„Es ist auch beschämend“Streit um Armenisches Mahnmal in Köln – Erste Entscheidung gefallen

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Zwölf Menschen demonstrieren mit Plakaten in der Hand um das armenische Denkmal an der Kölner Hohenzollernbrücke gegen dessen erzwungenen Abbau.

Demo gegen den erzwungenen Abbau des armenischen Denkmals an der Hohenzollernbrücke.

Am Montagabend demonstrierten rund 150 Menschen für den Erhalt des armenischen Mahnmals an der Hohenzollernbrücke. 

Am Montagabend hat sich eine Menschen-Traube linksrheinisch an der Hohenzollerngruppe gebildet. Auf dem Fuß des armenischen Mahnmals leuchtet eine Kerze, ein Weihrauchfass qualmt und bunte Blumen liegen verteilt. „Es ist ärgerlich, hier heute wieder zu stehen, es ist auch beschämend“, beginnt Maria Baumeister von der Initiative „Völkermord erinnern“ die Protestkundgebung gegen den Zwangsabbau. Sie steht unter dem Motto „#DasMahnmalbleibt“.

Das Hin und Her um die Gedenkstelle zieht sich nun schon über fünf Jahre hinweg. Die Initiative hatte das Mahnmal mit der Inschrift „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ 2018 ohne Genehmigung am Rhein aufgestellt. Seitdem besteht die Diskussion mit der Stadtverwaltung, die die Skulptur immer wieder abbauen lässt. Dabei hat die Initiative mittlerweile mehrere Beschlüsse einer Sondergenehmigung vorzuweisen. „Es geht schon lange nicht mehr nur ums Recht“, wirft Innenstadt-Bezirksbürgermeister Andreas Hupke der Verwaltung und Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Montagabend vor.

Armenisches Denkmal in Köln: Dauerhafte Lösung soll gefunden werden

Reker führte kurz vorher im Hauptausschuss auch eine hitzige Diskussion mit den Fraktionen. Grüne, SPD, Linke und FDP hatten einen Dringlichkeitsantrag gegen den Abbau des Mahnmals gestellt. Die Stadtverwaltung hatte die Initiative Ende Juni aufgefordert, die Skulptur bis zum Dienstag abzubauen. Kurz zuvor hatte der Stadtrat beschlossen, das Mahnmal temporär zu dulden. Die Verwaltung wurde in dem Zuge beauftragt, einen Dialog zu starten, um ein dauerhaftes Mahnmal zum Erinnern an den Genozid zu ermöglichen.

Alles zum Thema Henriette Reker

Der Dialog ist jedoch noch nicht gestartet, stattdessen hat ein Gericht entschieden, dass das Mahnmal abgebaut werden darf. Im Hauptschuss wurde dieses Vorgehen scharf kritisiert. OB Reker betonte, wenn ein „Kopf durch die Wand“-Verhalten wie von der Initiative einmal geduldet werden würde, würden andere bald auch so vorgehen. Die Fraktionen hingegen fänden es fraglich, dass ein solcher Antrag überhaupt noch einmal gestellt werden müsse. Immerhin war beschlossen, das Mahnmal temporär stehenzulassen. Der Begriff temporär wurde entsprechend breit diskutiert.

Am Ende wurde mit Stimmen der Grünen, Linken, FDP, SPD und Volt beschlossen, die Skulptur weiter zu dulden. Abgebaut werden soll sie erst, wenn der Dialog um die langfristige Lösung gestartet ist. Das soll nach der Sommerpause sein. Mit dem Beschluss betonte Reker noch einmal: „Wir brechen damit unsere eigenen Regeln“. Darauf könne sich am Ende keiner berufen, kommentierte Einzelmandatsträger Thor Zimmermann. Kämmerin Dörte Diemert haute darauf wütend mit ihren Handflächen auf den Tisch: „Doch, natürlich“, schimpfte sie. Und führte später aus: „Wenn die Verwaltung bestimmte Regeln über Bord wirft, begründet das eine Verpflichtung, andere Sachverhalte gleichzubehandeln.“

OB Henriette Reker: „Wir brechen unsere eigenen Regeln“

Es scheint also vor allem eine Grundsatzdiskussion zu sein. „Wir haben kein Vertrauen mehr in Reker“, sagt Ilias Uyar von der Initiative deshalb bei der Kundgebung. Mit wem die OB den Dialog um das dauerhafte Mahnmal führen wolle, fragt er sich. Trotz des erneuten Beschlusses ist er überzeugt: „Das Mahnmal ist weiter gefährdet.“ Er erntet dafür lauten Applaus von den rund 150 Anwesenden. Sie rufen gemeinsam: „Das Mahnmal bleibt“ und „Hoch die Internationale Solidarität“ im Einklang. 

Grigorios Faruk Güney fühlt sich verpflichtet, dort zu sein. Er ist griechischer Abstammung und aus Solidarität bei der Kundgebung an der Hohenzollernbrücke. „Wenn die Armenierinnen und Armenier keiner beschützt, müssen wir das tun, sonst müssen wir fürchten, bald auch nicht mehr beschützt zu werden“, sagt er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auch Jennik Bololian betont, dass eine internationale Bedeutung bestehe. „Es geht uns nur um Gerechtigkeit“, sagt sie traurig. 

Die Skulptur soll der Erinnerung an den Völkermord der Türken an den Armeniern und die deutsche Mitverantwortung in der Zeit des Ersten Weltkriegs dienen. Im Osmanischen Reich wurden 1915 und 1916 nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung mindestens 1,5 Millionen Menschen ermordet.

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