Blick hinter Verwaltungs-KulissenWas Kölner Führungskräfte über OB Reker denken

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Blick auf das Kölner Stadthaus und die Lanxess Arena

  • Die Verwaltungsreform in Köln ist eines der wichtigsten Vorhaben von Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
  • Sie selbst spricht von einem Erfolg. Doch was sagen die Führungskräfte über die Arbeit ihrer Chefin?
  • Wir haben passend zur Halbzeit der Reform mit drei Mitarbeitern gesprochen.

Köln – Mehr Bürgernähe, mehr Tempo, mehr zufriedene Mitarbeiter – das sind die Ziele der von Oberbürgermeisterin Henriette Reker gestarteten Verwaltungsreform. Das 2017 begonnene Vorhaben, für das der Stadtrat zehn Millionen Euro bewilligt hat, soll fünf Jahre dauern. Am Freitag zog Reker eine Art Halbzeitbilanz und berichtete über die Fortschritte der Reform. Sie habe sich vorgenommen, „die Verwaltung in meiner Heimatstadt zur modernsten Verwaltung der Bundesrepublik zu machen“.

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Die für Bürger spürbaren Verbesserungen betreffen bislang vor allem den Internet-Service der Stadt. Beispielsweise können Hundebesitzer ihre Tiere online für die Hundesteuer anmelden. Ebenfalls online erteilt die Verwaltung Auskunft, ob auf einem Grundstück eine Baulast liegt.

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Noch vor den Sommerferien soll es möglich sein, Knöllchen an der Kasse von Supermärkten zu zahlen. Bauaufsicht arbeitet demnächst mit elektronischen Akten; das soll die sich in Köln besonders lang hinziehenden Genehmigungsverfahren beschleunigen. Und die Kulturszene kann städtische Zuschüsse neuerdings online beantragen. 

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„Wir werden zunehmend digitaler, transparenter, dienstleistungsorientierter und bürgernaher“, sagte Reker. Viele der mehr als 200 angestoßenen Reformschritte bleiben allerdings vorerst ohne Außenwirkung. Sie betreffen interne Abläufe, etwa eine bessere Zusammenarbeit unterschiedlicher Ämter. „Die Reform ist zu einer ganzheitlichen Bewegung geworden“, sagte der Leiter des Referats für strategische Steuerung, Rainer Heinz. Es gehe auch darum, den in der Belegschaft vorhandenen Veränderungswillen zu unterstützen. Die Beschäftigten, von denen es rund 19000 gibt, würden ermuntert, im Arbeitsalltag „kreative Methoden“ anzuwenden. Zum Abschluss des Reformprozesses, so Heinz, „werden wir eine dienstleistungsorientierte Stadtverwaltung sein – und ein selbstlernendes System“.  

Das sagen die Führungskräfte über Oberbürgermeisterin Reker

  • Führungskraft 1:

„Ich erlebe eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zur Amtszeit ihres Vorgängers. Die Verwaltung ist eigenständiger geworden, wenn es Vorschläge und Empfehlungen für den Stadtrat geht. Es wird nicht mehr jede Vorlage mit den Fraktionen abgestimmt, bevor sie in die Beratung geht. Die Verwaltung ist nicht mehr so stromlinienförmig, was die Erwartung der Politik angeht. Die Verwaltungsreform ist zu kurz gefasst, es fehlt das strategische Element. Man hätte Prioritäten setzen sollen. Es reicht nicht aus, Amtsleiter auszuwechseln, die einem missliebig sind.

Nach vier Jahren Verwaltungsreform die Bauaufsicht vom Telefon abzuschalten, zeugt nicht von einem Erfolg der Reform. Man hätte viel früher in die Organisation und das Personalwesen eingreifen müssen. Frau Reker ist bei ihrem Amtsantritt auf eine Situation gestoßen, die nicht innerhalb von fünf Jahren zu lösen ist. Vielleicht hätte sie im Oberbürgermeisteramt nicht nur externe Kräfte auf die Leitungsstellen setzen sollen, sondern auch jemand, der die Stadtverwaltung gut kennt. Die externen Kollegen tun sich schwer, eine ordnende und führende Rolle einzunehmen. In Bezug auf die Digitalisierung hat sich vieles getan. Das ist aber nicht genug. Denn für den Bürger, der die alltäglichen Leistung der Verwaltung nimmt, hat sich nur wenig verbessert. Die OB zeigt eine phänomenale Aktivität, das finde ich vorbildlich. Sie hat es dennoch nicht geschafft, die 150 Führungskräfte der Verwaltung auf ihrem Weg mitzunehmen, insofern hat die Stadtspitze die Reformziele noch nicht übernommen.“

  • Führungskraft 2:

„Es laufen einige gute Projekte, die für die Reform eine Basis bilden können. Wenn man Führungsleitlinien erarbeitet, muss man aber auch Führungskräfte haben, die diese umsetzen und leben. Letztlich kommt es darauf an, ob sich für die Bürger etwas verbessert. Da sehe ich nicht viel: Die Menschen stehen immer noch Schlange in den Meldehallen, sie warten immer noch zu lange auf ihre Baugenehmigung und die Planungsprozesse in der Stadt dauern nach wir vor zu lange. Das braucht natürlich seine Zeit.

Insofern gibt es weder Anlass zum Jubeln, noch dazu, von einem Scheitern der Reform zu sprechen. Es fehlt die Begeisterung und der Glaube in der Belegschaft. Die von der OB angekündigten tiefgreifenden Veränderungen gelingen nur, wenn man einen Großteil der Mitarbeiter mitnimmt. In der Hinsicht hätte man mehr Zeit investieren müssen, die Mitarbeiter zu überzeugen. Und es wäre wünschenswert, dass der Stand des Reformprozesses transparent und ehrlich dargestellt wird. Denn die Mitarbeiter bekommen sehr wohl mit, wenn etwas beschönigt wird.“

  • Führungskraft 3:

„Es ist nach wie vor unstrittig, dass eine Verwaltungsreform nötig ist. In vielen Aufgabengebieten waren die Strukturen verkrustet, unzeitgemäß. Die Reform hat viele konstruktive Ideen und Überlegungen hervorgerufen, das ist schon mal ein Nutzen. Und in einigen Ämter läuft es auch gut. Allerdings hätte man mit solchen Abläufen beginnen sollen, deren Wirkung für den Bürger konkret sichtbar wird; durch geringere Wartezeiten beispielsweise oder schnellere Genehmigungsverfahren. Die Reform beschäftigt sich allzu sehr mit internen Detailfragen, nach Außen ist nur wenig Fortschritt zu erkennen.

Gut ist, dass viele Prozesse angestoßen wurden, die ämterübergreifend sind. Das hat jedoch einen nicht einkalkulierten Nebeneffekt. Die Leute sind ständig in Gremien eingebunden, ein enormer Zeitfresser. Das verhindert, dass die Vorgänge beschleunigt werden. Was ich ebenfalls kritisch sehe: Anfangs wurden den Ämtern mehr Kompetenzen zugesagt, die OB forderte Mut zu Entscheidungen und neuen Wegen. Davon ist wenig zu spüren. Wenn jemand aus der Reihe fällt, weil er sich um eine kreative Lösung bemüht, wird er ziemlich rüde auf die herkömmliche Herangehensweise verpflichtet. Das schafft Frust.

Das Reform-Team im Amt der Oberbürgermeisterin ist darauf eingeschworen, das ganze als Erfolg zu tunen. Eine Reihe von Führungskräften tritt sich regelmäßig zu einem Verwaltungsreformstammtisch. Da werden alle Facetten besprochen, gute wie schlechte. Motiviert sind jedenfalls viele von uns.“

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