an die Hauseigentümer, die „Freie Volksbühne Köln“, zurückgeben.

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Theater am Rudolfplatz hat nie der Familie gehört

Obwohl das viele Kölner glaubten – gehört hat das Haus der Familie Millowitsch nie. 1936 war der Großvater des Noch-Theater-Chefs, der ebenfalls Peter Millowitsch hieß, von der Apostelnstraße zur Aachener Straße 5 umgezogen. Das war bereits die fünfte Generation der Schauspiel-Familie, die als Stockpuppen-Spieler angefangen hatte und seit 1895 Volkstheater spielte.

Der legendäre „kölsche Willy“, der 1914 erstmals auf der Bühne stand, übernahm das Theater 1940 und ließ sein Ensemble schon kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder spielen – am 16. Oktober 1945. Auf Geheiß von Oberbürgermeister Konrad Adenauer: „Jeh'n Se auf die Ämter, Se kriejen alles, wat Se brauchen. Fangen Se schnell an, die Kölner müssen wieder wat zu lachen haben.“ Das war der Auftakt zu einer Erfolgsgeschichte – hin zum Superstar und Ehrenbürger. Am 27. Oktober 1953 war „Der Etappenhase“ die erste Live-Übertragung eines Bühnenstücks im Deutschen Fernsehen. Danach wurden jährlich zwei bis drei Stücke im TV übertragen. Mehrfach auch der Etappenhase.

Seit dem WDR-Rückzug im Minus

Der sollte zum Abschluss der Ära nochmals auf den Spielplan kommen – ab Herbst 2018. Doch irgendwie hat sich Peter Millowitsch, seit 1998/99 alleiniger Chef, Autor und Regisseur, da nicht mehr ran getraut. Seit dem Rückzug des WDR, der die Stücke seit zwei Jahren nicht mehr überträgt, wurde die finanzielle Situation enger, zumal es nie Subventionen von der Stadt gegeben hatte. Vor zwei Monaten zog Millowitsch die Reißleine. Die Ankündigung des Endes sorgte für eine riesige Nachfrage beim Publikum. Alle Vorstellungen der letzten Wochen waren ausverkauft.

Schon kurz nach dem Abschiedsumtrunk ging der Blick nach vorn. „Alles muss raus“ heißt es nun. „Mit den meisten Sachen hier kann doch keiner etwas anfangen“, sagt Millowitsch, der nur ganz wenig mitnehmen will. „Ich habe doch alle Erinnerungen in meinem Kopf.“ Am 1. Dezember kommt der Theater-Chef als einfacher Schauspieler zurück – mit Heidi Mahler in „Tratsch im Treppenhaus“.

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