Oberbürgermeisterin Henriette Reker will das Dokument zur Untersuchung allen Mitgliedern des Stadtrats zugänglich machen.
Prüfbericht zur Kaufhof-ZentraleKölner Ratsfraktionen fühlen sich bei Verlängerung des Mietvertrags übergangen

Das Kaufhof-Areal an der Leonhard-Tietz-Straße
Copyright: Arton Krasniqi
Das Rechnungsprüfungsamt hat bei der Anmietung der ehemaligen Kaufhof-Zentrale durch die Stadt Köln wie berichtet drei Punkte beanstandet. Der Stadt sei durch mehrfache Umplanungen und einen deshalb bislang nicht erfolgten Einzug in das Gebäude ein finanzieller Nachteil entstanden, lautet das Ergebnis einer genaueren Untersuchung. Der Prüfbericht kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass die städtische Gebäudewirtschaft zwei Nachträge zum Mietvertrag geschlossen hat, ohne den Stadtrat einzubinden, obwohl das notwendig gewesen wäre.
Uneinigkeit über Auslegung der Zuständigkeitsordnung der Stadt Köln
Baudezernent Markus Greitemann wollte sich bei der Politik im Stadtrat am 3. April dieses Jahres die Erlaubnis einholen, den Mietvertrag vorzeitig um fünf Jahre zu verlängern. Obwohl der Stadtrat an diesem Tag keinen Beschluss fasste, verlängerte er am 4. April, also dem Tag danach, den Mietvertrag trotzdem. Das zieht Mietkosten in Höhe von 61,5 Millionen Euro nach sich. Die Prüfer halten das für einen Verstoß gegen die Zuständigkeitsordnung der Stadt Köln. Greitemann beruft sich nun darauf, diese anders auszulegen als das Rechnungsprüfungsamt. Demnach habe er aus seiner Sicht gar keinen Ratsbeschluss benötigt, um den Mietvertrag zu verlängern.
Die Frage, warum er am 3. April einen Ratsbeschluss für die Vertragsverlängerung einholen wollte, wenn er diesen doch gar nicht benötigte, beantwortete Greitemann, der Oberbürgermeisterkandidat der CDU ist, am Dienstag nicht. Er argumentierte lediglich erneut, warum er gar keinen Ratsbeschluss gebraucht habe. „Der Rat hat bereits 2021 eindeutig die Option auf zwei Verlängerungen beschlossen. Alle weiteren Vereinbarungen, die die Verwaltung anschließend mit dem Vermieter getroffen hat, bewegen sich im Rahmen des Ratsbeschlusses von 2022 und sind von diesem gedeckt“, sagte Greitemann. Zur Zuständigkeitsordnung gebe es unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Verwaltung und Rechnungsprüfungsamt. „Ich bin überzeugt, dass die Rechtsauffassung der Verwaltung richtig ist“, sagte er.
Alles zum Thema Henriette Reker
- „Größte Finanzkrise seit 1945“ Stadt Köln macht 294 Millionen Euro Verlust
- Neuer Bühnen-Direktor Mehrheit im Rat entscheidet für Bernd Fülle – Kritik an Vorgang wird lauter
- Kehrtwende in Köln Beschlussvorlage liegt vor – Rat stimmt ab, ob Spielplätze weiter Spielplätze heißen
- Sonntag auf dem Heumarkt Blau-Gelbes Kreuz lädt zum Unabhängigkeitstag der Ukraine ein
- Rückkehr der Ruderer Die Regatta „Stadtachter“ findet am Tag der „Kölner Lichter“ statt
- Nachfolge für Wasserbauer Bernd Fülle soll Interims-Direktor der städtischen Bühnen werden
- Hexenverfolgung „Früher wurden sie verbrannt, heute wird mit glühenden Messern gefoltert“
Kölner Stadtverwaltung begrüßt Klärung durch ein Rechtsgutachten
Die Stadtverwaltung äußerte sich am Dienstag auf Anfrage ebenfalls nicht konkret zur Verlängerung des Mietvertrags ohne Ratsbeschluss. Man begrüße vielmehr, dass der Prüfbericht feststelle, dass die Entscheidung zur Anmietung der Leonhard-Tietz-Straße aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Erwägungen getroffen worden sei. „In diesem Zusammenhang begrüßt die Verwaltung, dass zur finalen Bewertung noch eine rechtliche Klärung herbeigeführt werden soll“, teilte ein Stadtsprecher mit. Das bezieht sich auf ein Rechtsgutachten, mit dem eine externe Kanzlei jetzt unter anderem die vorzeitige Verlängerung des Mietvertrags ohne Ratsbeschluss prüfen soll. Oberbürgermeisterin Henriette Reker habe entschieden, dass der Bericht inklusive einer Stellungnahme der Verwaltung auch auf die Tagesordnung des Rates am 4. September gesetzt wird, um ihn allen Ratsmitgliedern zugänglich zu machen.
„Das Rechnungsprüfungsamt hat klar offengelegt: Die Anmietung der Kaufhof-Zentrale erfolgte völlig konzeptlos. Noch schwerer wiegt, dass Baudezernent Markus Greitemann bei den Nachträgen zum Mietvertrag ohne die erforderliche Zustimmung des Rates gehandelt hat“, sagte Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin. Welche Konsequenz das für die anstehende Entscheidung zur Kaufhof-Zentrale habe, werde die Grünen-Fraktion in den nächsten Tagen prüfen.
„Den Bericht des Rechnungsprüfungsamts haben wir sehr ernsthaft zur Kenntnis genommen. Dieser bestätigt, dass die Anmietung der ehemaligen Kaufhof-Zentrale in der Leonhard-Tietz-Straße wirtschaftlich sinnvoll und zukunftsorientiert ist“, sagte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau. Es sei gut, dass die unterschiedlichen Auffassungen zwischen Verwaltung und RPA in der Zuständigkeitsordnung zeitnah geklärt werden. „Ich bin ausdrücklich davon überzeugt, dass die Auffassung der Verwaltung korrekt ist und bestätigt wird. Durch das entschiedene Vorgehen hat Markus Greitemann Schaden von der Stadt abgewendet und bestätigt, dass er ein Macher ist, der Köln voranbringt“, sagte Petelkau.
Kritik am Vorgehen von Baudezernent Markus Greitemann
„Markus Greitemann hat den Rat systematisch getäuscht, dessen Entscheidungszuständigkeit gezielt umgangen und schlussendlich sogar den ausdrücklichen Willen des Rates missachtet“, sagte SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Das könne nicht ohne Folgen bleiben. Zumindest die Frage nach disziplinarrechtlichen Konsequenzen stehe auch laut dem Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamtes im Raum.
„Einen Dezernenten, der immer betont, aus der freien Wirtschaft zu kommen und gute Kontakte in diese zu pflegen, und dann einen Mietvertrag und mehrere Nachträge zu Ungunsten der Stadt und ihrer Bürger, aber zum Vorteil von Swiss Life abschließt, kann sich die Stadt nicht leisten“, sagte Linke-Fraktionsgeschäftsführer Michael Weisenstein. Die Linke fordere von der Oberbürgermeisterin, Greitemann sofort von seinen Aufgaben zu entbinden.
„Vor dem Hintergrund handwerklicher Fehler und mangelnder Transparenz haben wir der Anmietung mit dem vorgelegten Nachtrag von Beginn an nicht zugestimmt“, sagte Stefanie Ruffen (FDP). Es sei umso empörender, dass der teure Nachtrag trotz fehlender Mehrheit im Rat von Markus Greitemann einen Tag später dennoch unterschrieben wurde. „Das ist nicht nur ein Affront gegenüber dem Rat und seinen Mitgliedern, sondern auch eine grobe Missachtung demokratischer Spielregeln“, sagte Ruffen.