Corona-Debatte in KölnDas steckt hinter dem „No-Covid“-Konzept

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Die „No-Covid“-Strategie sieht eine andere Bekämpfung des Coronavirus als bisher vor.

Köln – Der Kölner Onkologe Michael Hallek wirbt für die von ihm und einer Wissenschaftler-Gruppe verschiedener Disziplinen vertretene „No-Covid-Strategie“. Sie sieht unter anderem vor, die Inzidenz noch weiter unter den Grenzwert von 35 zu drücken. Auch Kölns Oberbürgermeisterin Reker spricht sich für die No-Covid-Strategie aus, bei der es Lockerungen erst ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter zehn gibt. Doch was bedeutet No-Covid im Einzelnen konkret? Und wie unterscheidet sich die No-Covid- von von Zero-Covid-Forderung? 

Die Strategie „No-Covid“ besteht aus drei Kernelementen: einem schnellen Absenken der Infektionszahlen in ganz Deutschland auf null; der Vermeidung des Wiedereintragens durch das Errichten sogenannter grüner Zonen – durch lokale Mobilitätskontrollen, Tests und Quarantänen; ein rigoroses Ausbruchsmanagement bei sporadischem Auftreten neuer Fälle. So soll eine weitestgehende Rückkehr zur Normalität möglich werden.

Die „No-Covid“-Initiative von 14 Wissenschaftlern schlägt in ihrem Papier vor, Beschränkungen des Alltagslebens dort weitgehend aufzuheben, wo die Pandemie unter Kontrolle ist und es 14 Tage lang keine Neuinfektionen unbekannten Ursprungs gibt. Damit gemeint sind Corona-Fälle, die keiner vorher schon entdeckten und isolierten Infektionskette zugeordnet werden können.

Alles zum Thema Henriette Reker

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Die „grünen Zonen“ sollen durch drastische Reisebeschränkungen geschützt werden: Menschen aus „roten Zonen“, in denen es lokale Infektionen außerhalb von Quarantäne oder Isolation gibt, sollen „grüne Zonen“ nicht besuchen dürfen. Die der Corona-Einschränkungen müden Bürger sollen durch die Aussicht auf „grüne Zonen“ motiviert werden, sich an die Regeln zu halten. Pendler zwischen „grünen“ und „roten Zonen“ und ihre Arbeitgeber sollen besonderen Kontrollen und Auflagen unterliegen.

Beteiligt an der Initiative sind Forscher aus mehreren Disziplinen von Medizin über Pädagogik bis Volkswirtschaft. Zu den Autorinnen und Autoren zählen neben Hallek unter anderem die Virologin Melanie Brinkmann und der Physiker Michael Meyer-Herrmann vom Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, sowie die Ökonomen Clemens Fuest und Andreas Peichl vom Münchner ifo-Institut.

Laden Sie hier das offizielle Papier mit dem Namen „Eine neue proaktive Zielsetzung für Deutschland zur Bekämpfung von SARS-CoV-2“ zur No-Covid-Strategie herunter.

Abgesehen von „grünen“ und „roten Zonen“ schlagen die Wissenschaftler drei weitere „Werkzeugkisten“ vor, die Europa den Weg zurück in die Normalität ebnen sollen. Dazu gehört eine paneuropäische „No-Covid“-Partnerschaft, um das Zonenmodell über Ländergrenzen hinaus umsetzen zu können. Das könnte nach Einschätzung der Wissenschaftler auch gelingen, sofern sich genügend gleichgesinnte Kommunen finden - auch wenn nicht alle Regierungen mitmachen.

Prof. Dr. Michael Hallek

Professor Michael Hallek

Dritter Teil des Konzepts ist eine umfassende Teststrategie mit besserer und schnellerer Kontaktnachverfolgung als bisher - inklusive der Isolation von Verdachtsfällen und Kontaktpersonen.

Der vierte Teil des Konzepts beinhaltet die Vorschläge für die Wirtschaft: So plädieren die Wissenschaftler dafür, Unternehmen möglichst flächendeckend und umfassend zur Arbeit im Homeoffice anzuhalten – ohne dies zur Pflicht zu machen. Unternehmen sollen außerdem ihre Hygienekonzepte an die Standards in der Medizin anpassen. Sofern Verschärfungen des Lockdowns notwendig werden, soll die Industrie so lange wie möglich weiter produzieren dürfen.

Die „No-Covid“-Initiative ist nicht identisch mit der „Zero Covid“-Gruppe, die einen weitreichenderen Lockdown fordert. Diese Forderung halten ifo-Präsident Fuest und die bei „No-Covid“-mitarbeitenden Ökonomen wegen der damit verbundenen immensen wirtschaftlichen Folgekosten für einen Irrweg. Sie wollen nach eigenen Aussagen im Sinne von Wirtschaft und Gesundheit agieren. Dies gehe bei „No-Covid“ Hand in Hand.

Reker

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos)

Um grüne Zonen zu etablieren, braucht es nach Ansicht der Forscher zunächst einen Lockdown bis zur Inzidenz von zehn, danach eine weitere Reduktion auf null. Der Lockdown im Frühjahr 2020 habe gezeigt, dass das funktionieren kann. „In Deutschland hatten wir im Sommer bereits eine Inzidenz von 2,5 erreicht“, heißt es im Papier. (mit dpa)

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