Abo

Interview

Dirk Käsbach
Neuer Chef des Kölner Ordnungsamts ist „gekommen, um zu bleiben“

5 min
Der neue Leiter des Ordnungsamtes Dirk Käsbach ist seit November im Amt.

Der neue Leiter des Ordnungsamtes Dirk Käsbach ist seit November im Amt.

Ordnungsamts-Chef Dirk Käsbach spricht darüber, wie es mit dem Straßenkarneval weitergeht, den Brüsseler Platz und die Drogenszene am Neumarkt.

Herr Käsbach, seit dem 10. November sind Sie der neue Leiter des Kölner Ordnungsamts – bereits der fünfte Chef in drei Jahren. Sind Sie optimistisch, länger durchzuhalten?

Davon bin ich fest überzeugt, sonst hätte ich den Job nicht angetreten. Wie sagt man so schön? Ich bin gekommen, um zu bleiben (lacht).

Sie haben schon mehrere Ordnungsämter geleitet. Hat Sie die Größe der Aufgabe in Köln trotzdem eingeschüchtert?

Ich freue mich sehr über diese Herausforderung. Es ist eine Ehre, das Ordnungsamt der viertgrößten Stadt Deutschlands zu leiten – im Herzen einer Region mit ganz eigener Lebensart. Natürlich habe ich Respekt vor der Aufgabe. Aber seit ich im Juli 2024 die Bürgerdienste der Stadt Köln übernommen habe, kenne ich diese große Verwaltung von innen. Das hilft mir – genauso wie meine Erfahrungen aus früheren Stationen.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen?

Eine große Herausforderung sind die vielen Großveranstaltungen in Köln, gerade vor dem Hintergrund der allgemeinen Sicherheitslage. Die Sicherheitsanforderungen zum Beispiel auf den Weihnachtsmärkten haben sich verändert. Sie richten sich nach dem sogenannten „Orientierungsrahmen des NRW-Innenministeriums für die kommunale Planung, Genehmigung, Durchführung und Nachbereitung von Veranstaltungen im Freien mit erhöhtem Gefährdungspotenzial“. Dass das hier so gut funktioniert, liegt an Kolleginnen und Kollegen, die sich enorm engagieren und Arbeitszeiten auf sich nehmen, die alles andere als leicht sind. Das zweite Feld ist der Ordnungsdienst mit den alltäglichen Themen: Müll, Ruhestörungen, Einsätze am Brüsseler Platz … Wir wollen sichtbar sein, damit uns die Menschen als Partner wahrnehmen. Mein Eindruck aus den ersten Wochen ist: Da besteht noch Bedarf, den wir derzeit nicht vollständig abdecken. Dafür könnten wir mehr Ressourcen brauchen – also vor allem mehr Personal.

Der Zulauf am Chlodwigplatz war aber stärker als erwartet. Wir nehmen die negativen Begleiterscheinungen sehr ernst und gehen in den Dialog mit der Anwohnerschaft.
Dirk Käsbach über den 11.11. in der Südstadt

Zu Jahresbeginn gab es noch 60 offene Stellen. Wie sieht es aktuell aus?

Im Außendienst haben wir momentan 38 Vakanzen, aber etwa 20 davon werden bis April besetzt. Übrig sind knapp unter 20 Stellen, für die wir weiterhin geeignete Mitarbeitende suchen. Ähnlich ist es im Verkehrsdienst, dort reden wir von etwa zehn Prozent unbesetzten Stellen. Natürlich hätten wir gerne Vollbeschäftigung. Wir sind aber nicht atypisch schlecht aufgestellt. Alle kämpfen mit Fachkräftemangel und demografischen Veränderungen. Und wir tun viel im Recruiting: Social Media, Messen, jetzt sogar Spotify-Spots. Das wirkt.

Direkt an Ihrem zweiten Arbeitstag stand der 11.11. an. Wie haben Sie den Tag erlebt?

Der Tag bestand für mich aus unglaublich viel Lernen. Ich war beeindruckt, wie gut der Koordinierungsstab eingespielt ist. Und ich war zweimal länger draußen unterwegs, im Zülpicher Viertel und auf der Uniwiese. Mein Eindruck war: Die Stimmung war ausgelassen und trotz der vielen Menschen friedlich.

Die Südstadt wurde dieses Jahr deutlich stärker frequentiert. Droht da der nächste Hotspot?

Dass sich das Geschehen entzerrt, sehe ich grundsätzlich positiv – das ist auch eine gewollte Entwicklung. Der Zulauf am Chlodwigplatz war aber stärker als erwartet. Wir nehmen die negativen Begleiterscheinungen sehr ernst und gehen in den Dialog mit der Anwohnerschaft, wo wir nachsteuern müssen. Ein freiwilliges Glasverbot gibt es in der Südstadt bereits – ob wir das zur Pflicht machen müssen, darüber sprechen wir gerade ergebnisoffen. Ich glaube aber nicht, dass wir in der Südstadt sofort Zülpicher-Verhältnisse bekommen – auch wenn Soziale Medien solche Entwicklungen schwer vorhersehbar machen.

Ein neuer Karnevals-Hotspot? Der Chlodwigplatz wurde am 11.11. deutlich stärker von jungen Jecken frequentiert.

Ein neuer Karnevals-Hotspot? Der Chlodwigplatz wurde am 11.11. deutlich stärker von jungen Jecken frequentiert.

Bleibt es bei der Verkleinerung der Ausweichfläche auf der Uniwiese?

Ja. Ich sehe keinen Grund, davon abzuweichen.

Immer wieder wird eine große Alternativ-Veranstaltung gefordert – etwa am Konrad-Adenauer-Ufer. Wie stehen Sie dazu?

Grundsätzlich wären wir offen dafür. Wenn Eventprofis wie bespielsweise die Klubkomm, die Gastronomie oder Karnevalsgesellschaften so etwas aufziehen möchten, würden wir das unterstützen und begleiten, wenn die gewünschten Flächen dafür geeignet sind. Aber die Stadt selbst sollte nicht Veranstalterin sein. Das ist nicht Aufgabe einer Stadtverwaltung.

Wir sind mit den Symptomen beschäftigt. Um die Ursachen zu bekämpfen, braucht es andere Maßnahmen, andere Player.
Dirk Käsbach über die Drogenszene am Neumarkt

Der Konflikt um den Brüsseler Platz erhitzt die Gemüter seit zwei Jahrzehnten. Dieses Jahr hat die Stadt einen ganzen Katalog von Maßnahmen angewendet. Verweilverbot, Alkoholkonsumverbot, Sperrstunde: Wird so das Problem nicht einfach verlagert?

Ich würde nicht von Konflikten sprechen, sondern von unterschiedlichen, berechtigten Interessen, die aufeinandertreffen. Die Anwohnenden wollen ihre Nachtruhe: Da haben wir das Landesimmissionsschutzgesetz im Rücken, ab 22 Uhr ist bei 60 Dezibel Schluss. Ohne Diskussion haben wir das durchzusetzen. Das sagen uns auch die Gerichte. Wir haben auch die gewerblichen Interessen: Gastronomen verdienen ihren Lebensunterhalt damit, dass der Laden voll ist. Und wir haben Menschen, die eine lebendige Stadt wollen. Das ist erstmal alles legitim.  Eine schnelle Lösung haben wir nicht. Ansonsten hätte es die auch schon gegeben.

Der ewige Konflikt am Brüsseler Platz erhitzt die Gemüter. Oft steht das Ordnungsamt zwischen den Fronten.

Der ewige Konflikt am Brüsseler Platz erhitzt die Gemüter. Oft steht das Ordnungsamt zwischen den Fronten.

Ordnungsbeamte sollen Konflikte im öffentlichen Raum idealerweise durch deeskalierende Maßnahmen lösen. Nicht immer klappt das. Woran liegt das?

In der Corona-Zeit haben Anfeindungen stark zugenommen, weil das Ordnungsamt sehr viel mehr Aufgaben übernehmen musste, beispielsweise das Durchsetzen der Coronaschutzverordnung des Landes NRW. Leider haben wir erlebt, dass die Kollegen draußen, obwohl sie hoheitliche Aufgaben übernehmen, nicht so als Autoritätspersonen wahrgenommen werden wie die Polizei. Wenn Ordnungsbeamte Maßnahmen treffen, sind die Menschen nicht immer bereit, denen zuzuhören. Es können Situationen entstehen, in denen Kolleginnen und Kollegen auch körperlichen Zwang anwenden müssen – den sie aufgrund ihrer Befugnisse des Ordnungsbehördengesetzes auch anwenden dürfen. Zum Beispiel durch Festhalten, im Zweifel durch Fesseln, um die Person dann der Polizei zu übergeben. Das ist gelegentlich leider notwendig.

Die Drogenszene am Neumarkt ist zum Beispiel eine der größten Herausforderungen in dieser Stadt. Was ist Ihre Sicht darauf?

Wir sind da ein Player von ganz vielen. Wir haben schon gute Maßnahmen, die das Problem nicht lösen, aber trotzdem vielleicht mildern können. Da sind die Kooperativen Streifen von Ordnungsamt, Polizei und KVB. Wir haben auch die Dienste im Ordnungsdienst angepasst. Wir werden vor Ort einen Raum einrichten, wodurch der Ordnungsdienst präsent bleiben kann und der als Anlaufstelle für die Kooperative Streife dient. Das sind als Ordnungsamt unsere Instrumente, die wir haben. Wir sind mit den Symptomen beschäftigt. Um die Ursachen zu bekämpfen, braucht es andere Maßnahmen, andere Player. Da sehe ich auch gute Signale im Moment.

Zum Schluss noch etwas Persönliches: Wenn Sie nicht gerade Amtschef sind, was machen Sie dann gerne?

Aktuell spiele ich sehr gerne Tuba in meinem Musikverein. Die Sankt-Martinsumzüge haben mir großen Spaß gemacht, da habe ich mit meiner Tuba gespielt und einer meiner Söhne Trompete. Das mache ich erst seit diesem Jahr.


Zur Person

Dirk Käsbach ist 53 Jahre alt und lebt in Much. Er ist nicht verheiratet und hat drei Kinder. Käsbach arbeitet seit Juli 2024 für die Kölner Stadtverwaltung, zunächst als Amtsleiter der Bürgerdienste der Stadt Köln. Davor war Erster Beigeordneter und Stadtkämmerer in Königswinter. 2014 bis 2016 war er Dezernent des Landkreises Merzig-Wadern, auch bereits zuständig für die Ordnungsämter in Wipperfürth und Rüsselsheim.