Kölner OpernsanierungWarum die Großbaustelle so komplex ist

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Die Baustelle von Schauspiel (l.) und Opernhaus

Die Baustelle von Schauspiel (l.) und Opernhaus

Köln – Nachdem Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Dienstag bekannt gegeben hat, dass die Sanierung der Oper und des Schauspielhauses erneut teurer wird und länger dauert (hier lesen Sie mehr), hat sich das Desaster rund um die Großbaustelle am Offenbachplatz erneut verschärft. Bis zu 644 Millionen Euro wird es die Steuerzahler kosten, das denkmalgeschützte Gebäudeensemble instand zu setzen. Das soll mindestens bis zum März 2024 dauern – das Opernhaus wäre bis dahin über einen Zeitraum von zwölf Jahren eine Baustelle gewesen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Warum wird das Projekt jetzt noch einmal teurer?

Nach Angaben der städtischen Bühnen sind die zusätzlichen Kosten darauf zurückzuführen, dass die neuen Planungen für die Haustechnik mehr Zeit in Anspruch genommen haben – außerdem dauert es länger als gedacht, um die Planungen auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen. Ein dritter Zeit- und somit Kostenfaktor war eine aufwendige Vergabe an die Bauunternehmen, die sich um den Einbau der Haustechnik kümmern werden. So umfasste die Ausschreibung für ein einzelnes Gewerk ganze 1400 Seiten.

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Was macht die Großbaustelle so komplex? Allein die Haustechnik – zu der die Belüftungs- und Feuerlöschtechnik zählt – besteht nach Angaben der Bühnen aus 190.000 Einzelteilen. Die Leitungen und Kabel erstrecken sich über eine Länge von 720 Kilometern. Es sind 67 Lüftungsanlagen und 15 zentrale Versorgungsschächte vorgesehen. Das Gebäudeensemble umfasst 2280 Räume. Auf der Baustelle sind insgesamt 58 Firmen tätig, die sich um 72 Gewerke kümmern. Bernd Streitberger, technischer Betriebsleiter der Bühnen, spricht von einer „nach wie vor komplexen Baustelle“. Ein externes Ingenieurbüro hinterlegte die neuen Planungen mit einem digitalen 3D-Modell.

Wie sicher ist es, dass die Opernsanierung tatsächlich gelingt? Betriebsleiter Streitberger will keine Garantie geben, dass sich die neuen Planungen für die Haustechnik auch vollständig umsetzen lassen. Er zeigt sich aber zuversichtlich und betont, dass sich das Projekt auf einem „sehr sicheren Weg“ befinde.

Wer trägt die Verantwortung für das Desaster? Die Frage der Verantwortung bleibt bis heute ungeklärt. Die Kanzlei Hecker Werner Himmelreich veröffentlichte im September 2017 zwar ein Gutachten. Die Ratsfraktionen kamen jedoch überein, dass es die Ursachen und die Verantwortung für die gescheiterte Wiedereröffnung der Bühnen und das Chaos auf der Großbaustelle in keiner Weise geklärt habe. Die zentralen Fragen seien unbeantwortet geblieben. Für Kritik sorgte auch, dass die Kanzlei selbst seit vielen Jahren an der Opernsanierung beteiligt war. Ein von der FDP gefordertes zweites Gutachten einer unabhängigen Kanzlei aus einer anderen Stadt lehnten die anderen Fraktionen 2018 ab.

Welche juristischen Auseinandersetzungen laufen zurzeit? Das zunächst für die Planung der Haustechnik zuständige Ingenieurbüro Deerns klagte zunächst gegen die fristlose Kündigung seitens der Stadt und reichte danach eine zweite Klage ein, um das noch ausstehende Honorar zu erhalten. Später verklagte die Stadt wiederum Deerns – dabei geht es um eine Erstattung der Folgekosten aus der misslungenen Sanierung. Da seit Jahren ein Beweissicherungsverfahren läuft, das noch nicht abgeschlossen ist, steht eine Entscheidung der Gerichte nach wie vor aus.

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Wie reagiert die Politik auf die erneute Kostensteigerung? „Ich bin nicht glücklich über die neuen Zahlen zur Opernsanierung“, sagte Brigitta von Bülow (Grüne). Sie hoffe, dass die jetzt vorgelegten Zahlen und Planungen belastbar seien. Die Geschichte der Sanierung gelte es unabhängig davon noch einmal gesondert aufzuarbeiten.

„Ein Tag nach den erneut schlechten Nachrichten von der Opern-Baustelle macht eine Erkenntnis Hoffnung – der Einbau moderner Haustechnik in den 50er-Jahre-Bau ist möglich“, sagte Ralph Elster (CDU). Die Ingenieure müssten jetzt endlich unter Beweis stellen, dass sie ihr Handwerk verstehen.

„Was hätten wir nicht alles an tollen Projekten mit dem Geld machen können, nicht zuletzt eine angemessene Unterstützung von Künstlerinnen und Künstlern in der Corona-Pandemie – deshalb ist für uns eine konsequente Aufarbeitung der Gründe für die ausufernden Kosten wichtig“, sagte Jennifer Glashagen (Volt).

SPD und FDP hatten die erneute Kostensteigerung bereits am Dienstag deutlich kritisiert.

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