Kölner Innenstadt„Schildergasse hat sich seit 40 Jahren nicht weiterentwickelt“

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Stadtmarketing

Neu erleuchtet: die Schildergasse

Köln – Es war in doppelter Hinsicht eine Erleuchtung für die Stadt. Als am ersten Advent die neue Weihnachtsbeleuchtung über der Hohe Straße und der Schildergasse angeschaltet wurde, da war das auch ein Zeichen dafür, dass sich in dieser Stadt etwas bewegen kann. 400 Meter Beleuchtung am Stück, das gebe es in keiner anderen deutschen Großstadt, sagt Stadtmarketing-Geschäftsführerin Annett Polster.

Doch es war auch ein hartes Stück Arbeit. Nur 30 Prozent der Anlieger beteiligten sich an der Finanzierung. Kein Geld gab es zum Beispiel von der Bayrischen Versorgungskammer mit dem Domhotel und der Alten Leipziger, die das Apple-Haus vermietet. Dank eines Sonderzuschusses von der Stadt von 200.000 Euro klappte es dann doch.

Kein Geld für Weihnachtsbeleuchtung

Verantwortung für die Stadt übernehmen, da hapert es noch an vielen Stellen. „Inzwischen gibt es einige Immobilienbesitzer, die eine Vision haben und über den Tellerrand hinaussehen“, sagt Polster. Dazu zähle zum Beispiel die Aachener Grundvermögen, die zahlreiche Immobilien auf der Hohe Straße und Schildergasse besitzt. Sie hat unter anderem mit der Einrichtung eines dauerhaften Pop-up-Store auf der kriselnden Hohe Straße eine neue Initiative gestartet. „Hier brechen alte Strukturen auf. Vermieter machen sich inzwischen Gedanken darüber, wem sie ihrer Räume geben. Aber wir brauchen mehr davon.“

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Die Schwachstellen der Stadt aufzeigen

In der Serie „Köln bewegen“ wollen wir auf die Schwachstellen der Stadt aufmerksam machen, aber vor allem neue Ideen und Projekte präsentieren und Visionen für ein besseres Stadtbild aufzeigen.

Und auch am Äußeren hapert es. Helmut Schmidt, Vorstandsvorsitzender des Vereins Stadtmarketing, das sich als politisch unabhängiges Netzwerk der Kölner Wirtschaft beschreibt, fordert: „Hohe Straße und Schildergasse sind in ihrer Gestaltung seit 40 Jahren nicht weiterentwickelt worden. Da muss etwas geschehen.“ Dazu brauche es aber eine Linie, bisher arbeiteten zu viele Institutionen aneinander vorbei.

Nicht nur 1. FC Köln und Karneval

„Köln braucht eine einheitliche Marke mit einem Marketingkonzept, an dem sich alle in ihrer Ausrichtung orientieren können, damit es wirkliche Entwicklungen gibt. Es kann nicht sein, dass Köln nur mit Dom, FC und Karneval in Verbindung gebracht wird. Einst galt Köln als die Kunst- und Kulturstadt. Das hat sich leider komplett verändert und jetzt haben wir den Ruf als Partystadt.“

Vor allem in der City sei man zu lange dem reinen Profitstreben gefolgt. Besucher bemängeln in Umfragen, dass es hier zu wenig Gastronomie gebe und zu wenig Plätze um zu verweilen. Das Stadtmarketing lässt deshalb von Studenten und Studentinnen der TH Deutz Konzepte erarbeiten, wie man kurzfristig etwas verbessern kann: durch die Gestaltung von kleinen Plätzen, mehr Außengastronomie, Spielgelegenheiten für Kinder, Begrünung. Das alles sei kein großer Aufwand. Nur in Köln dauere alles immer sehr, sehr lange, so Schmidt. Der neue Gastro-Bereich im Antoniterquartier sei dagegen ein leuchtendes Beispiel, wie es richtig gemacht werden kann.

In keiner anderen Stadt solche Missstände in bester Lage

Die Zeit dränge, sagt Annett Polster, denn an einigen Stellen sei die Außenwirkung fatal. „Wir brauchen dringend eine Aufwertung zum Beispiel von so historischen Bereichen wie der Kreuzung An den vier Winden. Dass es ausgerechnet hier einen jahrelangen Leerstand gibt und dann ein Imbiss einzieht, käme in anderen Städten in 1A-Lagen nicht vor.“ In dem seit Jahren leerstehenden „Silber Becker“-Haus an der Hohe Straße/Ecke Brückenstraße ist bereits seit längerem ein Schnellimbiss eingerichtet. Geöffnet hat er bisher aber nicht.

So bleibt man oft im Klein-Klein und verliert das große Ziel aus den Augen. „Wir werden in der Innenstadt mit der Via Culturalis einen Kulturbereich haben, der größer ist als die Museumsinsel in Berlin. Dies sollten wir nutzen und die nötigen innerstädtischen Verbindungen mit ganzheitlichen Gestaltungen schaffen“, sagt Polster. Auch weitreichende Ideen wie den Vorschlag von Star-Architekt Stephan Braunfels, die Hohe Straße als Glaspassage zu gestalten, begrüßt Helmut Schmidt: „Ich finde das fantastisch. Das hat eine internationale Dimension, da muss man nun schauen, ob diese Idee umsetzbar wäre.“

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Und er bringt noch eine weitere Idee ein, um die Stadt besser zu vermarkten: Köln als Medizin- und Medizintourismus-Standort auszubauen. „Wir haben mit den städtischen Kliniken und der Uniklinik die besten Voraussetzungen, dieses Wirtschaftspotenzial zu entfalten. Dafür müssen wir aber ein Gesamtkonzept entwickeln und wichtig wäre dabei, das Klinikum Holweide zu erhalten.“

Bis es soweit ist, arbeitet Stadtmarketing unter anderem daran, dass die Weihnachtsbeleuchtung im nächsten Jahr noch weitere Straßen und Plätze erhellt.

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