Das Familienunternehmen Parfümerie Meller in Neuehrenfeld feiert 65-jähriges Bestehen. Ein seltenes Jubiläum in der Branche.
Seit 65 JahrenWie eine Kölner Parfümerie sich gegen die großen Ketten behauptet

Heinz Josef Meller und seine Tochter Chantal führen das Familienunternehmen.
Copyright: Alexander Schwaiger
Als Max Meller 1960 seine Drogerie in Neuehrenfeld eröffnete, da war von Parfüm nur nebenbei die Rede. Er habe eine „reiche Auswahl“ an Säuglings- und Krankenpflegemitteln, Verbandsstoffen, Spirituosen und auch einen Fotoservice, hieß es damals auf dem Werbezettel. Außerdem natürlich „Drogen und Stärkungsmittel“ – jene legalen Drogen, die den Drogerien einst ihren Namen gaben: getrocknete (niederländisch „droog“ für trocken) Gewürze, Heilkräuter und Tees. Bedient wurde im Laden am Ehrenfeldgürtel/Ecke Merkensstraße im weißen Kittel.
Sohn Heinz Josef Meller erzählt: „Ich bin in dem Geschäft und all den Düften aufgewachsen. An einem kleinen Tisch habe ich immer Hausaufgaben gemacht. Ich habe es geliebt.“ Die Eltern Max und Christel arbeiteten sechs Tage die Woche von morgens bis abends. Nur im Sommer wurden drei Wochen Urlaub gemacht. Der Sohn, Jahrgang 1964, wuchs in Neuehrenfeld zwischen Geschäft, Straßen und Plätzen auf. „Zusammen mit den Kindern von anderen Ladenbesitzern – Metzgerei, Lebensmittel, Kneipe – hatte ich eine Clique, da wurde meistens auf dem Brandtsplatz Fußball gespielt.“ Und auch mancher Unsinn gemacht. „Das wurde meinen Eltern natürlich sofort im Laden erzählt. Ihr Sohn, der Lümmel.“
1974 kam die Konkurrenz von DM und Rossmann
Diese allzu große Öffentlichkeit ließ Heinz Josef Meller zunächst zweifeln, ob er die Drogerie, die inzwischen in die Landmannstraße umgezogen war, übernehmen sollte. Zumal sich auch die Konkurrenz änderte: Die Preisbindung für Drogeriewaren wurde 1974 aufgehoben und es entstanden die großen Ketten wie DM und Rossmann. Gleichzeitig wurden die ersten Parfümerien gegründet, Goldkopf und Bataille etwa.
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Max und Christel Meller arbeiteten sechs Tage in der Woche, nur im Sommer wurden drei Wochen Urlaub gemacht.
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Der Vater sagte: „Wenn du einsteigst, dann hat es Sinn, auf Parfümerie umzusteigen.“ Denn gegen die günstigen Selbstbedienungsmärkte hatten die klassischen Läden mit ihrem Sortiment kaum eine Chance. Heinz Josef Meller entschloss sich mit 17 zur Drogisten-Ausbildung. „Da stellte ich fest, dass es noch dieselben Lehrer waren wie bei meinem Vater und dieselben Themen.“ Zum Beispiel musste er sich auch mit den Zutaten zur Weinzubereitung wie Hefe und Säuren beschäftigen. „Gerade auf dem Lande stellten die Leute ihren Wein gerne noch selber her.“ Kein Hauch von weiter Welt.

Werbezettel Parfümerie Meller
Copyright: Meller
Und es gab auch Meinungsverschiedenheiten zwischen den Generationen. Der Vater rauchte im Laden und es wurde hier auch gegessen. Man lebte halt im Geschäft. Das fand der Sohn nicht gut. Die Lösung: Der Junge bekam seine eigene Filiale. In einer ehemaligen Drogerie in Frechen eröffnete er 1988 eine Parfümerie.
Die Anfangszeiten waren nicht einfach. Denn: Wer große Marken wie Lancôme oder Dior anbieten will, der muss den Firmen zeigen, dass er dafür auch ein angemessen feines Umfeld bieten kann: Lage, Ausstattung, Look, Platz für Präsentationen müssen passen. Das bedeutet auch heute noch, dass Außendienstmitarbeiter von Weltfirmen sich den Laden anschauten. „Am Anfang machten die dann diese scheußlichen Sofortbild-Kamera-Fotos, auf denen ja alles schrecklich aussieht.“ Als Meller dann die erste Ablehnung bekam, machte er mit seiner Spiegelreflexkamera selber Bilder und insistierte, dass die Entscheidung nochmal überprüft werden sollte. „Da bekam ich tatsächlich die Zusage von der ersten Firma und konnte mich damit auch bei der nächsten bewerben.“

Die erste Drogerie der Mellers an der Ecke Ehrenfeldgürtel/Merkenstraße: Man achte auf den Zigarettenautomaten und die Werbung für den Agfa-Fotoservice.
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Meller machte sich bekannt. Und lässt im Gespräch gerne einfließen, dass er sich mit den Vertreter der Duftmarken heute längst duzt. 2012 eröffnete er eine weitere Filiale in Kerpen-Horrem und 2018 in Braunsfeld. Alles gut-bürgerliche bis gehobene Nachbarschaften. 2020 kam dann die Filiale in der Apostelnstraße hinzu. Der Start war schwierig, drei Wochen nach der Eröffnung kam der Corona-Lockdown. Meller erfand das „Duft-Taxi“, mit dem er auch heute noch Kunden beliefert. „Damit habe ich einiges aufgefangen.“
Neues Konzept in der Nähe der Ehrenstraße
Die Geschäfte in der Apostelnstraße hätten sich inzwischen gut entwickelt. Hier fährt Meller ein ganz neues Konzept. In der Innenstadtstraße in unmittelbarer Nähe zur trendigen Ehrenstraße und mit einem hohen Durchlauf auch von Touristen werden ausschließlich „Nischendüfte“ angeboten. Das sind Parfüms, die in limitierter Stückzahl von kleineren Firmen hergestellt werden. Und recht teuer sind. Nach Angaben der Hersteller vor allem wegen der hochkonzentrierten, besonders wertvollen Inhaltsstoffe. Viele Influencer bewerben die Düfte, die „fernab vom Mainstream“ sind und „polarisieren“, wie es heißt. Für Nicht-Eingeweihte sind einige dieser Parfüms sehr gewöhnungsbedürftig. Der teuerste Duft kostet über 1000 Euro – für 100 Milliliter. „Das sind Sammlerobjekte und Statussymbole“, sagt Meller.
In der Apostelnstraße werden Influencer-Düfte verkauft
In der Apostelnstraße überlässt der Chef das Verkaufen sehr jungen Mitarbeitern, die sich in der Influencer-Welt auskennen. Die erzählen ihm dann zum Beispiel, dass auch Schüler sich die mehrere Hundert Euro teuren Flacons leisten können, weil sie den Inhalt in kleinsten Mengen in Röhrchen abfüllen und an Freunde weiterverkaufen. Er sei für das alles zu „old school“, sagt Meller.
Er selbst kreiert auch Parfüms, unter anderem zwei Düfte in Erinnerung an seine inzwischen verstorbenen Eltern: für den Vater citrus-spritzig und für die Mutter rot-samtig. „Das Ergebnis hat mich total berührt und die Kunden auch. Die erinnerten sich, wie meine Mutter immer geduftet hat.“

Das Ladenlokal in der Landmannstraße
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Dass es nach 65 Jahren weitergeht mit dem Familienunternehmen Meller, ist gesichert. Mellers Tochter Chantal, ausgebildete Kosmetikerin und Visagistin, ist bereits in das Geschäft eingestiegen. Unter Druck gesetzt hätten die Eltern sie nie, sagt sie. Sie wollte gerne. „Nach Praktika in anderen Parfümerien hat sich dann bestätigt, dass es nicht nur eine vorübergehende Liebe ist, sondern etwas Dauerhaftes. Meine Interessen sind dann eben doch typisch Mädchen.“
Schräg gegenüber der Parfümerie in der Landmannstraße steht seit langem eine ehemalige Rossmann-Filiale leer. „Da könnte ich ja froh drüber sein, denken vielleicht viele. Aber das ist nicht so. Ich hätte nichts dagegen, wenn da wieder ein Drogeriemarkt einzieht, denn ich kann mich mit meinem Sortiment darauf einstellen.“ Der Leerstand dagegen schade der Straße, die er sehr mag. Er und seine Familie – Ehefrau Britta arbeitet natürlich auch im Laden – sind allerdings vor langer Zeit nach Bergheim gezogen, weit weg vom Geschäft. Seinen Kindern wollte er das öffentliche Aufwachsen im Veedel ersparen.