Kölner Hochinzidenz-ViertelStadt impft Hunderte Menschen in Chorweiler

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (4)

Hunderte Menschen bei der Impfaktion in Chorweiler.

Köln – Ein Zelt, ein Bus, zwei Ärzte und medizinisches Personal. Mehr braucht es nicht, damit sich in dieser Pandemie-Zeit einige Hundert Menschen versammeln. Kurz nachdem die Stadt am Montag den Termin und den Ort für eine erste Impfaktion außerhalb des Deutzer Impfzentrums bekanntgegeben hatte, hatten sich vor dem Impfbus auf dem Liverpooler Platz in Chorweiler lange Schlangen gebildet. „Wir hatten nicht mit einem solchen Andrang gerechnet“, sagte Christian Miller, Leiter der Kölner Feuerwehr. Gekommen war zum Beispiel Celine Köhnlein. Sie hatte alles stehen und liegen gelassen, als sie die Nachricht von ihrer Mutter per Telefon erhielt, und war mit ihrem 16 Monate alten Sohn Linus zum Liverpooler Platz gefahren. „Ich finde das super, dass hier geimpft wird“, sagte die 20-Jährige. Sie habe die Spritze nötig, weil ihr kleiner Sohn an einer Lungenerkrankung leide. „Wenn ich geschützt bin, ist er es auch.“

Noch am Freitag war es unklar gewesen, ob die Impfaktion in Chorweiler überhaupt stattfinden konnte. Die Stadt hatte zwar angekündigt, dass es von Montag an Kampagnen in Vierteln mit einer sehr hohen Inzidenz geben werde. Aber der nötige Impfstoff stand noch nicht zur Verfügung. Erst am Samstag habe das Land grünes Licht für ein Sonderkontingent an Impfstoff gegeben, sagte Miller. So kann zu Beginn der Woche nicht nur in Chorweiler geimpft werden. Es sollen auch bis Donnerstag täglich von 10 bis 18 Uhr bis zu 750 Dosen des Herstellers Moderna verabreicht werden. Zusätzlich rechnet die Stadt mit einer weiteren Lieferung von 1000 Dosen von Johnson & Johnson Mitte der Woche. Weiterhin könnte es Impfstoff aus Überhängen geben, die anderswo entstehen, so Miller. Ärzte und Personal kommen aus dem Impfzentrum, dem Rettungsdienst und von der Kassenärztlichen Vereinigung. Es fanden Kontrollen statt, um sicherzugehen, dass nur Chorweiler an der Sonderimpfaktion teilnahmen.

Chorweiler soll nur die erste Station der Aktion sein. Miller sagte, dass auch den Einwohnern in Meschenich, Mülheim, Kalk und Finkenberg so schnell wie möglich Impfangebote gemacht werden müssten. „Wir müssen die Menschen in den Stadtteilen mit extrem hohen Inzidenzwerten schützen.“ Dies sei auch notwendig, um die Lage auf den Kölner Intensivstationen zu entspannen, die sich in den vergangenen Tagen zugespitzt habe. Noch sei aber unklar, wann weitere Viertel an die Reihe kämen oder ob und wie die Impfungen in Chorweiler nach Donnerstag weitergeführt werden könnten. Dies hänge von den Impfstofflieferungen des Landes ab.

Das könnte Sie auch interessieren:

Jürgen Zastrow, leitender Arzt im Kölner Impfzentrum in Deutz, freute sich über die Aktion in Chorweiler. „Wir müssen dahin, wo es brennt“ sagte er mit Blick auf den Inzidenzwert, der im Viertel in der vergangenen Wochen bei 543 lag. Zastrow sagte, zusätzlich zu den Impfbussen setze die Stadt auf mobile Teams, die Menschen im Viertel aufsuchten und impften sowie auf die Hausärzte. In den Vierteln mit einer hohen Inzident solle es sehr bald zahlreiche Schwerpunktpraxen geben. Derzeit gebe es ein Konzept, das vom Land noch akzeptiert werde müsse.

Chorweiler soll nur erste Station sein

Im Vorfeld der Impfaktion hatte es zahlreiche Diskussionen über die Kölner Viertel mit hohen Inzidenzwerten gegeben. Im Fokus stand auch die Frage, ob Kölner mit Migrationshintergrund Treiber der Infektionen seien. So hatte offenbar RKI-Chef Lothar Wieler „Bild“ gesagt, dass besonders viele Migranten auf den Intensivstationen lägen. Chorweilers Sozialraumkoordinator Benjamin Stieb geht aber davon aus, dass es vor allem sozioökonomische Faktoren seien, die die Inzidenz im Stadtteil steige lasse. In Chorweiler lebten tausende Menschen auf engem Raum zusammen. Das Angebot vor Ort sei gut, weil nicht alle Menschen die Möglichkeit hätten, ins Impfzentrum in die Innenstadt zu fahren. „Nicht alle hier sind so mobil.“

Neuer Inhalt (4)

Lange Schlangen vor dem Impfbus

Ähnlich hatten in der Vergangenheit Experten das Phänomen versucht zu erklären. TH-Migrationsforscher Markus Ottersbach hatte im „Kölner Stadt-Anzeiger“ darauf hingewiesen, dass Menschen in sozialen Brennpunkten öfter Jobs hätten, die kein Homeoffice erlaubten oder den öffentlichen Nahverkehr nutzen müssen. Feuerwehr-Chef Miller nannte als möglichen Grund auch Sprachbarrieren.

Die Chorweiler Bürger, die zum Impfen gekommen sind, freuen sich über das Angebot. „Ich kann nicht so gut mit dem Internet und E-Mails umgehen“, sagt Rentner Metin Yilmaz (62). Die Bürokratie, die er im Impfzentrum erwarte, habe ihn abgeschreckt. „Absolut perfekt“, findet Sandra Grziwa (40) das Impfangebot. Ihre Tochter hat eine Atemwegserkrankung, die Bürokratie habe sie aber von einer Impfung bislang abgeschreckt.

KStA abonnieren