Köln-EilDer Sensenmann kommt – hier lernen Anfänger Mähen nach altem Stil

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 Stefan Markel zeigt den richtigen Umgang mit der Sense

Eil – Wenn der Sensenmann kommt, ist das normalerweise kein gutes Zeichen. Ganz anders verhält es sich bei Stefan Markel – das verheißt schon die arbeitsame Silhouette eines Sensenden auf seinem Anhänger. In ihm transportiert er Sensen und Zubehör, um den Grünbewuchs kürzer zu machen. Seine Fachkenntnisse gibt er gerne weiter. Beim Anfängerkurs „Mähen mit der Handsense“ auf Gut Leidenhausen vermittelt er das alte Handwerk von der Pike auf.

Mehr als festes Schuhwerk und wetterbeständige Kleidung brauchen die Teilnehmer seines Kurses nicht, um ein Gefühl für das archaische Mähgerät zu bekommen. Stefan Markel, Jahrgang 1962, bietet in seinem vierstündigen Kurs das Rundum-sorglos-Paket.

Vor Sonnenaufgang ist der beste Zeitpunkt

Fertig montierte Arbeitsgeräte stehen bereit, alle erforderlichen Utensilien wie Wetzsteine, Hammer, Amboss und Montierwerkzeug liegen zur Ansicht auf einem Campingtisch aus.

Zu Beginn lässt er seine Mäh-Novizen demonstrieren, „wie sie sich vorstellen, dass es gehen könnte“. Eine gewisse Drehung zeigen alle vier Kandidaten, mal hängt das Sensenblatt dabei weit vom Boden entfernt in der Luft, mal landet seine Spitze im Erdreich. Ein paar Grundkenntnisse sind unabdingbar, viel Übung, weiß Markel, sei eben das A und O beim Sensen.

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 „Ich mache schon richtig Meter“, meint Claudia Lemma, offenbar ein Naturtalent.

Und so spricht er über den optimalen Zeitpunkt für das Sensen, den Unterschied zum konventionellen Mähen und die erforderliche Technik. Vor Sonnenaufgang sei der beste Zeitpunkt, erklärt der Profi, im Gegensatz zum motorbetriebenen Rasenmähen solle das Mähgut noch feucht sein.

Sensenblatt muss gut geschärft sein 

Was beim Rasenmäher zu einer spinatartigen Masse führt, ist für das Kappen durch ein gut geschärftes Sensenblatt gerade richtig. Insekten werden geschont, einen „Insekten-Smoothie“, wie Stefan Markel das verheerende Ergebnis der üblichen Methode nennt, verursacht das Mähen mit der Handsense nicht – was das Sensen für nachhaltiges Gärtnern besonders interessant macht.

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Christoph Bunge probiert sich im Dengeln.

Markel selbst hat das Handwerk vor zwölf Jahren in Südtirol gelernt, drei Monate verbrachte er in den Bergen und war ausschließlich mit Sensen beschäftigt. Etwas Meditatives spricht er der Tätigkeit ebenso zu wie später auch seine Kursteilnehmer. Nach einer fachmännischen Einweisung bezüglich Fußstellung, Körper- und Armhaltung sowie dem korrekten Bewegungsablauf, begibt sich die Gruppe schließlich auf die hochgewachsene Wiese am Parkplatz Hirschgraben und versucht, den berühmten „Schwung“ umzusetzen.

Praktisch auch für für Pferdebesitzer

Pferdebesitzerin Claudia Lumma hat den Bogen als Erste raus. „Wo Gras wächst, was die Pferde nicht mögen, trampeln sie die Weide platt“, erklärt sie. Die besagten Stellen mit der Sense zu mähen, hält sie für die beste Lösung des Problems. Im Internet hat die Dortmunderin den Kurs auf Gut Leidenhausen gefunden, die Fahrzeit nimmt sie für den Lehrgang beim Spezialisten gern in Kauf.

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Das Naturerlebnis Sense  vermittelt Stefan Markel noch an weiteren Samstagen auf Gut Leidenhausen. 

Jürgen Kersting aus Porz lernte das Landleben als Kind auf dem Bauernhof eines Familienzweigs in Iserlohn kennen, Kurse wie Survivaltraining und Spurensuche liegen bereits hinter ihm. Er wolle insgesamt wieder zur Natur zurückgehen, „den Wahnsinn mit den Maschinen will ich nicht weitermachen“, sagt er. Christoph Bunge absolviert den Mäh-Kurs, damit er eine um die Ecke gelegene Wildwiese pflegen und den Naturschutzbund (NABU) unterstützen kann. Andreas Witt, Lehrer am Hölderlin-Gymnasium in Mülheim, verfolgt ein ähnliches Ziel. In Absprache mit dem Grünflächenamt legte er im gegenüber der Schule gelegenen Stadtpark eine Wildwiese an, nun soll sie auch nachhaltig gemäht werden.

"Das Dengeln ist das Entscheidende" 

Ein Muss für bestmögliche Mähergebnisse ist die individuelle Einstellung der Sense. Stefan Markel erklärt, wo der obere und untere Griff des „Baum“ genannten Sensengriffs sitzen müssen, um den optimalen 30-Grad-Winkel zum Boden zu ergeben, wie geschärft oder im Fachjargon „gedengelt“ wird, und was es mit dem beständigen Wetzen des Sensenblattes auf sich hat. „Das Dengeln ist das Entscheidende“, betont er.

Auch darin probieren sich die Sensen-Neulinge aus: Mit Hammer, Amboss oder dem einfacher zu bedienenden Schlagdengler, einer Kombi aus beidem, versuchen sie das Blatt zu glätten. Gewetzt wird es nur, um die Schneide während des Sensens immer wieder aufzurichten. Ein Exkurs über die Verwendung verschiedenster Blätter vervollständigt die Einführung in das Handwerk, „Sensenblätter“, so Stefan Markel, „sind Spezialisten.“

Seine aus Stahl geschmiedeten Mitbringsel weist er den verschiedenen Vegetationen zu. Kürzere Blätter sind für Forstkulturen und Buschwerk, Wildwuchs oder die Verwendung unter Zäunen geeignet, für das Mähen einer Wildblumenwiese empfiehlt er eine Blattlänge von 60 bis 75 Zentimetern.

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Im Montieren von Baum und Blatt sind die Teilnehmer gegen Ende des Kurses bereits recht versiert, sie halten und schwingen die Sense fast schon mit Andacht, der anfängliche Kampf mit der Technik scheint überwunden. „Wo ich das Sensen gelernt habe, machen das die alten Leute“, resümiert der Sensenmann, „zum Sensen braucht man nämlich nicht Kraft, sondern die richtige Technik.“  

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