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EhrenfeldRiesiger Andrang beim Elternabend zum Start der Heliosschule

Lesezeit 5 Minuten
Im Auditorium betrachten Interessierte das Modell der zukünftigen Heliosschule.

Im Auditorium betrachten Interessierte das Modell der zukünftigen Heliosschule.

Köln-Ehrenfeld – Wenig Frontalunterricht, inklusiv und digitalisiert - ab dem kommenden Schuljahr möchte die entstehende Heliosschule in Ehrenfeld als städtische Gesamtschule neue Wege gehen. Noch ist viel zu tun, erklärten die Verantwortlichen interessierten Eltern Mitte November bei einer Veranstaltung im sehr gut besuchten Ehrenfelder Bürgerzentrum. Beim Infoabend für interessierte Eltern herrschte ein regelrechter Massenandrang. Wir beantworten die wichtigsten Fragen und Antworten zum Leuchtturmprojekt:

Wer steht hinter dem Konzept?

Die Idee zur Heliosschule lieferte die Uni Köln um den international renommierten Pädagogik-Experten Kersten Reich. „Es liegen anstrengende Jahre der Planung an dem Konzept hinter uns", so Reich. Jahrelang haben er und seine Lehramtsstudenten sich über das schlechte Abschneiden Deutschlands in der Pisa-Studie geärgert, bis man sich gefragt habe, „warum wir das nicht genauso machen können wie in Stockholm oder Helsinki?“ Mit Andreas Niessen, Leiter des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Pulheim, und Anika Engel, Lehrerin an der Gesamtschule Holweide, sind nun zwei erfahrene Lehrer mit der Gründung der Gesamtschule beauftragt worden – sie werden wohl auch die zukünftige Schulleitung bilden, wenn ab dem kommenden Jahr erstmals 108 Fünftklässler in der Heliosschule unterrichtet werden sollen.

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Welches Konzept hat die Heliosschule?

„Jeder soll nach seiner persönlichen Exzellenz gefördert werden“, verspricht Reich den interessierten Eltern. An der Heliosschule soll der altbekannte Frontalunterricht ausgedient haben. Stattdessen sollen Schüler an der Ganztagsschule zum selbstständigen Lernen angeleitet werden. Der Unterrichtsstoff nach dem NRW-Lehrplan wird zum Beispiel in stufenübergreifenden Lerngruppen vermittelt. „Lehrer sind dann nicht mehr die, die an der Tafel stehen, sondern sie stellen Aufgaben bereit und unterstützen die Schüler in dem von ihnen benötigten Maße“, erklärt Niessen im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Die Schule wirbt neben dem Ziel der digitalisierten Schule mit „echter Inklusion“ - die Schlussfolgerung: Wer unterschiedlich schnell lernt, darf auch die Klassenarbeiten zu unterschiedlichen Zeitpunkten schreiben. Für die Lehrer könnte das zur Herausforderung werden – immerhin wird der Personalschlüssel laut Niessen „genauso knapp“ wie an jeder anderen Gesamtschule.

Reich wirbt dagegen mit „doppelt so viel Personal wie an anderen Schulen“ – denn jeden Lehrer soll ein Lehramtsstudent der Uni Köln unterstützen. Die Lehrer sollen ihre Unterrichtsstunden zusammen mit den Kollegen vorbereiten, nicht zu Hause im stillen Kämmerlein. „Und weil alle Lehrkräfte täglich bis 16 Uhr als Ansprechpartner im Haus sein werden, werden sich auch nur besonders motivierte Lehrer bei uns bewerben“, ist Reich überzeugt.

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Wo sollen die Schüler zukünftig untergebracht werden?

Eigentlich hätten die Schüler übergangsweise im alten Schulgebäude in der Neuehrenfelder Overbeckstraße untergebracht werden sollen. Doch das wird bis zum nächsten Sommer nicht bezugsfertig sein. Die Sanierung sei aufwendiger als gedacht. Stattdessen geht es nun in der Ehrenfelder Borsigstraße los, dann sollen die Schüler nach einem Jahr in die Overbeckstraße ziehen. Bis 2023 soll dann auf dem Ehrenfelder Heliosgelände ein Neubau stehen, der neue Maßstäbe in Sachen Schularchitektur setzen soll. „Es wird ein fantastisches Schulgebäude werden - so viel können wir schon versprechen“, sagt Michael Gräbener vom Kölner Schulverwaltungsamt.

Mit welchen Schwierigkeiten hat das Projekt zu kämpfen?

Sicherlich muss die Komplexität unseres Netzwerks, das sich da gerade entwickelt, erstmal gehändelt werden – die Uni Köln, die Stadt, unsere Lehrer. „Vieles ist da noch in der Planungsphase“, erklärt Niessen.

Ein anderes Problem: die Vorgaben des Landes. Eigentlich fordert das nämlich die Vergabe von Ziffernnoten ab dem 5. Schuljahr. Das Konzept von Reich sieht das nicht vor - laut diesem würde man lieber mit anderen Leistungsrückmeldungen arbeiten wollen. Zwar müsse man sich den Vorgaben beugen, sagt Niessen. „Trotzdem gibt es in unserem theoretischen Konzept auch weiterhin diese Differenzen zu den Landesvorgaben – und das ist auch richtig so.“ Dauerhaft hoffe man, dass das Land den Schulen mehr Autonomie zuspricht. Doch auch ganz praktisch hakt es mancherorts noch: Ab dem 6. Schuljahr sollen die Schüler Spanisch lernen. Erste Fremdsprache ist Englisch.

Das Projekt will individuellere Betreuung von Schülern – warum kommt dieses Konzept erst jetzt?

Lange galt die individuelle Förderung eines jeden Kindes in einer Schulklasse als zu kostenintensiv – landesweit ist die Heliosschule nun das zweite Projekt seiner Art. „Jeder, der gerade an unserem Transformationsprojekt mitarbeitet, hat selbst ein ganz eigenes Bild von Schule im Kopf, das nur schwer aus dem Kopf zu bekommen ist“, mutmaßt Niessen. „Sich jetzt vorzustellen, dass es auch anders geht als bisher bekannt, ist für viele sicher nicht einfach. So etwas braucht Zeit.“

Das Anmeldeverfahren für das kommende Schuljahr läuft wie bei allen Kölner Gesamtschulen vom 2. bis 9. Februar 2018. Gesamtschulen müssen für eine gemischte Schülerschaft sorgen. Das heißt auch, dass darauf geachtet werden muss, dass Viertklässler mit einem unterschiedlichen Notenschnitt der Grundschule aufgenommen werden. Schüler mit guten Noten sollen mit vermeintlich Leistungsschwächern zusammen lernen. Eine Garantie auf einen Platz an einer Gesamtschule gibt es nicht. Die Verantwortlichen der Heliosschule rechnen damit, dass deutlich mehr als 108 Kinder die fünfte Klasse besuchen wollen.

Das Underground muss weichen

Für den Neubau der Heliosschule in Ehrenfeld muss das Underground weichen. Mit dem Abbruch des Musikclubs an der Vogelsanger Straße in Ehrenfeld ist in der vergangenen Woche begonnen worden. Geschlossen hat der Kölner Kult-Club bereits seit September. Die Stadt Köln hatte früher als geplant das Gelände beansprucht, um den Abriss in Angriff nehmen zu können. Im Januar 2018 hätte das Underground sein 30-jähriges Bestehen gefeiert. Die Betreiber hatten ursprünglich darum gebeten, bis Januar 2018 bleiben zu dürfen und als gebührenden Abschluss gleichzeitig das 30. Jubiläum des Clubs feiern zu dürfen. (red)

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