Warum Bahnpendler in diesen Tagen in Köln dringend Seelenmassage brauchen.
Satirischer WochenrückblickBloß keine Routine


Die meisten Regionalzüge werden in den kommenden zwei Wochen um den Hauptbahnhof einen Bogen machen. Foto: Uwe Weiser
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Aus gegebenem Anlass müssen wir mit Blick auf die kommenden Wochen ein wenig Bahnpendler-Seelenmassage betreiben. Um alle, die im Großraum Köln nicht zu dieser bedauernswerten Spezies gehören, beginnen wir mit ein paar Begriffen, die sie regelmäßig in den Wahnsinn treiben: Verspätung aus vorheriger Fahrt, Verspätung eines vorausfahrenden Zuges, umgekehrte Wagenreihung, kurze Wende, verspätete Bereitstellung, Überholung durch den Fernverkehr, Signalstörung, Weichenstörung, Stellwerkstörung, Personen im Gleis oder Warten auf den Zugflügel, wahlweise Flügelzug.
Das Schlimmste jedoch ist: Schienenersatzverkehr. Abgekürzt SEV. Genau der trifft ab Montag für zwei Wochen jeden, der mit der Bahn zur Arbeit nach Köln fahren oder es verlassen muss. Und zwar in einem Ausmaß, von dem die Baufreaks unter den Eisenbahnern mit stolzgeschwellter Brust sagen: Sowas hatten wir rund um Köln in der Geschichte der Eisenbahn noch nie und erfreuen alle, die sich damit abfinden müssen, mit einer Horrorzahl. Einhundert Busse sollen die Züge ersetzen, die nicht gestrichen werden konnten. Rund 700.000 Kilometer werden sie binnen zwei Wochen auf den Straßen rund um Köln zurücklegen, damit der Bahnpendler auch mal spürt, wie sich das anfühlt, mit einem Bus im Stau zu stehen.
In den ersten Tagen darf der Schienenersatzverkehrsnutzer an den großen Bahnhöfen auf die Unterstützung von Reisenden-Lenkern hoffen, die ihn auf der Suche nach den Ersatzbussen unterstützen, weil die natürlich nicht immer direkt am Bahnhof abfahren können. Nach dieser Eingewöhnungsphase müssen sie sich selbst zurechtfinden und werden bis dahin hoffentlich verstanden haben, dass der Reisenden-Lenker nicht mit dem Busfahrer zu verwechseln ist. Der Busfahrer fährt, der Reisenden-Lenker braucht keinen Führerschein und kann an den kleineren Stationen in der Regel ganz ohne Einsatz von Künstlicher Intelligenz durch Fußabdrücke, Piktogramme und Pfeile auf dem Boden ersetzt werden.
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Wenn der Pendler dann noch verstanden hat, dass es Expressbusse und normale Busse gibt, die sich darin unterscheiden, dass sie ohne Zwischenstopp von Erftstadt nach Köln fahren oder alle Bahnhöfe abklappern, die an der Strecke liegen, hat sich das Deutschlandticket schon bezahlt gemacht und ist das SEV-Diplom nicht mehr weit.
Damit bloß keine Routine einkehrt, werden beim SEV gern auch ein paar Schmankerl eingebaut. Dafür sind diesmal die Kölner Verkehrs-Betriebe zuständig. Nach dem Motto „Was die große Bahn kann, können wir auch“ tauschen sie zwischen dem Ebertplatz und Niehl drei Wochen lang fünf Weichen zwischen dem Ebertplatz und Niehl aus und richten dafür ab Montag einen eigenen Mini-SEV ein. Mit Bussen, aber ohne Reisenden-Lenker. Schließlich hat man es ja mit SEV-Profis zu tun.