Erste Erfolge sichtbarSo funktioniert der Milieuschutz im Kölner Severinsviertel

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Milieuschutz

Blick auf die Severinstraße in Richtung Süden

Köln-Innenstadt – Nicht wenige haben befürchtet, die Milieuschutzsatzung im Vringsveedel könnte ein zahnloser Tiger werden. Einen ersten Einblick hat die Verwaltung nun in einer Mittelung an die Bezirksvertretung Innenstadt gegeben. 

In der Zeit vom 30. Januar 2020 bis zum 31. Januar 2022 haben Immobilien-Eigentümer 34 Anträge auf bauliche Veränderungen oder andere Nutzungen gestellt. Zehn dieser Anträge hat die Verwaltung mit Hinweis auf die Satzung abgelehnt. Fünfmal wurde dem Ansinnen nicht entsprochen, aus zwei Wohnungen eine zu machen. Auch der Abriss eines Dachgeschosses mit dem Neubau einer dreigeschossigen Maisonette-Wohnung mit Dachterrasse stieß auf Ablehnung bei der Verwaltung. Vier Genehmigungen wurden erteilt mit der Auflage, den Mietpreis zu begrenzen. In sieben Fällen wurde der Umbau gestattet, um einen „zeitgemäßen Ausstattungszustand“ herzustellen.

Informationen kamen nicht bei allen im Severinsviertel an

David Hartung, Mitglied der Initiative „Severinsviertel erhalten“, verbucht die Mitteilung als Erfolg. „Wir haben in Zusammenarbeit mit der Bezirksvertretung Innenstadt gefordert, dass die Verwaltung gründlich informiert über die Auswirkungen der Satzung. Vor allem Transparenz war uns wichtig. Das haben wir erreicht. Wenn auch nicht so umfassend, wie wir uns das vorgestellt haben.“

Alles zum Thema Severinstraße

Hartung, auch sachkundiger Einwohner im Stadtentwicklungsausschuss auf Vorschlag der SPD, schränkt allerdings ein: „Die Verwaltung macht nur, was sie nach dem Ratsbeschluss über die Satzung machen muss.“ Eine angekündigte Informationsveranstaltung der Bürger sei sie bisher schuldig geblieben. Und ein Informationsschreiben habe längst nicht alle Menschen im Veedel erreicht. „Ich wohne dort und habe den Brief nicht bekommen“, so Hartung.

Bürgersprechstunde im Stollwerck

Er verweist auf Berlin, dessen Verwaltung für ihn beispielhaft vorgeht: „Dort geht man auf die Mieter zu und hilft ihnen dabei, die Rechte durchzusetzen, die ihnen laut Satzung zustehen.“ Aber auch wenn die Verwaltung in Köln aus seiner Sicht halbherzig agiere: „Besser als nichts.“

Ein weiteres Vorhaben der Verwaltung nimmt die Initiative jetzt selbst in die Hand: Die Sprechstunde für Bürger. „Die Verhandlungen sind in vollem Gange. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden wir stundenweise einen Raum im Stollwerck zur Verfügung haben, um die Betroffenen über ihre Rechte zu informieren.“

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Ulrich Schlüter ist Vorsitzender der Immobilien-und Standortgemeinschaft Severinstraße (ISG) und vertritt in dieser Eigenschaft die Interessen der Hauseigentümer entlang der zentralen Einkaufsstraße. Er sieht sich mit den Befürwortern der Milieuschutzsatzung „in Summe einig“. Allerdings hat er auch Vorbehalte: „Wir sind schon der Meinung, dass die Eigentümer ihr Leben selbst gestalten sollen.“ Er nennt als Beispiel die Ablehnung der Verwaltung einer Wohnungszusammenlegung, „obwohl völlig plausibel dargestellt wurde, dass der Sohn des Eigentümers dort einziehen sollte“.

Es sei überhaupt nicht darum gegangen, einem Mieter die Wohnung zu kündigen. „Wir lehnen es auch ab, dass größere Blöcke in kleinere Einheiten aufgeteilt werden und dann mit möglichst großem Profit verkauft werden“, sagt Schlüter. Aber solche Blöcke suche man im Vringsveedel sowieso vergebens. „Wir haben hier eine ganz andere Eigentümerstruktur.“ Der ISG-Vorsitzende nennt den Bäcker, der im Erdgeschoss backt, im ersten Stock wohnt und die Wohnung im zweiten Stock an seinen Gesellen vermietet hat.

Airbnb-Wohnungen in der Kölner Südstadt

Im Übrigen gebe es hier auch nicht die großen Immobilien-Unternehmen, die oft am Pranger stünden. „Unser Problem ist ein anderes“, fährt Schlüter fort: „Nehmen sie die Airbnb-Wohnungen bei uns im Veedel. Dagegen hilft auch die Milieuschutzsatzung nicht. Die drangsaliert eher die, die behutsam mit ihrem Wohnraum umgehen. Immobilien müssen gepflegt werden und sich im sozialen Rahmen entwickeln dürfen. Sie müssen in Stand gehalten werden. Dazu braucht es marktübliche Mieten. Spekulation lehnen wir ab.“ 

Behutsam gingen Eigentümer vor, die an langfristigen Mietverhältnissen interessiert seien. Die auch Interesse daran hätten, dass sich die Mieter mit ihrem Veedel identifizierten. Für die hat Schlüter eine Überraschung parat: „Wir planen für Ende April ein Nachbarschaftsfest auf der Severinstraße. Die Anwohner bringen Essen, Trinken und Stühle mit und treffen ihre Nachbarn zum Gespräch. Das ist Milieuschutz.“

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