Kommentar zum ErzbistumDie Fehler im System und das Festhalten am Amt

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Erzbischof Rainer Woelki am Dienstag in Köln.

Er kann es nur aus seinem Amt heraus besser machen. Das ist die eigenwillige Schlussfolgerung, die Kardinal Rainer Woelki aus der Lektüre des Rechtsgutachtens zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum Köln zieht.

Die jetzt erstmals eingeräumten eigenen Fehler im Umgang mit sexuellem Missbrauch - auch im Fall des mit ihm befreundeten Pfarrers O. – geraten in der künftigen Amtsführung zu einem Merkposten für die Gewissenserforschung, denn – so Woelki – auch als Priester und Bischof sei er kein besserer, sondern ein fehlbarer Mensch.

Es scheint also tatsächlich so zu sein, dass es niemanden gibt im weiten Erzbistum Köln und seiner Führungsriege, der die politische und moralische Verantwortung für ein System des Vertuschens, Verleugnens und Bagatellisierens von sexuellem Missbrauch übernimmt.

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Alle Handelnden waren Teil dieses Systems, Räder in einem großen Getriebe. Woelki will es nun besser, kontrollierter ans Laufen bringen. Das ist gut. Aber wie kann es sein, dass keiner die Schalthebel in der Hand gehabt oder das Räderwerk geschmiert haben will?

Einige der von Woelki jetzt vorgestellten Maßnahmen sind richtig und notwendig:

- 5 Millionen Euro werden für Betroffene zur Verfügung gestellt

- ein Whistleblower-System eingerichtet

- härtere Sanktionen gegen Kirchenmitarbeiter möglich

Sogar ans universale Kirchenrecht will der Kardinal heran und vorschlagen, dass sexueller Missbrauch endlich als Verbrechen an Menschen bestimmt wird und nicht nur als Verstoß gegen das Zölibatsversprechen. Diese buchstäblich perverse Bestimmung steht aber stellvertretend für ein Kirchenregime, dem Maß und Mitte und Orientierung am Evangelium abhandengekommen sind.

Auf wohlfeile Entschuldigungen hat Woelki in seinem ersten großen Auftritt nach der Präsentation des Gutachtens verzichtet. Wohlweislich. Die Phrasen und Hohlformeln nicht nur Kölner Würdenträger sind längst unerträglich geworden.

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Dass Pflichtbewusstsein nur eine andere Formulierung für das Festhalten am eigenen Amt ist, fällt für Politiker unter das kleine Einmaleins der Selbstverteidigung. Wer hätte gedacht, dass Kirchenmänner, die die Kirche sonst gern als Gegenentwurf zur Welt und zur Gesellschaft stilisieren, so gelehrige Schüler sind.

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