Kölner StadtratRatsbündnis schafft zwei Dezernate für Klima und Digitalisierung

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Die Dezernentinnen Dörte Diemert und Andrea Blome sprechen mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker während der Stadtratssitzung am Dienstag. 

Köln – Für das neue Bündnis war die Ratssitzung am Dienstag die erste nach der Unterzeichnung des gemeinsamen Vertrags – und direkt standen Grüne, CDU und Volt gemeinsam im Sturm. Der Rest des Stadtrats verwehrte ihnen geschlossen die Zustimmung für die Schaffung von zwei zusätzlichen Dezernenten und auch für die Beförderung der bisherigen Verkehrsdezernentin Andrea Blome zur neuen Stadtdirektorin.

Das Bündnis brachte den Beschluss mit seiner Mehrheit zwar durch, die Kritik der übrigen Fraktionen und Gruppen im Rat an dem „Personalkarussell“ fiel jedoch ungewöhnlich scharf aus.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Christiane Martin warb in ihrer Rede für die Aufstockung der bisherigen acht Dezernate, aus denen der Stadtvorstand besteht, auf künftig zehn Dezernate. Neu hinzu kommen „Umwelt, Klima und Liegenschaften“ sowie „Stadtentwicklung, Wirtschaft und Digitalisierung“.

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Neue Dezernate sollen Arbeitsschwerpunkte stärken

Die jeweiligen Zuständigkeiten wurden vor allem aus den Bereichen von Gesundheitsdezernent Harald Rau und Baudezernent Markus Greitemann herausgeschnitten. „Wir benötigen eine starke, schlagkräftige und agile Verwaltung“, sagte Martin. Deshalb müsse der Stadtvorstand gestärkt werden.

„Die Schaffung von zwei neuen Dezernaten ist notwendig und angemessen“, sagte Martin. Das neue Umweltdezernat solle sicherstellen, dass Köln bis 2035 klimaneutral wird und das neue Stadtentwicklungsdezernat müsse sich mit der Zukunft einer von Leerständen bedrohten Innenstadt beschäftigen.

CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau verteidigte den Beschluss des Bündnisses ebenfalls. „Die Umorganisation ist angemessen und zielführend und wird dazu führen, dass die Aufgaben schneller umgesetzt werden als bislang“, sagte er. Vergleichbare Städte wie München und Frankfurten hätten sogar noch mehr Dezernate als Köln nach der Erweiterung.

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Volt-Fraktionsvorsitzende Jennifer Glashagen betonte, dass die Besetzung der neuen Dezernaten in einem „sauberen Prozess“ ablaufen werde. „Wir finden es erstaunlich, dass eine Stadtverwaltung mit 20.000 Mitarbeitern bislang nur sieben Chefs in den Dezernaten hatte“, sagte sie. Köln benötige die zusätzliche Expertise, um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen.

SPD erinnert an die Verschlankung der Verwaltung durch Schwarz-Grün

SPD-Fraktionschef Christian Joisten erinnerte daran, dass CDU und Grüne im Jahr 2003 noch schlankere Strukturen im Stadtvorstand eingeführt hatten. „Welch ein Widerspruch zu damals ist der heutige Beschluss“, sagte er. Die SPD befürchte deutlich mehr Reibungsverluste. Das zentrale Thema Wohnen werde nun auf vier Dezernate aufgeteilt. „Das ist grob fahrlässig“, so Joisten.

Angesichts der finanziellen Belastungen angesichts der Corona-Pandemie seien zusätzliche Dezernate nicht zu verantworten. „Die bei den Bündnisverhandlungen vereinbarten Preise müssen nun wohl gezahlt werden“, sagte Joisten und sprach von einem „Postengeschacher“.

Joisten zeigte sich irritiert, dass bereits die Namen von Kandidaten für die neuen Dezernatsleitungen kursieren. „Ich hoffe, dass bei der Besetzung derselbe Maßstab angelegt wird wie bei der Neubesetzung des Schuldezernenten 2019“, so Joisten. Damals hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker das Verfahren gestoppt, nachdem der Name einer angeblich von der SPD favorisierten Kandidatin aus München kursierte. Daraufhin wurde das Verfahren neu gestartet, so dass am Ende der heutige Amtsinhaber Robert Voigtsberger zum Zuge kam.

FDP fühlt sich an Stadtwerke-Affäre erinnert

„Es ist der Stil dieses Bündnisses, Personen und Ämter vor Inhalte zu stellen – das geschieht unter dem Deckmantel der Umwelt- und Wirtschaftspolitik“, sagte Volker Görzel (FDP). In dem Beschluss gebe es keine inhaltliche Begründung für die Schaffung neuer Dezernate. Der von Petelkau angeführte Vergleich zu München und Frankfurt hinke, weil der Stadtrat in beiden Städten deutlich weniger Mitglieder habe. „Das alles erinnert an die alten Seilschaften und an die Stadtwerke-Affäre“, sagte Görzel.

Christer Cremer (AfD) sagte, dass es bislang auch ohne die zusätzlichen Dezernate gegangen sei. Auch die Berufung von Verkehrsdezernentin Andrea Blome zur Stadtdirektorin kritisierte er. „Jeder hier in diesem Rat weiß doch ganz genau, dass Stadtkämmerin Dörte Diemert die kompetenteste Dezernentin ist, aber sie steht halt nicht der CDU nahe“, so Cremer.

Thor Zimmermann von der Ratsgruppe GUT bezeichnete die Schaffung eines eigenständigen Umweltdezernats angesichts des Klimanotstands als „positiv“. „Wir verstehen aber nicht, warum neben dem bestehenden Dezernat nun noch ein zweites Dezernat für Stadtentwicklung entstehen soll“, sagt er. Die Stelle der Stadtdirektorin beziehungsweise des Stadtdirektors hätte man zudem neu ausschreiben sollen .

Oberbürgermeisterin Henriette Reker erklärte ihre Zustimmung zur Neuorganisation der Dezernate und zur Berufung Blomes. „Ich freue mich, bald eine neue Stellvertreterin zu haben und hoffe auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit“, sagte sie.

Die der CDU nahe stehende Andrea Blome wird ab dem 24. Juni Kölns erste Stadtdirektorin sein. Bislang besetzten stets Männer den zweitwichtigsten Posten im Stadtvorstand hinter der OB – zuletzt Stephan Keller (CDU), der im September 2020 in Düsseldorf als Oberbürgermeister gewählt wurde. Der neue Zuschnitt der Dezernate gilt ebenfalls ab dem 24. Juni.

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