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Mai-Kundgebung in KölnTausende Menschen demonstrieren für soziale Gerechtigkeit – mit Culcha Cundela und Brings

Lesezeit 4 Minuten
Zwei Frauen auf dem Heumarkt.

Für die Kölnerinnen Simel Gültekin (l.) und Stefanie Plapp ist die Teilnahme an Veranstaltungen am 1. Mai Tradition.

Die zentrale Mai-Kundgebung fand dieses Jahr in Köln statt. Die Vorsitzende der DGB richtete einen klaren Appell an die Politik.

Mehrere tausend Menschen haben sich am Montag in Köln an den Veranstaltungen rund um den 1. beteiligt. Das Motto der zentralen Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die in diesem Jahr mit einem Auftritt der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi ebenfalls in Köln stattgefunden hat, lautete „ungebrochen solidarisch“. Zunächst stand am Mittag ein Demonstrationszug von der lokalen Zentrale des DGB am Hans-Böckler-Platz aus bis zum Heumarkt auf dem Programm, wo neben politischen Redebeiträgen auch Konzerte mit Bands wie Brings, Culcha Candela sowie Sarah Lesch stattgefunden haben.

Es herrschte ausgelassene Stimmung unter den Teilnehmenden, die bei frühlingshaften Temperaturen und vereinzelten Sonnenmomenten gegen 13 Uhr an den großen vorab errichteten Bühne sowie an den zahlreich vertretenen Info- und Gastronomieständen am Heumarkt eintrafen und der Veranstaltung auch weiterhin einen eher fröhlichen Volksfestcharakter in der Innenstadt Kölns verlieh.

Ältere Menschen, Familien mit Kindern, aber auch eine deutlich sichtbare Anzahl jüngerer Menschen hatten sich vor Ort versammelt und verliehen mit Transparenten, Applaus und reger Teilnahme am moderierten Tagesprogramm ihren Forderungen immer wieder Nachdruck, wenn Rednerinnen und Redner auf der Bühne für mehr soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland appellierten. Der 1. Mai ist traditionell der Tag, an dem die Gewerkschaften ihre Forderungen an die Politik adressieren.

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Das nahm auch Yasmin Fahimi zum Anlass, den Verantwortlichen in Politik und Führungsebenen in den Unternehmen zuzurufen, dass „die Menschen es sich jetzt sowie zukünftig nicht nehmen lassen werden, für ihre Rechte einzutreten“, wie sie sagte. Von 2014 bis 2015 war sie Generalsekretärin der SPD und saß für ihre Partei im Bundestag, bis Fahimi im vergangenen Jahr zur neuen DGB-Vorsitzenden gewählt worden ist.

„Jeder Versuch, das mit möglichen Einschränkungen des Streikrechts zu unterbinden, wird von dem Menschen in diesem Land keinesfalls toleriert werden“, so die 55-Jährige weiter. Gewerkschaften seien Krisenmanager und der Kampf für Entlastungen erfolgreich. „Energiepreisbremse oder Einmalzahlungen für Rentner und Rentnerinnen, Beschäftigte sowie Studierende gäbe es ohne uns nicht“, betonte Fahimi. Dass sie selbst nicht gewerkschaftlich organisiert sind, ist für Simel Gültekin und Stefanie Plapp kein Grund, nicht an Maikundgebung teilzunehmen.

Musikalisches Programm mit Brings und Culcha Candela bei Kölner Mai-Kundgebung

Die beiden Frauen aus Köln haben an der Demonstration zum Heumarkt begleitet und finden den „politischen Teil des 1. Mai wichtig“, sagen beide. „Ich bin schon früh als Kind mit meinen Eltern zu Veranstaltungen am 1. Mai mitgenommen worden, das war so Tradition“, sagt Gültekin. Dass so viele Menschen in diesem Jahr vor seien und sich einbrächten, hält die 28-Jährige für ein gutes Zeichen“, am musikalischen Teil habe sie aber ebenfalls Spaß. Spaß in bester Manier kölscher Musik lieferten unter anderem auch die Brings ab, mit einem eigens für den 1. Mai eingeübten Variante vom „Einheitsfrontlied“ Berthold Brechts machten die Musiker dabei auch ihr politisches Interesse deutlich.

Die so interpretierte Hymne der Arbeiterbewegung brachte nicht nur alteingesessene Gewerkschafter, sondern nahezu den gesamten Platz zum Tanzen. Mitten drin und in ein rotes Gewerkschaftshemd gekleidet, war am Montag auch Frank Münch. „Seit ich 19 Jahre alt bin, gehöre ich einer Gewerkschaft an“, berichtet der 53-Jährige. „Als freigestellter Berteibsrat des Energiekonzerns „Evonik“ sei er auch bemüht, mehr Menschen dafür zu begeistern. „Es gibt viele Beispiele dafür, wie wichtig es ist, sich zu organisieren“, stellt Münch klar.

Kölner Initiative wird bundesweit auf Mai-Kundgebungen gefordert

Niedriglöhne und unsichere Arbeitsverhältnisse dürften „nicht hingenommen“, sondern müssten „in einer so reichen Gesellschaft bekämpft und abgeschafft“ werden, lautet seine Meinung. Dieser Ansicht waren die meisten Menschen auf dem Heumarkt und wurde auch vom Kölner DGB-Vorsitzenden bei seiner Rede geteilt. Von einem „starken Zeichen, das wir von Köln aus heute für eine gerechte Zukunft, einen starken Sozialstaat und eine leistungsfähige öffentliche Daseinsvorsorge setzen“, sprach Witich Roßmann. „Energiekrise, Klimakrise, Krieg in der Ukraine, hohe Inflation und die Auswirkungen der Corona-Pandemie erzeugen Unsicherheit und stürzen viele Menschen in existenzielle Sorgen“, sagte er.

Diese Dauerkrisen könnten nur überwunden werden, wenn die Gesellschaft zusammenstehe und Lösungen entwickele, die für alle Menschen gut seien – dafür stünden die DGB-Gewerkschaften ein, so der Gewerkschafts-Chef. Roßmann erinnerte auch daran, dass die Kölner Gewerkschaften bereits zu Beginn der Tarifrunde 2020 einen sozialen Lastenausgleich gefordert haben und zeigte sich erfreut, „dass diese Kölner Initiative zusammen mit der Forderung nach einer Abschöpfung der Übergewinne in diesem Jahr bundesweit auf den Maidemonstrationen gefordert“ werde.

Die Inflation belaste die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher und die Unternehmen, während die Vermögen der Reichen weiter wachsen und einzelne Branchen Übergewinne einfahren. „Das ist das Gegenteil von Solidarität“, so Roßmann. Der gemeinsame erste Mai in Köln mache ihm Hoffnung, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch weiterhin füreinander und ihre Interessen einsetzten, obwohl sich die „Welt im Dauerkrisenmodus“. Bis 17 Uhr wurde am Heumarkt bei Kölsch und Pommes Frites viel debattiert und zur Musik geschunkelt. Mit einsetzendem Regen verließ die Mehrzahl der Besucherinnen und Besucher dann kurz nach 17 Uhr den Platz und die Veranstaltung des DGB wurde beendet. (ih)

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