Ein Fehler könnte einen Kölner Unternehmer in die Pleite treiben. Die Stadt stuft neuen Escape-Room als Vergnügungsstätte ein. Die darf es laut Bebauungsplan dort nicht geben.
Kölner verzweifeltGenehmigungsstreit um Escape-Room am Ebertplatz – Investor steht vor Insolvenz

Unternehmensgründer Nastas Stolyar steht vor seinem Ladenlokal an der Eigelsteintorburg. Der Escape-Room ist in Bau, aber die Baugenehmigung fehlt.
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Nastas Stolyar (41) ist mit den Nerven am Ende. „Kommen Sie bitte rein. Schauen Sie sich alles in Ruhe an. Hier wird es keine Glücksspiele geben, keinen Alkoholausschank, keine erotischen Inhalte, keine Lärmbelästigung. Hier sollen Kindergeburtstage gefeiert werden, Schulklassen ihren Spaß haben. Wir haben jetzt schon Anfragen ohne Ende. Das Einzige, das wir mit einer Vergnügungsstätte gemeinsam haben, ist der Eintritt, den wir nehmen.“
Es ist ein Zufallstreffen auf dem Ebertplatz. An einem Dienstag, als Lokalpolitiker von der FDP auf dem Ebertplatz ihre Sichtweise über zugeparkte Rettungswege, wegfallende Parkplätze und den Bau einer Quartiersgarage erläutern. Der Kommunalwahlkampf lässt grüßen.
Der Wirtschaftsinformatiker Stoylar hat das im Vorbeigehen beobachtet, äußerst zurückhaltend bittet er um einen Moment Gehör. Zehn Minuten später steht der Reporter in einer Baustelle, einem 300 Quadratmeter großen Ladenlokal mit Zugängen zum Ebertplatz und Eigelstein, das ein Escape-Room werden soll.
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Warten auf Genehmigung des neuen Bauantrags
Das interaktive Spielkonzept, bei dem eine Gruppe in einen thematisch gestalteten Raum eingeschlossen wird und innerhalb eines Zeitlimits ein Szenario lösen muss, hat sich in Großstädten als beliebte Freizeitbeschäftigung etabliert. „Unsere Spiele sind überwiegend für Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren konzipiert. So etwas gibt es im Rheinland noch nicht. Wir werden aber auch Team-Events anbieten.“
Drei der zehn Spielräume sind fertig. Mit dem Köln-Spiel zum Beispiel könnte Stolyar sofort starten. „Wir haben am 5. Juli mit ein paar Spielern und internen Testläufen begonnen, um auszuprobieren, ob die Technik mit den vielen Spezialeffekten funktioniert. Seither kommen viele Nachfragen, wann es endlich losgeht.“
Sollte es schlecht laufen – nie. Kurz nach den Tests meldet sich die Bauaufsicht zu einer Ortsbesichtigung an. Man müsse prüfen, ob bereits ein regulärer Betrieb aufgenommen wurde. „Das ist völlig in Ordnung und für uns auch kein Problem. Die Besichtigung fand am 16. Juli statt“, sagt Stolyar. „Es gab keine Beanstandungen, weil wir uns ja noch mitten in der Bauphase befinden.“
Ein Hinweis der Baubehörde versetzt den Unternehmensgründer jedoch in helle Panik. Sein Bauantrag enthält offenbar einen entscheidenden Fehler. „Wir haben unser Projekt als Versammlungsstätte klassifiziert. Die Stadt Köln stuft Escape-Rooms aber als Vergnügungsstätte. Und die sind in dem uns betreffenden Bebauungsplan für den Ebertplatz unzulässig.“

Warten auf die Baugenehmigung: Unternehmensgründer Nastas Stolyar will am Ebertplatz einen Escape-Room eröffnen, der sich vor allem auf Kinder und Jugendliche spezialisiert.
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Das ist ein Schock für Stolyar. Die Monatsmiete liegt im fünfstelligen Bereich. Ein neuer Bauantrag ist gestellt und inzwischen bei der Stadt Köln eingegangen. Innerhalb von drei Monaten müsste darüber entschieden werden. Das ist die gesetzlich vorgeschriebene Frist. Doch die Stadt spricht in ihrem Internetauftritt von einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von vier bis neun Monaten.
Stolyar zieht die Notbremse, fährt die Bauarbeiten bis auf ein Minimum zurück. „Mir laufen die Kosten davon. Der Vermieter ist mir schon entgegengekommen. Doch lange halte ich das nicht mehr durch. Meine Frau und ich haben unser gesamtes Kapital in das Projekt gesteckt und einen Kredit aufgenommen.“ Zumal nicht einmal klar sei, ob er die Genehmigung überhaupt bekomme.
Zwei Jahre nach passendem Standort gesucht
Warum er nicht gewartet habe, bis die Baugenehmigung vorliegt? „Das funktioniert so nicht. Wenn man ein solches Objekt anmietet, muss man sofort loslegen. Sonst frisst einen die Miete auf.“
Längst ist er zum Experten für öffentliches Baurecht geworden und musste feststellen, dass bei Escape-Rooms von den zuständigen Behörden äußerst unterschiedlich betrachtet werden.
„Wir haben fast zwei Jahre nach einem passenden Objekt gesucht“, sagt er. „Fußläufig vom Hauptbahnhof zu erreichen, mit einer guten Verkehrsanbindung. Hier war vorher 13 Jahre lang ein Wettbüro von Tipster und hat dann praktisch über Nacht geschlossen.“ Mit welcher Baugenehmigung es betrieben wurde, könne er nicht mit Sicherheit sagen. „Angeblich war es nur geduldet.“
Die Familie habe den Sprung in die Selbstständigkeit akribisch vorbereitet. „Ich arbeite bei einem Versicherungskonzern, der vor einer Fusion steht, meine Frau ist promovierte Psychologin und bei Ford beschäftigt. Das sind beides keine sicheren Jobs.“
Köln Business sichert Unterstützung zu
Dass es im Großraum Köln einen Markt für Escape-Rooms gibt, hat der 42-Jährige vorab genau recherchiert. „Mein bester Freund aus München betreibt eine ganze Kette von Escape-Rooms in Süddeutschland, der Schweiz und in Österreich. Er entwickelt auch selbst Spiele. Die drei Escape-Rooms, die es in Köln gibt, sind an den Wochenenden immer ausgebucht. Wir erweitern das Angebot und spezialisieren uns auf Kinder. Die Spiele hier sind auf Deutsch und Englisch möglich.“
In einem schwierigen Umfeld wie dem Ebertplatz mit Leerständen müsse man das doch als Bereicherung sehen, findet Stoylar. Auch die Gastronomie rund um die Eigelsteintorburg werde davon profitieren. „Unsere Besucher verlassen das Gebäude und stehen auf einem Platz mit Cafés, Eisdielen und Lokalen.“
Ein neuer Escape-Room am Eberplatz sei durchaus wünschenswert, sagt Nadine Voß, bei der Wirtschaftsförderung von Köln Business für Einzelhandel, Citymanagement und Freizeitwirtschaft verantwortlich. Sie habe bereits Kontakt zum Bauordnungsamt aufgenommen, um sich über den Stand des Verfahrens zu erkundigen. Leider sei die zuständige Mitarbeiterin noch in Urlaub. „Wir hoffen, dass sich eine Lösung findet.“