69 Prozent der Befragten sind nicht zufrieden mit der Leistung von Reker. Die OB zeigt sich „betrübt“, äußert Selbstkritik – und erklärt die Werte.
„Bin Projektionsfläche für alles“Henriette Reker reagiert auf schlechte Umfragewerte im Köln-Check

Oberbürgermeisterin Henriette Reker beim Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ im Januar.
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Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hat „betrübt“, aber „nicht überrascht“ auf die Unzufriedenheit der Kölner mit ihrer Arbeit reagiert. Reker sagte zu den am Wochenende veröffentlichten Ergebnissen des Köln-Check: „Mir ist bewusst, dass ich die Projektionsfläche für alles bin, was in unserer Stadt nicht funktioniert. Mir rechnet man jede defekte Rolltreppe an.“
Die repräsentative Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag von „Kölner-Stadt-Anzeiger“ und „Kölnische Rundschau“ ergab, dass ein Großteil der Kölnerinnen und Kölner unzufrieden mit Rekers Arbeit und der Stadtverwaltung ist. Zum Ende ihrer zehnjährigen Amtszeit zeigten sich zwei Monate vor der Kommunalwahl am 14. September 69 Prozent der Befragten als weniger beziehungsweise gar nicht zufrieden mit der Leistung der Oberbürgermeisterin. Vor acht Jahren waren nur 37 Prozent mit ihrer Arbeit unzufrieden. 78 Prozent sagten das über die Verwaltung.
Kölns OB Henriette Reker äußert Selbstkritik
„Selbstkritisch stelle ich fest, nicht alles erreicht zu haben, was ich mir vorgenommen hatte, aber ich konnte auch wesentliche Verbesserungen erzielen“, sagte Reker und nannte beispielsweise den Schulbau. Die 68-Jährige tritt am 14. September nicht erneut zur Wahl für das Oberbürgermeister-Amt an. „Ich bedaure, dass die vielen Verbesserungen nicht schneller spürbar sind – aber ich bin überzeugt, dass meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger auf einer tragfähigeren Verwaltung aufbauen kann, als ich sie damals vorgefunden habe.“
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In Metropolen würden gesamtgesellschaftliche Probleme spürbarer als auf dem Land, wie ein Blick auf den Neumarkt offenbare. Am Neumarkt zeigen sich viele der Probleme, die Befragte des „Köln-Check“ als die größten der Stadt ausmachten. Darunter mit großem Abstand an erster Stelle der Verkehr, auch Vermüllung, Kriminalität, und eine ausufernde Drogenszene.
Die Erlebnisse von Anwohnern, Geschäftsleuten und Passanten an innerstädtischen Plätzen wie dem Neumarkt rufen starke Gefühle hervor. Das polarisiert. Die Entwicklung dieser Orte zeigt die Herausforderungen der Stadt und Demokratie auf.
„Beliebtheit ist flüchtig – aber Rückgrat bleibt“, setzte Reker dem entgegen. „Wer in Köln zehn Jahre Verantwortung trägt, wird nicht an seiner Beliebtheit gemessen, sondern an seiner Standhaftigkeit in schwierigen Zeiten.“
Aussichtsreichste OB-Kandidaten sehen Vertrauen in Köln verloren
Die Umfrage zeigte, dass Rekers Chance, erneut gewählt zu werden, auch nicht hoch gewesen wären. 2015 und 2020 unterstützten die parteilose Reker noch CDU und Grüne. Von den Anhängern der Grünen erhielt sie jetzt noch relativ viel Zustimmung (47 Prozent), von den Anhängern der CDU (29 Prozent) gerade einmal so viele wie bei der SPD (28 Prozent) – die im Gegensatz zur CDU 2020 mit einem eigenen Kandidaten in die Wahl gegangen war.
Sie sei nicht gewählt worden, um „Wohlfühlpolitik“ zu machen, „sondern um in einer wachsenden Metropole Strukturen zu modernisieren, Missstände zu benennen und Veränderungen anzustoßen – auch wenn das unbequem ist.“
Die aussichtsreichsten drei Kandidaten für Rekers Nachfolge, Berivan Aymaz (Grüne), Torsten Burmester (SPD) und Markus Greitemann (CDU), sprachen angesichts der Umfrageergebnisse alle drei von einem Vertrauensverlust. Der sollte für alle Demokratinnen und Demokraten ein Warnsignal sein, sagte Aymaz.