Wertschätzung für wichtige ArbeitQueeres Kölner Jugendzentrum „anyway“ feiert 25-jähriges Bestehen

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Die Feiernden halten gemeinsam ein Schild in die Höhe.

Gemeinsame Freude übers Jubiläum: Mitglieder des „anyway“-Teams sowie Unterstützer und Begleiter. Darunter Zentrums-Geschäftsführer Jürgen Piger (2.v.l.), Henriette Reker (3.v.l.), NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (Mitte) und der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, der Kölner Sven Lehmann (3.v.r.).

Seit 25 Jahren gibt es das queere Jugendzentrum „anyway“ in Köln. Das feierte das Team mit einer Party. Auch prominente Gäste waren dabei.

Es war eine bunte Party, die das „anyway“-Team zum 25. Geburtstag auf die Beine gestellt hat: Die Ecke Kameke-/Bismarckstraße, vor dem Club, wurde zur Festmeile mit Biertischen und Zelten; auch drinnen war auf zwei Etagen viel los. Das junge Team aus „anyway“-Gästen wirbelte am Getränkewagen, am Büfett sowie im Service.

Auf der Bühne sorgte das Frauen-Trio „Abends mit Beleuchtung“ für Lacher, das etwa die „Perfekte Welle“ in den Friseursalon verlegte und eine Oompah-Version des Münchner-Freiheit-Hits „Ohne Dich“ servierte. Auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker gratulierte zum insgesamt sogar 30-jährigen Engagement für queere Jugendliche, und seinem Signal. „Dass Köln den Titel der Europäischen Hauptstadt für Integration und Vielfalt gewann, ist mit Sicherheit nicht der Verdienst der Stadtverwaltung“, sagte sie.

1998 eröffnete das Jugendzentrum „anyway“ in Köln

Eine Ausstellung zeigte Meilensteine – etwa Filmprojekte, von der Coming-out-Reihe „julian – junge liebe anders“, dem aufwendig produzierten Seriendrama „Kuntergrau“ über eine Clique Kölner Jungs bis zum Kurzfilm „Zwei Gesichter“ zur Homosexualität im Fußball. Sowie die Gründung von „Trans*aktion“ 2011 – heute „Tin*spiration“ –, der Start eines Angebots für Trans- und Intersexuelle.

Auf der Kamekestraße war eine kleine Festmeile mit Zelten und Biertischen aufgebaut.

Auf der Kamekestraße war eine kleine Festmeile mit Zelten und Biertischen aufgebaut.

1993 hatte es mit den Gruppen „Bad Girls“ und „Boy Trek“ erstmals städtisch unterstützte Jugendarbeit für Lesben, Schwule und Bisexuelle gegeben. Sie erhielten so viel Zulauf, dass der Wunsch nach festen Räumen entstand; 1998 eröffnete das „anyway“. Tausende zwischen 14 und 27 Jahren kommen jährlich hierhin; seit 2021 gibt es einen Stützpunkt in Mülheim. Eine Besonderheit ist der „Coming-in-Service“: Wer sich nicht allein „über die Schwelle traut“, trifft sich an neutralem Ort mit einem Teammitglied, das einen dann begleitet.

Jugendzentrum „anyway“: Von mobiler Jugendarbeit zum eigenen Zentrum

Unter den Gästen auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sowie der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann. Alle waren sich einig: Ein Jugendzentrum wie dieses ist trotz aller rechtlich-kulturellen Fortschritte weiter wichtig – gerade heute. „Immer noch werden Ängste vor queeren Menschen geschürt, erleben wir homo- und transphobe Gewalt. Ein schlechtes Zeichen für die Entwicklung der Gesellschaft“, merkte Wüst an.

„Auch wenn es heute weitere Zentren in anderen Städten gibt, sind und bleiben wir das erste LGBT-Jugendzentrum Europas“, so „anyway“-Pressesprecher Falk Steinborn. Rund ein Drittel der Gäste komme aus dem Umland. „Wir öffnen fünf Tage in der Woche, und durch unsere höhere Altersgrenze von 27 Jahren sind wir Anlaufpunkt für spätere Coming-outs.“ Das Thema Trans- und Intersexualität werde wichtiger. Und immer noch gebe es Jugendliche, die Angst vor der Konfrontation mit ihrer Familie hätten – vor allem, wenn sie streng-religiös ist. Das könne bis zu einer Notunterbringung gehen. „Es ist nicht unser Alltagsgeschäft, aber es kommt vor.“ 

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