Droht eine Bauruine in der Innenstadt?So geht es mit dem Laurenz-Carré am Kölner Dom weiter

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Luftaufnahme der Baustelle am Laurenz Carré

Im Zentrum der Stadt und der stadtentwicklungspolitischen Debatten: Die Baustelle am Laurenz Carré

Die Gerchgroup ist insolvent. Was bedeutet das für die umkämpfte Großbaustelle am Kölner Dom? Die wichtigsten Antworten im Überblick.

Die Gerchgroup ist insolvent. Das Unternehmen hat die drohende Zahlungsunfähigkeit am Donnerstag in einer Mitteilung bestätigt, vier Dachgesellschaften sind demnach betroffen. Auf die Planungen des Unternehmens für das Laurenz-Carré in direkter Umgebung des Kölner Doms hat die Insolvenz dem Unternehmen zufolge keine Auswirkungen. Südlich des Roncalliplatzes soll ein gemischtes Quartier mit Büros Wohnungen, Hotel und Gewerbe stehen.

Köln: Gerchgroup lässt Fragen zum Laurenz-Carré unbeantwortet

Der Bau läuft, eine riesige Baugrube klafft nur 200 Meter vom Dom entfernt. 2025 sollte das Projekt beendet sein. „Von dem Antrag auf Eigenverwaltung sind zunächst nur die Dachgesellschaften, jedoch nicht die einzelnen Immobilien-Projektgesellschaften betroffen“, heißt es vom Unternehmen. Und weiter: „Der Geschäftsbetrieb bei Gerch läuft uneingeschränkt weiter. Das Management sowie die Projektteams stehen den externen Projektbeteiligten weiter wie gewohnt zur Verfügung.“

Einen Fragenkatalog des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu möglichen Folgen für das Laurenz-Carré ließ das Unternehmen über die allgemeinen Ankündigungen hinaus unbeantwortet. Auch mehrere Vorstandsmitglieder reagierten auf mehrfache Anfrage nicht. Eine mit dem Baugebiet vertraute Person sagte: „Das wird jetzt eine Hängepartie ohne Ende, das ist total tragisch.“ Dombaumeister Peter Füssenich sagte: „Unser Interesse ist, dass der Dom irgendwann in seiner positiven Fassung erstrahlt.“ Angesichts der vielen Baustellen wie dem Dom-Hotel und dem Römisch-Germanischen Museum sagte Füssenich: „Wir wünschen uns, dass jeder einzelne dieser Bausteine zügig vollendet wird.“

Kölner Ratsmehrheit bleibt vorsichtig optimistisch

Die Ratsmehrheit aus Grünen, CDU und Volt hofft darauf, dass sich infolge der Insolvenz die Pläne sowohl für das Laurenz-Carré als auch für eine kleinere ehemalige Industriefläche der Deutz AG, auf der in Mülheim Wohnungen entstehen sollen, nicht ändern. Sabine Pakulat (Grüne), Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, sagte, sie blicke „im Grunde noch ganz hoffnungsvoll“ auf das Areal um den Dom. „Die Möglichkeiten für die Gerchgroup sind weiterhin gut, das Projekt selbst weiterzuführen oder das Grundstück zu verkaufen. Die Infrastruktur steht, die Voraussetzungen sind da.“

Die Infrastruktur steht, die Voraussetzungen sind da.
Sabine Pakulat, Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, über das Laurenz Carré

Nachdem die Gerchgroup zuletzt ankündigte, entgegen der bisherigen Planungen keine Wohnungen auf dem Laurenz-Carré zu bauen, hatte der Stadtrat interveniert. Im neu beschlossenen Bebauungsplan sind die Wohnungen festgezurrt: Insgesamt 64 sollen auf dem Laurenz-Carré entstehen, 19 davon öffentlich gefördert. Daran soll sich erstmal nichts ändern. „Es wäre nicht sinnvoll, jetzt ein neues Bebauungsplan-Verfahren zu starten“, sagte Pakulat. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass in dem Bereich, in dem die Wohnungen entstehen sollen, auf absehbare Zeit nichts passiert, dürfte durch die Insolvenz zumindest nicht niedriger geworden sein.

Gerchgroup: „Ziel ist es, alle Projekte trotz der Krise umzusetzen“

Diese Befürchtung hat auch Niklas Kienitz, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Es ist dringend notwendig, dass sich Baudezernent Markus Greitemann oder Oberbürgermeisterin Henriette Reker direkt mit der Unternehmensspitze oder den Insolvenzverwalter in Verbindung setzen. Wir wollen nicht, dass dieses Filetstück jahrelang zur Bauruine wird.“

Auch er betont mit Blick auf die Wohnungen: „Das ändert erstmal nichts, wir haben einen beschlossenen Bauplan.“ Von Greitemann hieß es bereits am Mittwoch, er halte weiter „engen Kontakt“ zur Gerchgroup. „Wir sind zuversichtlich, dass das Projekt in absehbarer Zeit wieder Fahrt aufnimmt, denn bei dem Grundstück handelt es sich deutschlandweit um ein echtes Sahnestück“, sagte der Baudezernent.

Formell hat das Amtsgericht Düsseldorf einem Antrag der Gerchgroup auf Eigenverwaltung am Mittwoch zugestimmt. Damit übernehmen Raul Taras, Holger Rhode (beide Kanzlei „Görg“) und Thomas Montag (Unternehmensberatung „Montag & Montag“) das laufende Geschäft. Der Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführer Mathias Düsterdick bleibt allerdings ebenso wie seine Vorstandskollegen im Amt, er sei weiterhin handlungs- und weisungsbefugt, heißt es vom Unternehmen. Als vorläufigen Sachwalter hat das Gericht Rechtsanwalt Jens Schmidt (Kanzlei „Runkel“) bestellt.

Branche: Gerchgroup hat sich verzockt

„Gerch verfügt über ein gutes und grundsätzlich funktionierendes Geschäftsmodell“, wird Schmidt in der Mitteilung zitiert. Er spricht von „Projekten, die in ihrer jeweiligen Lage und Konzeption als Leuchtturm-Projekte wahrgenommen werden“. Gemeint ist wohl auch das Laurenz-Carré in Köln. Aufgrund dieser Projekte sehe er gute Chancen für eine erfolgreiche Restrukturierung. Düsterdiek verkündete: „Unser primäres Ziel ist es, trotz der derzeitigen Krise in der Baubranche alle Immobilienprojekte umzusetzen.“

Ob die Gerchgroup dieses Ziel in Köln erreicht? Manch einer ist skeptisch. Die Gerchgroup habe sich verzockt, heißt es in der Branche: Vor wenigen Jahren noch sei es dank niedriger Zinsen einfach gewesen, an Geld zu kommen, um die Projekte am Laufen zu halten. Das fehle nun mit höheren Zinsen an vielen Stellen, man habe sich zu viel vorgenommen. Vielleicht auch in Köln. Auf dem Papier bleibt am Laurenz-Carré alles beim Alten. Vorerst.

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