Neue DüngeverordnungPorzer Bauern befürchten wirtschaftliches Aus

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Jürgen Lowis (v.l.), Peter Wermes und Martin Kaupe vom AK „Drüber und Drunter“ fürchten um die Zukunft der Bauern, wenn die sorgsam Wirtschaftenden für  Sünden anderer bestraft werden. 

Landwirt Peter Wermes musste sich viel Unerfreuliches anhören, als er vor einer Woche an einer Protestveranstaltung von  Landwirten gegen die neue Düngeverordnung mitwirkte. „Ihr Bauern seid die größten Umweltsäue“, schimpfte eine Frau am Rand des Protestzuges. Landwirte  würden „nur Mist produzieren“  und „alle vergiften“,  äußerte sich ein Mann. 

Solche pauschalen Äußerungen machen den Zündorfer Bauern betroffen. Seit Jahrzehnten engagiert er sich wie viele seiner Kollegen aus dem Gebiet des Langeler Bogens  aktiv für Boden- und Gewässerschutz. Der Arbeitskreis „Drüber und Drunter“ hat durch Kooperation von Landwirten und den Rheinenergie-Wasserwerkern eindrucksvolle, mit Umweltschutzpreisen ausgezeichnete Ergebnisse erzielt. „Von unseren erfolgreichen Anstrengungen für die Wasser- und Bodenqualität wissen viele Menschen aber nichts“, sagt Wermes. Deshalb würden auch die sorgsam und umweltgerecht arbeitenden Bauern für die Fehler bestraft, die anderenorts gemacht werden.

Das gelte nicht nur für den Ruf der Bauern in den Köpfen der Bevölkerung, sagt Jürgen Lowis vom AK Drüber und Drunter. Leider nehme auch der Gesetzgeber mit der neuen Düngeverordnung die verantwortungsvoll tätigen Landwirte mit in Haft. Die Verordnung erlaube nur noch einen so geringen Düngereintrag, dass damit keine guten Ernten mehr zu erwarten seien.  Auf Basis dieser geringeren Ernten würden dann fürs Folgejahr noch rigidere Dünger-Beschränkungen errechnet.

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Gewässerschutz im Langeler Bogen

Im Arbeitskreis Drüber und Drunter übernehmen Landwirte und Wasserwerker gemeinsam Verantwortung für den Schutz von Boden und Wasser. Die seit fast 35 Jahren bestehende Kooperation führte im rechtsrheinischen Köln dazu, dass Nitrate und sonstige Schadstoffe im Grundwasser sehr deutlich zurückgingen. Gezielte, sparsame Düngung, der Kanalanschluss des Ortsteils Libur und die Sanierung von Industrie-Deponien, von denen Schadstoffe ins Wasser gelangten, trugen dazu bei. 

Agrarberater unterstützen die  Landwirte dabei, mit umweltgerechten Arbeitsweisen auch ökonomisch erfolgreich zu wirtschaften. Die Einführung des Zwischenfruchtanbaus und das  Kölner Mulchsaatverfahren  haben deutschlandweit Modellcharakter.  

Für die seit 1985 erzielten Erfolge und den Mut, in der Landwirtschaft neue Wege zu gehen, hat der Arbeitskreis  zahlreiche Umweltschutzpreise gewonnen. (bl)

www.ak-drueber-und-drunter.de

„Das ist eine Spirale, die sich zuzieht und vielen Betrieben das wirtschaftliche Aus bringen kann“, erwartet Martin Kaupe, der bei der Rhein-Energie als Leiter der zentralen Wasserwirtschaft tätig ist. In jahrzehntelanger Arbeit sei es rund um Porz gelungen, ein gutes Gleichgewicht zwischen Ökologie und Ökonomie in der Landwirtschaft herzustellen. Jahrhunderte alte Praktiken seien auf den Prüfstand gestellt, schonende Techniken eingeführt, Wasser- und Bodenschutz  optimiert worden. Und als Dank dafür, dass sie bisher schon so sparsam gedüngt haben, drohten den im Arbeitskreis aktiven Bauern jetzt existenzbedrohende Einschnitte.

Kaupe hebt hervor, dass im Bereich des Arbeitskreises die stetigen Untersuchungen stets sogenannte grüne Grundwasserkörper erbracht hätten.   Auf intensiv bewirtschafteten, riesigen Flächen beispielsweise im Münsterland wurden hingegen häufig rote Grundwasserkörper definiert. Weil die EU diese hohen Belastungen moniert, seien jetzt Gesetze zur Einschränkung auf dem Weg, die aber die Falschen mit bestraften.

„Das ist so, als säßen in einem Restaurant unter vielen normalgewichtigen Menschen zwei, drei sehr dicke, und dann würde ein Mittelwert errechnet und alle, auch die Schlanken, auf eine Radikaldiät gesetzt“, erklärt Wermes. Mit den  Restriktionen könne in Deutschland kaum noch Brotweizen angebaut werden. Dänemark habe solche Beschränkungen vor Jahren  eingeführt, nach krassem Scheitern aber wieder zurückgenommen.

Dem Landwirt zufolge leiden nicht nur die Ernten bei unverhältnismäßig wenig Dünger. Auch der Boden nehme Schaden, weil das Wasserhaltevermögen sinke und bei  trockenen Sommern  noch schlimmere Ausfälle drohten. Und nicht zuletzt werde sich die Entsorgung überschüssiger Nährstoffe, die nicht mehr auf die Felder ausgebracht werden dürften,  auf die Verbraucherpreise niederschlagen.

„Wir sehen, dass  in der Landwirtschaft Fehler gemacht wurden und teilweise noch werden. Aber wir, die wir das geändert haben, wollen nicht pauschal in Mithaftung genommen werden“, sagt Wermes. Kaupe ergänzt: „Es muss eine Differenzierung stattfinden.“ Missstände gebe es schließlich auch beim  Handel, der Erzeuger unter Preisdruck setze und  eher für billige Masse als für Klasse belohne.  Der Arbeitskreis setzt auf Information und politische  Gespräche, um den bedrohlichen Folgen der  Verordnung vielleicht doch noch zu entgehen. 

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