Ein Stein aus der Westhovener Ziegelei stand sinnbildlich für die Industriegeschichte des Porzer Stadtteils. Zuschauer machten per Foto-Schau eine Zeitreise.
Lkw aus WesthovenFoto-Nachmittag zeigt Industrie-Vergangenheit des Porzer Stadtteils

Autor Peter Ohren (links) überreicht Jörg Pfennig einen Ziegelstein aus Westhovener Produktion, der einst in die Domplombe eingebaut war.
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Einmal von Westhoven zum Dom und wieder zurück – das ist eine historisch bemerkenswerte Reise, für die ein Ziegelstein 70 Jahre gebraucht hat. Der unscheinbare Ziegel stammt aus der Produktion der ehemaligen Westhovener Ziegelei, die bis 1958 auf dem späteren Citroën- Gelände in Betrieb war. Er wurde mit vielen anderen Steinen im Jahr 1943 nach einem Bombentreffer am Nordturm des Kölner Doms in aller Eile dorthin geschafft und in die berühmte Domplombe eingearbeitet, die den Turm jahrzehntelang gestützt hat. Als diese Hilfskonstruktion vor 20 Jahren durch ein originalgetreu gestaltetes Fassadenbauwerk ersetzt wurde, gelangten die einst verwendeten Ziegel als Souvenirs in den Verkauf und Peter Ohren bekam einen geschenkt. Den überließ der Ensen-Westhovener Autor jetzt der Bürgervereinigung für ihre historische Sammlung.
Zeitreise in die Vergangenheit Westhovens im Engelshof
Die Geschichte von der Reise des Steins passte wunderbar in den Bildervortrag „fotografischer Spaziergang durch die Westhovener Industriekultur“, zu der die Archivabteilung der örtlichen Bürgervereinigung zahlreiche Gäste im Engelshof begrüßte. Jörg Pfennig moderierte den Nachmittag, bei dem die enormen Veränderungen des Rheinortes auf vielfältige Weise deutlich wurden. Anhand von Luftaufnahmen aus dem Jahr 1953 wurde ersichtlich, wie wenig besiedelt Westhoven zu jener Zeit war. Die großen neuen Wohngebiete, der Autobahn-Anschluss und weite Teile der heutige Gewerbebauten existierten noch nicht.

Auf dem späteren Citroen-Gelände stand einst die Westhovener Ziegelei, direkt davor war der Fußballplatz
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Westhoven hatte damals knapp 5000 Einwohner, derzeit sind es mehr als 13.000. Was auch immer am nördlichen Rand des Ortes gebaut werden sollte, musste vor dem Hochwasser geschützt werden, das bei Rhein-Überflutungen von den Auen her auf den Ort zuströmte. So wurde zur Anlage des Westhovener Friedhofs eine gewaltige Erdaufschüttung getätigt, und beim Bau des Wohnparks errichtete man die bis zu 16 Stockwerke hohen Häuser auf Stelzen.
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Mannesmann, Massey Harris und Multiblitz
Die ersten großen Industrie-Ansiedlungen im Westhovener Norden waren bemerkenswert. Die umtriebige Ingenieurs-Familie Mannesmann betrieb hier von 1910 bis 1918 eine Munitionsfabrik, die Mannesmann Mulag Lkw-Fabrik war von 1860 bis 1928 ansässig, Landmaschinen von Massey Harris wurden zwischen 1929 und 1957 produziert. Multiblitz stellte seine revolutionären Blitzgeräte für die moderne Fotografie von 1948 bis 1984 hier her, Citroën betrieb seine Deutschland-Zentrale von 1957 bis 2013 in Westhoven und Stollwerck hatte seine Schokoladenproduktion aus dem Linksrheinischen hierher verlegt.
Jörg Pfennig nahm die Gäste mit auf eine Zeitreise, bei der klar wurde, dass das Wachsen und Vergehen großer Industrien nicht zuletzt vom politischen Zeitgeschehen in Deutschland und der Welt geprägt wurde. Wie Citroën in die ehemaligen Mannesmann-Hallen einzog, wie dort die in Frankreich gebauten Fahrzeuge für den deutschen Markt umgerüstet und dann an deutsche Händler ausgeliefert wurden, war spannend zu erfahren. Bahnanschlüsse spielten eine unverzichtbare Rolle und sehr gemächlich war der Verkehr auf der Kölner Straße, als dort die Straßenbahnlinie noch unbeschrankt die Fahrbahn kreuzte.

Bis zur Robertstraße reichte mitunter das Rhein-Hochwasser. Zum Schutz wurde dort ein Wall aufgeschüttet.
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Eindrucksstarke Fotos gab es vom Bau der Autobahnzufahrt und Verbreiterung der Rodenkirchener Brücke. Und auch das Wachsen der beiden großen, örtlichen Sportvereine, die in unmittelbarer Nähe der Industrieeinrichtungen ihre Plätze und Bauten hatten, wurde in Erinnerung gerufen. Wo einst die großen Industrie -Produktionsstätten waren, sind beidseits der Kölner Straße jetzt mehr als 100 unterschiedliche Firmen angesiedelt, der Standort ist in Bewegung und entwickelt sich weiter. Die Archivabteilung der Bürgervereinigung plant für September eine Postkarten Ausstellung, ein Schwerpunkt dabei ist die einst hoch frequentierte Gastronomie am Westhovener Rheinufer. Wer aus der Bewohnerschaft des Ortes dazu Informationen oder alte Dokumente beitragen kann, möge sich an die Archivabteilung wenden.