Die Sanierung der Mülheimer Brücke soll eine halbe Milliarde Euro kosten. Es ist ein Bauprojekt nach dem Motto pi mal Daumen, sagt unser Autor.
KostenexplosionDie Mülheimer Brücke ist mittlerweile eine zweite Oper für Köln


Die Mülheimer Brücke
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Die erneute Kostenexplosion ist nichts anderes als ein Versagen der Stadtverwaltung in Planung und Umsetzung der Sanierung der Mülheimer Brücke.
Und sie ist erst die erste der vier großen städtischen Rheinbrücken: Es kann einem angst und bange werden, wenn man daran denkt, was das für den Verkehr in der Stadt und den städtischen Haushalt bedeutet.
Weiterhin Grund zur Sorge
Angesichts der ständigen Verzögerungen und Verteuerungen wirkt diese Sanierung wie ein mehr oder weniger unkontrolliertes Unterfangen, wie eine Sanierung pi mal Daumen. Aus vier Jahren Sanierung sind elf geworden. Allein dieser Satz zeigt die Dimension des Scheiterns.
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Und schon jetzt ist klar, dass die halbe Milliarde Euro nicht ausreicht. Die Stadt spricht zwar bei der Sanierung der Nordseite von einem „erheblichen verringerten Kostenrisiko“, weil die Planer die Erkenntnisse der Südseite nutzen könnten. Das soll wohl eine gute Nachricht sein, ist aber ein Grund für weitere Sorgen. Das Ende ist nicht erreicht.

Die Sanierungsarbeiten auf der Mülheimer Brücke im September 2024
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Zumal: Was die Aussagen der Stadt zu Kostenrisiken wert sind, zeigen ihre Informationen für den Stadtrat, als das Gremium die Sanierung vor neun Jahren beschloss.
Damals setzte sie das Risiko, das noch während der Sanierung unerkannte Probleme auftreten, mit zehn bis 15 Prozent an. Deshalb schlug sie einen Risikopuffer von 15 Millionen Euro vor. Der Rat gab das Geld frei. Aus heutiger Sicht wirken die Angaben von damals wie ein schlechter Witz.
Eine zweite Oper
Man kann es nicht anders sagen: Sobald der Rat den Bau von großen Projekten genehmigt, ist er in einer Zwickmühle. Sind sie einmal begonnen, ist es schwer, sie zu beenden, wenn die Kosten mal wieder explodieren, weil das schon ausgegebene Geld verloren wäre.
Die Bühnen-Sanierung am Offenbachplatz mit Baukosten von knapp 800 Millionen Euro lässt grüßen. Seit Donnerstag ist die Mühlheimer Brücke, was das Aufreger-Potenzial betrifft, eine zweite Oper.
Muss für viele wie ein Hohn wirken
Für viele Vereine, Träger und Initiativen muss die halbe Milliarde Euro wie Hohn wirken. Sie haben angesichts der desolaten Haushaltslage der Stadt Köln teils um mittlere fünfstellige Beträge gebangt, sahen ihre langfristige Existenz gefährdet.
Und auf der anderen Seite schafft diese Verwaltung es nicht, solche Bauprojekte halbwegs im Kosten- und Terminplan umzusetzen.
Alles andere wäre kaum glaubwürdig
Ja, Teile der Mülheimer Brücke sind von 1929, andere wurden nach dem Krieg wieder aufgebaut. Und ja, sie steht unter Denkmalschutz und ist das erste Projekt dieser Art. Trotzdem sind die neuen Zahlen und Termine nicht vermittelbar.
Was man der Stadt zumindest etwas zugutehalten kann: Sie hat ihre Fehler zuletzt nicht mehr beschönigt, sondern offen davon gesprochen, nicht ausreichend genug hingeschaut zu haben. Alles andere wäre aber auch wenig glaubwürdig.
Für die Sanierung der weiteren städtischen Rheinbrücken braucht es eine neue Ehrlichkeit und eine gründlichere Planung und Umsetzung. So kann die Stadt nicht weitermachen.