„Hart aber fair“ zur WärmewendeKlöckner kritisiert Heizungsgesetz als „Brechstange“ – Grüne räumt Mangel an Kommunikation ein

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Der Journalist Markus Feldenkirchen (l.), CDU-Politikerin Julia Klöckner und Moderator Louis Klamroth (r.)

Der Journalist Markus Feldenkirchen (l.), CDU-Politikerin Julia Klöckner und Moderator Louis Klamroth (r.)

Beim Heizungsgesetz hakt es. Warum? Und wer ist Schuld? Das diskutierte Louis Klamroth mit seinen Gästen bei „Hart aber fair“.

Während die Klimakrise aufs Tempo drückt, scheint es so, als käme die Bundesregierung nicht ganz hinterher. Im Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) gab es zuletzt viel Trubel um Staatssekretär Patrick Graichen, das von Habeck forcierte Heizungsgesetz erfährt Gegenwind von Koalitionspartner FDP. Überspitzt gesagt könnte man fragen: „Ist die Energiewende in Gefahr?“

Genau das tat Moderator Louis Klamroth am Montagabend in seiner Sendung „Hart aber fair“. Die These diskutierte er mit folgenden Gästen:

  • Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Grüne), Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags
  • Christian Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP und Mitglied des Präsidiums
  • Julia Klöckner (CDU), wirtschaftspolitische Fraktionssprecherin
  • Markus Feldenkirchen, Politikjournalist beim „Spiegel“
  • Hermann-Josef Tenhagen, Wirtschaftsjournalist bei „Finanztip“

Diese Gästeliste weist schon auf den ersten Blick klare Konturen auf. Aus der Politik sind die Farben Grün (Göring-Eckardt, Grüne), Gelb (Dürr, FDP) und Schwarz (Klöckner, CDU) jeweils einmal vertreten. Dazu je ein Beobachter der Politik (Feldenkirchen) und der Wirtschaft (Tenhagen). Das klingt nach einer übersichtlichen Sendung.

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Aber schon beim ersten Einspieler geht der gute Überblick verloren. Und das liegt nicht an der Gestaltung dieses Einspielers. So kurz wie möglich wird dargestellt, welcher Politiker in Robert Habecks Wirtschaftsministerium wie ins Fettnäpfchen getreten ist. Klamroth stellt zu Sendungsbeginn den Vorwurf der Vetternwirtschaft in den Raum. Nicht als Erster in den vergangenen Wochen.

Robert Habeck hatte trotz der Vorwürfe gegen Graichen lange an ihm als Staatssekretär festgehalten. „Da hat ihn sein ansonsten gutes politisches Gespür etwas verlassen“, kritisiert Journalist Feldenkirchen. Und versucht dann das, was man im Wirtschaftsministerium aktuell versucht: die schnelle Kurve zurück zum Inhalt.

Aber die ist etwas zu eng, der Aufruhr um Graichen zu groß. Zumindest für Klamroth, der möchte mit dem Thema noch nicht abschließen. Und lässt Klöckner zu Wort kommen. Die kritisiert das Ministerium scharf, spricht von Einflüssen, die auf Angestellte und auch Entscheidungen wirken. „Haben auch andere Sichtweisen die Chance, gehört zu werden?“, stellt sie auch die Integrität von Habecks Ministerium infrage. Man habe „ein grünes Netzwerk“ geschaffen. Göring-Eckardt hält dagegen und mahnt den aus ihrer Sicht viel zu großen Einfluss der fossilen Lobby an.

Das könnte der Beginn einer Schlammschlacht werden. Doch die Integrität des und Lobbyismus im Wirtschaftsministerium soll die Sendung nicht diktieren, sondern die Arbeitsweise der Regierung. Und zwar rund um das umstrittene Heizungsgesetz.

Feldenkirchen wirft der FDP vor, das Heizungsgesetz auszubremsen

Dass die Situation zerfahren ist, merkt man schon daran, wie sich FDP-Politiker Dürr – als Mitglied der Bundesregierung – über das Gesetz äußert: „Mit dem aktuellen Vorschlag würden private Haushalte in eine Kostenfalle laufen. Die Heizung muss zum Haus passen, nicht andersherum.“ Das Risiko hoher Kosten sieht Grünen-Politikerin Göring-Eckardt eher beim Tempo des Gesetzesvorhabens: „Wir brauchen diese Energiewende, damit die Leute nicht in der Kostenfalle landen. Öl und Gas werden sehr teuer werden.“

Unabhängig davon, wo nun eine Kostenfalle – oder eben die größere – lauert, wundert Journalist Feldenkirchen die Schärfe, mit der Dürr sowie seine Parteifreundinnen und -freunde ihre Vorbehalte gegenüber dem aktuellen Gesetzesvorschlag äußern: „Sie haben anscheinend eine diebische Freude daran, das auf die lange Bank zu schieben. Die FDP wirkt als Opposition in der Ampel.“ Moderator Klamroth schlägt in dieselbe Kerbe: „Herr Dürr, man vergisst manchmal schnell, dass Sie mit in der Regierung sitzen.“

Göring-Eckardt gibt schlechte Kommunikation zu

Unabhängig vom Inhalt wird klar, dass das Problem um das Heizungsgesetz auch eines der Kommunikation ist. Klöckner kritisiert, dass das Gesetz erst öffentlich gemacht, erst dann darüber nachgedacht und diskutiert wurde. „Den Leuten geht es auch darum, dass sie in Ruhe entscheiden können. Dieses Gesetz ist eine Brechstange.“

„Es geht nicht darum, dass alle Leute im nächsten Jahr ihre Heizung umbauen müssen. Das hätten wir anders kommunizieren müssen“, gibt Katrin Göring-Eckardt zu. Und Klöckner Recht. Die legt nach: „Das, was Sie hier diskutieren, müssen Sie doch vorher machen“, wirft sie der Regierung vor. FDP-Politiker Dürr erwidert: „Frau Klöckner, Sie haben gar nichts gemacht!“ Die CDU hatte schließlich jahrelang die Regierungsverantwortung inne.

Schuld sind wirklich alle hier am Tisch.
Markus Feldenkirchen, Journalist, bei „Hart aber fair“, zur Energiewende

Bevor sich die Parteien aber gegenseitig Schuldzuweisungen an die Köpfe werfen können, nimmt Feldenkirchen mit Fingerspitzengefühl den Wind aus den Segeln dieser rückwärtsgewandten Diskussion. „Schuld sind wirklich alle hier am Tisch. Auch ein Journalismus, der vor zehn Jahren noch nicht auf die Dringlichkeit dieses Themas hingewiesen hat.“

Dass diese These in die richtige Richtung geht, zeigt auch die Diskussionsrunde am Montagabend. Wirkliche Antworten auf die drängenden Fragen stehen nicht unter dem Schlussstrich der Sendung. Verbraucherjournalist Tenhagen, der immer wieder auf Probleme bei der Umsetzung eines Heizungstauschs hinweist, mahnt an: „Wir sind in Europa total hinten dran, was den Heizungsaustausch angeht. Neue fossile Heizungen darf es nicht mehr geben, sonst schaffen wir das nicht.“

Auch Tenhagen sieht ein Problem in der Kommunikation: „Was müssen denn die Leute jetzt wissen? Die wollen auch nur wissen: Wo kommt ihre Förderung her? Das ist das, was die Menschen im Kern interessiert. Niemand, der 2,10 Euro für einen Liter Heizöl zahlt, will weiter mit Öl heizen.“ Es fehlt also aus Tenhagens Sicht nicht am Willen. Sondern schlicht an der schlingernden Umsetzung. Die Diskussion spiegelt diesen Schlingerkurs gut wider.

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