„Wollen hier keine parkenden Autos“Die Umgestaltung der Kölner Altstadt hat begonnen

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Große Pflanzkübel und Fahrradparkplätze sind nun  dort, wo zuvor Stellflächen für Autos waren.

  • Der Kölner Altstadt stehen grundlegende Veränderungen bevor. Viele Parkplätze wird es nicht mehr geben. Dafür entsteht deutlich mehr Platz für Fußgänger.
  • Die ersten Maßnahmen zur Umgestaltung wurden bereits durchgeführt.
  • Wir erklären, was bereits getan wurde – und wie sich der historische Kern der Stadt in den kommenden Monaten noch verändern wird.

Köln – Es ist ein Satz, der passionierten Autofahrern immer noch das Blut in den Adern gefrieren lassen dürfte: Es gibt in den Straßen der Altstadt jetzt „keinen einzigen öffentlichen Parkplatz mehr“, sagte Klaus Harzendorf, Leiter des Amts für Straßen und Verkehrsentwicklung. Zwischen Rhein und Hohe Straße sind die einstigen Stellflächen nun den Wagen der Anwohner, Fahrrädern, dem Lieferverkehr und der Außengastronomie vorbehalten oder zu Bürgersteigen umgebaut geworden.

Weitestmögliche Autofreiheit ist nun mal auch der Kernpunkt des im vergangenen Jahr beschlossenen „Verkehrsführungskonzepts Altstadt“. Nun hat die Stadtverwaltung mit der ersten Phase der Umsetzung begonnen – und die Veränderungen sind augenscheinlich.

Beispiel Unter Goldschmied: Die Parkbuchten vor dem Senatshotel sind Teil des Bürgersteigs geworden. Vorbei die Zeiten, in denen sich Fußgänger durch die schmalen Arkaden an der Herberge quetschen mussten. Dasselbe gilt etwa für die Stellflächen an den Straßen Am Hof, Große Sandkaul oder der Gürzenichstraße.

Alles zum Thema Henriette Reker

„Ein Quantensprung“

Auf der Marspfortengasse kann man jetzt so ziemlich jede Art der Umnutzung der ehemaligen Autoparkplätze begutachten. Wo einst Pkw abgestellt werden durften, ist an einer Stelle ausschließlich Bewohnerparken vorgesehen, andere Bereiche sind zu Stellflächen für Fahrräder geworden, die im Wechsel mit großen Pflanzkübeln angeordnet sind. „Das ist ein Quantensprung für die Erlebbarkeit und Aufenthaltsqualität des Raums“, jubilierte Wilhelm Belke, Leiter „Stadtbau im Quartier“ in der Domumgebung, bei der Vorstellung der ersten Konzeptphase, die in nur einem Monat ungesetzt wurde.

Die Kübel – insgesamt 35 – hat die Kölner Grün-Stiftung gespendet. Sie haben zusammen rund 110000 Euro gekostet, sind aus feuerverzinktem Stahlblech und haben im Boden ein Wasserreservoir. In ihnen wachsen nun Pflanzen wie Gelbholzbaum, Blasenesche oder Perückenstrauch. „Wir wollen hier keine parkenden Autos. Fußgänger haben Priorität, noch vor Fahrrädern“, erklärte Grün-Stiftungs-Mitgründer Paul Bauwens-Adenauer das Engagement. Wegen vieler Leitungen im Boden der Altstadt sei es ohnehin schwierig, Bäume fest einzupflanzen, erläuterte Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Grünflächenamts.

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Die Kübel haben aber noch einen entscheidenden Vorteil: Sie sind mobil. Denn in diesem Bereich der Altstadt gibt es bereits jetzt eine Fülle von Baustellen wie den Bau des Jüdischen Museums und der Archäologischen Zone, andere Großprojekte beginnen bald oder in den kommenden Jahren, etwa die komplette Neugestaltung des Laurenz-Carrés, die Erweiterung des Wallraff-Richartz-Museums und die Historische Mitte. So sind auch manche nun vorgestellten Eingriffe provisorisch, auch die Bäume werden versetzt, wenn sie Baustellen im Weg stehen.

„Wir müssen flexibel auf die Baustellen reagieren können“

Auf dem Quatermarkt, auf dem ab jetzt niemand mehr parken darf, haben Studenten im Auftrag der Stadt Dreiecke auf den Boden gemalt: Als Symbol, dass der Platz später weiter umgestaltet wird, wenn hier kein Baustellenverkehr mehr droht. Dasselbe gilt auch für andere Bereiche, die mit Dreiecken versehen sind, etwa ein Abschnitt auf Unter Goldschmied. Dort markieren die Bodenbemalung und Poller, wo sich nach der Entwicklung des Laurenz-Carrés der Bürgersteig erstrecken wird. „Wir müssen flexibel auf die Baustellen reagieren können“, sagte Belke. „Wir versuchen, mit einfachen Mitteln schon jetzt mehr Aufenthaltsqualität zu schaffen“, ergänzte Harzendorf.

In der Altstadt gibt es nun zudem eine ganze Reihe neuer Schilder. Die Piktogramme darauf weisen Parkzonen für Lastenräder, Car-Sharing oder E-Scooter aus, oder regeln deren Zufahrten in die neuen Fußgängerzonen östlich des Heumarkts, südlich des Alter Markts und auf der Bolzengasse, der in den kommenden Jahren weitere folgen werden. Noch dürfen E-Scooter auch außerhalb der für sie ausgewiesenen Zonen abgestellt werden. Nach Worten Harzendorfs ist die Stadtverwaltung jedoch in Verhandlung mit den Anbietern, dass deren Kunden sie nur noch an bestimmten Orten stehen lassen dürfen. Zumindest der E-Scooter-Verleiher Lime hat seine Kunden bereits darum gebeten, die Fahrzeuge in den neuen Zonen abzustellen.

Parkhäuser werden kaum genutzt

Insgesamt 168 Abstellplätze für Räder hat die Verwaltung nun eingerichtet. Dafür sind 118 Autoparkmöglichkeiten entfallen. Zusätzlich sind 51 Bewohnerparkplätze verschwunden. Ihnen hat die Verwaltung angeboten, vergünstigt die umliegenden Parkhäuser zu nutzen, wovon aber kaum jemand Gebrauch gemacht habe, sagte Harzendorf. In den Parkhäusern sei zudem ausreichend Platz, um die weggefallenen allgemeinen Stellflächen zu kompensieren. Die Tiefgaragen seien zum Teil nur zu einem Viertel ausgelastet.

„Der erste Umsetzungsschritt des Verkehrsführungskonzepts Altstadt hat mehr als nur Signalwirkung. Wir schaffen Platz für Fahrräder und Fußgängerinnen und Fußgänger und leisten einen deutlichen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität“, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Voraussichtlich in zehn Jahren soll das neue Verkehrsführungskonzept Altstadt abgeschlossen sein – wenn es die aktuellen und künftigen Baustellen dort zulassen.

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