Corona in KölnWie sich das Elisabeth-Krankenhaus auf einen „Tsunami“ vorbereitet

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Die Ärzte Beate Appenrodt und Fritz Fiedler (Chefarzt der Anästhesie) im Vorraum der Klinik.

  • Noch ist am Elisabeth-Krankenhaus in Hohenlind die Ruhe vor dem Sturm, doch die Ärzte rechnen mit stark steigenden Zahlen von Patienten mit Corona-Infektionen.
  • Die ersten Maßnahmen hat die Klinik bereits ergriffen, darunter OP-Stopps und Corona-Kontrollen am Eingang.
  • Was sie für die kommenden Wochen noch fürchten und was sie zuversichtlich macht, erzählen uns zwei Chefärzte.

Köln – Die Krise ist nicht die beste Zeit für Störche. Wo sonst Ehemänner ihre hochschwangere Frau für die Niederkunft ins Elisabeth-Krankenhaus bringen und auf den „Storchenparkplätzen“ vor dem Haupteingang parken, sind zwei Zelte aufgebaut, die schon bald Patienten mit Corona-Verdacht von denen ohne Symptome trennen sollen. Rechts die Infizierten, links die Anderen. Noch sind die Zelte leer, gerade wird vorgeheizt, es riecht nach Diesel. Man ahnt, was da noch kommen könnte.

Die Frau, die das wissen sollte, heißt Beate Appenrodt, ist Chefärztin der Inneren Medizin und sieht einen Schneeball auf die Klinik zurollen. „Die Erfahrung zeigt, dass die Anzahl der Fälle jetzt stark zunehmen wird“, sagt sie. Der erste Corona-Patient erreichte die Klinik in Hohenlind am Samstag, inzwischen sind es zehn, womöglich werden es schon bald Dutzende sein.

Patientenzahlen in Deutschland womöglich wie in Südeuropa

Die schweren Fälle kommen zu Fritz Fiedler, dem Chefarzt der Intensivmedizin. Er sagt, dass auf Deutschland wahrscheinlich Patientenzahlen zukommen werden wie in Südeuropa: „Es gibt wenig, was mich daran zweifeln lässt.“ Was ihn zuversichtlich mache: Dass die deutschen Ärzte in diesen Wochen wahrscheinlich so schnell gelernt haben wie nie zuvor.

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Das Elisabeth-Krankenhaus lernte am Wochenende zum Beispiel das: Mehrere Tage kann es einem Corona-Patienten noch verhältnismäßig gut gehen, doch oft nimmt der Krankheitsverlauf dann rapide an Fahrt auf. „Bei manchen wird der Zustand blitzschnell schlechter“, sagt Appenrodt. Schon nach kurzer Zeit müssen hier drei der zehn Corona-Patienten künstlich beatmet werden.

Auch das, erzählt Fiedler, war ihm eine Lehre, die seine Kollegen aus Mailand neulich nach Köln sandten: Frühzeitiges Beatmen und Intubieren, die Patienten auf den Bauch zu legen, kann helfen, den Krankheitsverlauf abzumildern und die Überlebenschancen zu erhöhen.

Nicht zeitkritische Operationen auf allen Stationen vertagt

Am Eingang der Klinik wird schon im Krisenmodus separiert, was in den Zelten im großen Stil ablaufen soll. Bevor sie in die Klinik kommen, müssen Patienten eine grüne Karte ausfüllen. Nur wer keine Symptome hat, zuletzt nicht in Krisenregionen war, darf rein. Die anderen werden zunächst auf einer Isolierstation untersucht.

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Auf den „Storchenparkplätzen“ wurden Zelte aufgebaut. 

Die nicht zeitkritischen Operationen auf allen Stationen sind vertagt. „Wir machen nur noch das, was nicht aufschiebbar ist“, sagt Klinikleiter Frank Dünnwald. Nur noch 50 Patienten kommen im Moment täglich hier an, vor der Krise waren es doppelt so viele. Viele Zimmer sind frei. 13 zusätzliche Intensivbetten, acht Beatmungsplätze sind entstanden, sechs OP-Säle stillgelegt. 

Kölner Ärzte rüsten sich für einen „Tsunami“

In kritischen Bereichen wie der Radiologie haben sich Ärzte und Pfleger in zwei Teams aufgeteilt, sodass ein Infektionsfall nicht die gesamte Station lahmlegen würde. Man hält sich bereit. „Auch die ständige Hab-acht-Stellung wird irgendwann extrem anstrengend für das Personal“, sagt Appenrodt. Von früher 100 Operationen am Tag sind nur noch 40 geblieben. Ein erheblicher Kostenfaktor für die Klinik. „Ein halbes Jahr könnten wir das wohl überstehen – aber nur mit Schmerzen“, sagt Dünnwald. „Wir rüsten uns für einen Tsunami, von dem wir hoffen, dass er gar nicht kommt.“

„Ich bin mir sicher, dass die Betten voll werden“, sagt Chefarzt Fiedler so klar, dass man ihn selbst hinter seinem Mehrweg-Mundschutz nicht falsch verstehen kann. Seine Frau, sagt er, habe sich neulich gewundert, warum sein Vollbart eines Tages weg war. „So hält der Mundschutz besser“, sagt Fiedler.

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