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Comedian Johann König„Ich hatte immer vor, ein Hühnchen im Garten zu schlachten“

Lesezeit 8 Minuten
Johann König steht in einem blauen Hemd vor einer grauen Wand.

Johann König ist aktuell mit einem neuen Solo-Programm auf Tournee. Zudem ist sein neues Buch erschienen. 

Johann König ist einer der erfolgreichsten Comedians Deutschlands. Im Interview spricht er über Hühner-Haltung, seinen Umgang mit Hass-Kommentaren und Karneval.

Herr König, Sie sind mit einem neuen Solo-Programm auf Tournee. Es heißt „Wer Pläne macht, wird ausgelacht“. Was ist denn an Plänen so falsch?

Johann König: Das ist etwas, das wir in der Corona-Zeit gelernt haben. Man macht große Pläne für die nächste Woche, und dann gibt es einen zweiten Strich auf einem Test-Stäbchen, und alles ist über den Haufen geworfen. Das gab es ja permanent. Ich hatte während des Lockdowns Auftritte in Berlin und in München, da wollte ich unbedingt hin. Dann war meine Tochter positiv. Da habe ich mich aus dem Haus geschlichen. Das war ein unangenehmer Moment.

Sie haben gerade auch ein neues Buch veröffentlicht. Darin beschreiben Sie, dass Ihnen als Bühnenkünstler die Corona-Pandemie zu schaffen machte. Wie sind Sie durch diese Zeit gekommen?

Gut, aber es hat mich schon gestresst. Ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, dass ich mal eine Gefahr bin, wenn ich vor Leuten stehe und spreche. Ein Beruf ist identitätsstiftend, das ist das, was mich zum großen Teil ausmacht, was ich liebe und wovon ich lebe. Wenn das wegfällt, macht man sich natürlich Gedanken. Aber ich hatte Fernsehauftritte, die haben mich gerettet. Das ist natürlich das Privileg gegenüber vielen anderen Kollegen.

Aber ist es für einen Komiker nicht schwierig, wenn man keine Resonanz vom Publikum erhält?

Ja, das ist ganz schrecklich, ich war bei Dieter Nuhr und habe dort in eine Kamera gesprochen. Da saß niemand, man muss sein eigenes Timing entwickeln. Ohne Publikum ist das eigentlich nicht möglich. Mir war klar, wenn ich nie mehr vor Publikum auftreten darf, werde ich diesen Beruf nicht weitermachen. Das ist ja ein Austausch von Energien und Liebe. Wenn man in eine Kamera spricht, spüre ich nichts.

Heute kann man so gut wie jeden Auftritt in sozialen Medien sehen und bewerten. Lesen Sie die Kommentare?

Ich will das nicht wissen. Es passiert nichts, wenn man das ignoriert. Es hat keine negativen, sondern nur positive Auswirkungen, weil man keine Magenkrämpfe kriegt. Wenn man sich das alles durchliest, wird man schlecht gelaunt, wenn man sich das nicht durchliest, bleibt man so gelaunt wie man war. Aber man muss schon stark sein. Ich lese keinen einzigen Kommentar durch, und darauf bin ich sehr stolz, denn das können wirklich die wenigsten.

Sie haben das wirklich noch nie gelesen?

Ich habe einmal den Fehler gemacht. Da hatte ich einen Shitstorm, weil ich etwas über Tiertransporte gemacht hab, was die Leute nicht so richtig verstanden hatten. Dann habe ich mir 1000 Kommentare durchgelesen. Wenn man das macht, denkt man, ich gehe aus dem Haus und werde angepöbelt. Aber das ist nicht so. 1000 Kommentare auf Deutschland verteilt sind gar nichts. Niemand pöbelt mich deswegen an. Das Gefühl ist falsch. Darum plädiere ich für Ignoranz. Ich merke, dass man diesen Kommentier-Sumpf austrocknet, wenn die Leute merken, da kommt nie etwas zurück, er ärgert sich über gar nichts. Dann hören sie irgendwann auf. Natürlich muss man die Deutungshoheit über seine Kunst behalten, aber ich habe das im Griff.

Einmal wurden Sie von einem Vater in Nippes im Bio-Supermarkt beschimpft. Ist das schlimmer?

Ja, das war richtig schlimm. Das war zum ersten Mal, dass ich persönlich angegangen wurde.Das hat mir zu schaffen gemacht. Er hat gesagt, wir kriegen dich und hat mich beschimpft. Er war ein extremer Querdenker. Wenn solch eine Beschimpfung in die echte Welt gerät, macht das was mit einem. Da war ich ein bisschen ängstlich und habe schlecht geschlafen. Aber das hört irgendwann auf. Das war noch nichts, womit man zur Polizei gehen kann, sobald es so weit geht, muss man natürlich eingreifen. Aber dafür bin ich nicht provokativ genug.

Sie waren mit Ihrem Cousin, der in der Corona-Zeit schwierige Thesen vertrat, auf einem Grillfest von Impfgegnern. Bringt das was?

Also in dem Fall hat es nichts gebracht. Die haben alle gar nicht mehr grundsätzlich diskutiert, weil sie alle einer Meinung waren: Impfen ist die Pest,es gibt keine Viren. Als rauskam, dass ich geimpft und quasi von der Gegenseite bin, haben sie mich rausgeschmissen. Ich habe vorher gedacht, das istein intoleranter Haufen mit einem rabiaten Freiheitsverständnis. Und genau das hat sich bestätigt. Jemanden rauszuschmeißen ist die Spitze der Intoleranz.


Johann König (50) steht seit mehr als 20 Jahren auf der Bühne und gehört zu den erfolgreichsten Comedians Deutschlands. Aktuell ist er mit seinem neuen Programm "Wer Pläne macht, wird ausgelacht" auf Tournee. Er lebt mit seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern in Nippes. Am 22. Februar 2024 tritt er in der Stadthalle Köln in Mülheim auf. Hier gibt es Tickets. Zudem ist gerade sein neues Buch „Familie macht glücklich, das muss man sich nur immer wieder sagen“ (Lübbe, 14 Euro) erschienen.


Viele Menschen haben ähnliches im Freundes- oder Familienkreis erlebt. Wie gehen Sie damit weiterhin um?

Ich liebe meinen Cousin, das hat uns zerrissen am Ende. Man hat irgendwann das Thema komplett ausgespart, was ja auch komisch ist, wenn man über das beherrschende Thema nicht spricht. Und jetzt reden wir nicht mehr über den Krieg, weil er auch da eine komische Meinung hat. Ich bin eingetaucht in die Querdenker-Szene, war jeden Tag bei Telegram, habe mir das alles reingezogen, um zu wissen, womit er zugeballert wird. Aber da wird man bekloppt.

Haben Sie manchmal das Gefühl, auf der Bühne politischer werden zu müssen bei den vielen drängenden Themen? Oder geht es Ihnen in erster Linie darum, die Leute zum Lachen zu bringen?

Ich habe immer versucht, die Leute zum Lachen zu bringen. Ich glaube aber, dass sie merken, welche politische Einstellung ich habe. Das scheint irgendwie durch, ich möchte das jedoch nie erklären. Ich habe eine Nummer über das Tempolimit, sage aber nicht, ich bin dafür oder dagegen. Das sollen die Kabarettisten machen. Sie erklären die Welt, ich scheitere an der Welt. Warum soll ich meine Haltung zum Krieg oder zum Klimawandel erklären? Ich bin kein Kabarettist.

In Ihrem Buch berichten Sie auch von den Hühnern, die Sie seit einiger Zeit halten. Das ist ja das neue Trend-Tier. Wie kam es denn dazu?

Ja, ich bin nebenberuflich Trendsetter. Ich habe auch gehört, dass viele Menschen nun diese Tiere haben. Das ist aber reiner Zufall. Wir haben Hund und Katze abgeben müssen wegen Allergien. Im Lockdown war das blöd, weil die Kinder keine anderen Kinder treffen durften. Ich hörte, man kann Hühner leihen und dachte, das ist super, weil man die wieder abgeben kann. Aber Kinder bauen sofort eine Beziehung auf zu dem Tier, es kriegt einen Namen, mit ihm wird geschmust. So einen tränenreichen Abschied habe ich noch nie erlebt. Dann erfuhren wir, dass man Hühner selbst ausbrüten kann - und jetzt haben wir Hühner.

Ich fahre auf der Autobahn zum Beispiel auch mal 180, aber ich wähle immer eine Partei, die wie ich für das Tempolimit ist
Johann König

Und was lernt man so als Hühner-Besitzer?

Wir wohnen jetzt mit Bauernhof-Tieren in der Stadt, haben Eier aus dem eigenen Garten. Wir haben ein anderes Verhältnis zum Lebensmittel Ei. Wir können keine Eier mehr im Supermarkt kaufen, haben ein anderes Verhältnis zum Hühnerfleisch. Bevor wir Hühner hatten, hatte ich immer vor, ein Hühnchen im Garten zu schlachten. Ich wollte, dass die Kinder sehen, wieviel Gewalt nötig ist, bevor man Fleisch isst. Aber dann sind die Kinder von selbst Vegetarier geworden.

Wie sehr beeinflussen Gespräche mit Ihren Kindern Sie in solchen Fragen?

Wir reden viel über Tierwohl, über Umweltschutz. Natürlich leben wir alle nicht komplett so, dass es gut ist für den Planeten. Was die Kinder an Stromverbrauch haben mit ihren Endgeräten, ist auch eine Umweltbelastung. Ich fliege tatsächlich nicht mehr seit vier Jahren. Das hat sich einfach so ergeben, aber ich würde das nie auf der Bühne erzählen, um zu zeigen, dass ich ein besserer Mensch bin. Ich fahre auf der Autobahn zum Beispiel auch mal 180, aber ich wähle immer eine Partei, die wie ich für das Tempolimit ist. Ich möchte, dass es mir verboten wird. So funktioniert der Mensch.

Sie haben ein Wochenendhaus im Bergischen Land und sind begeisterter Pilz-Sammler. Sie haben sich das alles selbst beigebracht. Haben Sie keine Angst, auch mal den falschen zu erwischen?

Nein, ich bin generell ein angstfreier Mensch. So war ich schon als Kind. Ich vertraue mir, ich vertraue anderen Menschen schnell. Ich habe mittlerweile schon 30 unterschiedliche Pilze gegessen. Jedes Jahr versuche ich, dass einer dazukommt. Das ist für mich wie ein Computer-Spiel. Die schießen aus dem Boden, sind plötzlich da, man muss ganz schnell sein, kann dabei aber auch sterben. Beim Pilze sammeln komm ich runter, da kann man an nichts anderes denken, weil es ja auch wirklich gefährlich ist.

Sie leben schon sehr lange in Köln. Sind Sie mittlerweile Kölner?

Ja, klar. In meinem Pass steht Geburtsort Soest, aber meine drei Kinder sind in Köln geboren. Ich habe ein Lied geschrieben, in dem ich meine Liebe zu Nippes besinge, das würde ich gerne Weiberfastnacht auf dem Wilhelmplatz singen: „Ich bin zwar nicht hier geboren, aber mein Herz hat dich auserkoren und meine Kinder sind schon hier geboren.“ Es ist schon eine Liebe zum Viertel da.

Und was nervt Sie an Köln?

Gar nichts, alles super. Ich fahre auch mit der KVB und die Leute lächeln mir zu, wenn sie mich erkennen. Das ist schön. Die Kölner lassen mich in Ruhe. Ich habe ein gutes Verhältnis zu Stadt, ich mag auch den FC, obwohl ich BVB-Fan bin.

Feiern Sie Karneval?

Ich bin dabei, mein Nachbar ist ziemlich jeck und besorgt Eintrittskarten. Ich bin auch einmal im Karneval aufgetreten, da hat aber nur das Singen funktioniert, wenn ich in meiner langsamen Art rede, werden die Leute unruhig.

Also streben Sie keine Kariere als Büttenredner an?

Nein, das wird nicht mehr klappen, aber ich versuche noch, einen großen Karnevalshit zu schreiben. Ich bin dran - und es dauert sicher nicht mehr lang.