Carolin Kebekus„Wir wurden damals zu Recht mit Bierdeckeln beschmissen“

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Carolin Kebekus dpa

Carolin Kebekus

Carolin Kebekus ist busy: Am Donnerstag, 28. April, ging ihre „Die Carolin Kebekus Show“ in der ARD (ab 22.50 Uhr) mit neuen Folgen weiter. Außerdem organisiert die Kölner Komikerin das DCKS-Festival mit ausschließlich weiblichen Musikerinnen am 6. Juni im Tanzbrunnen (hier gibt es Tickets). Neben ihrer Band Beer Bitches werden unter anderem die No Angels, Lea und Mine auftreten Denn Musikerinnen, so Kebekus, seien auf Bühnen immer noch stark unterrepräsentiert. Ein Gespräch (das Sie hier auch als Podcast hören können) über Sexismus in der Musikbranche, die Rückkehr von Kardinal Woelki in Köln, ihre musikalische Früherziehung mit Blockflöte und einen schlimmen früheren Auftritt als Musikerin. Frau Kebekus, welche Band hätten Sie gern selbst erfunden? Carolin Kebekus: Queen. Ich bin großer Queen-Fan.

Ihre Lieblings-Frauenband?

Ich bin Riesen-Fan von den No Angels, seitdem sie in meiner Show aufgetreten sind.

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Ihr größtes weibliches Idol auf der Konzertbühne? Beyoncé. Ich finde auch Jennifer Lopez toll. Die zieht mit ihren 52 Jahren eine krasse Power-Show ab.

Ihr erster Auftritt als Sängerin?

Das muss ein Geburtstag gewesen sein. Ich bin früher immer auf Geburtstagen mit einem Kumpel zusammen aufgetreten, der Klavier gespielt hat.

Verlief Ihre musikalische Früherziehung mit Blockflöte?

Aber natürlich. Auf alten Videos von meinen Eltern kann man mich dabei sehen, wie ich stundenlang Blockflöte übe oder auf Weihnachtsfeiern auftrete. Absolut grauenhaft.

Ihr schlimmster Auftritt als Sängerin?

Das war vor langer Zeit im Gloria bei einer Karnevals-Sitzung mit meiner alten Band „Die Immis“. Unser Auftritt war unterirdisch und wir wurden damals zurecht mit Bierdeckeln beschmissen.

Welches Musikfestival haben Sie zuletzt besucht?

Rock am Ring.

Interessant. Dabei hat doch genau dieses Festival eine unrühmliche Rolle in Ihrer „Carolin Kebekus Show“ gespielt, als es um Sexismus in der Musikbranche ging. Weil bei dem Festival ausschließlich männliche Hauptbands gebucht werden und der Frauenanteil auf der Bühne insgesamt vier Prozent beträgt.

Ich bin total oft bei Rock am Ring gewesen und habe wahnsinnig tolle Bands erlebt. Aber wenn man sieht, dass auch in diesem Jahr der Frauenanteil auf der Bühne gegen null geht, kann das einfach nicht sein. Das geht 2022 nicht mehr. Ich kann auch das Argument nicht mehr hören, dass es leider keine Frauenband gibt, die man buchen kann. Die muss man nämlich fördern, genau wie männliche Musiker.

Sie wollen Musikerinnen mit Ihrem Festival am Tanzbrunnen fördern. Rechnen Sie mit vielen Männern im Publikum?

Vermutlich kommen mehr Frauen. Aber ich möchte die Männer sehr herzlich einladen. Was mir wichtig ist: Ich will mit diesem Festival nicht zeigen, dass wir das bessere Festival sind. Ich will einfach ganz viele Frauen hintereinander auf einer Bühne zeigen, die ganz unterschiedliche Musik machen und wunderbar nebeneinander stattfinden können. Denn leider ist es im Comedy- wie auch im Musikbusiness immer noch oft so, dass die Veranstalter genau eine Frau buchen und denken: reicht doch. Quote erfüllt.

Neben Lea, Mine und den No Angels treten auch viele Newcomerinnen an. Wie haben Sie die Auswahl getroffen?

Wir sind überhäuft worden mit Anfragen, die alle den gleichen Tenor hatten: Bitte, bitte lasst uns stattfinden. Wegen der Corona-Krise ist die Not bei den Künstlerinnen nochmal deutlich größer. Es wäre gar kein Problem für uns gewesen, ein einwöchiges Festival zu besetzen.

Warum sind Ihnen die Newcomerinnen so wichtig?

Es geht darum, Frauen an dem Punkt zu fördern, wo sie im Radio gespielt werden können, wo Plattenfirmen sich auf sie stürzen und die jetzt ihren Weg machen können. Gerade die brauchen doch eine Bühne.

Die „Carolin Kebekus Show“ geht am 28. April in der ARD in die nächste Runde. Was gibt es Neues?

Wir haben ein neues Studio. Und es werden tolle Gäste kommen wie Caren Miosga, Teddy Teclebhran und Bastian Pastewka, der direkt in der ersten Sendung dabei ist.

Sie thematisieren in Ihren Sendungen Themen wie Sexismus, Rassismus oder den Schönheitswahn. Womit beschäftigen Sie sich in den neuen Folgen?

Mit dem Thema Food Waste zum Beispiel. Dabei habe ich auch persönlich viel gelernt. Ich gehörte tatsächlich jahrelang der Fraktion an, die einen Joghurt am Tag nach Mindesthaltbarkeitsdatum nicht mehr essen wollte aus Sorge, Durchfall zu kriegen. Was totaler Unsinn ist.

Sie vereinen in der Show gerne Musik und Comedy. Mit „La vida sin Corona“ hatten Sie vor einem Jahr einen Song, der zum Hit wurde. Karl Lauterbach hatte darin einen witzigen Gastauftritt als Corona-Mahner. Wie schwer war es, ihn dafür zu gewinnen?

Der war sofort dabei, auch ohne vorher genau wissen zu wollen, wo er sich da reinbegibt.

In dem Lied „Glottisschlag“ haben Sie als „Lady Gender Gaga“ die Gender-Debatte thematisiert. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Erst einmal gab es nur das Wortspiel. Damals haben ja viele Gender-Kritiker über „Gender-Gaga“ gesprochen, da hatten wir natürlich sofort Lady Gaga im Kopf. Und ich habe ein cooles Team, das dann gleich den Anspruch hatte, nicht nur irgendeinen Song, sondern gleich einen Hit zu schreiben.

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Wie gehen Sie mit dem Ukraine-Krieg in der Sendung um?

Vieles in der Show wird vorproduziert, darum ist die Welt, in der wir leben, immer schon ein paar Wochen alt. Aber natürlich wird der Krieg ein Thema sein. Ich kann ja nicht sagen: Wir sind eine Comedy-Sendung, wir machen business as usual. Der Krieg ist die Realität, in der wir uns bewegen, die uns alle sehr berührt.

Kardinal Woelki ist zurück in Köln, Sie kritisieren ihn immer wieder öffentlich. Verfolgen Sie seine Auftritte seit der Rückkehr?

Natürlich. Mir war auch klar, dass der Papst sein Rücktritts-Angebot nicht annehmen würde. Die Kardinäle sind ja so etwas wie die engste Armee des Papstes. Da kann der gar keinen Rücktritt annehmen, denn damit hätte er ja Schuld anerkannt. Das ist ein unerträglicher Zustand. Die Opfer von Missbrauch sehen die Beweise, allen ist klar, dass diese Verbrechen stattgefunden haben. Und trotzdem passiert nichts. Das ist die traurige Lehre, die wir hier von Köln aus in die Welt pusten.

Für Betroffene von sexuellem Missbrauch in der Kirche gibt es seit Anfang März eine Anlauf- und Beratungsstelle in Köln. „Leuchtzeichen“ wird vom Verein „Umsteuern! Robin Sisterhood“ betrieben, den Sie unterstützen. Wie ist die Arbeit angelaufen?

Wir stellen einen hohen Bedarf fest, gerade auch, weil es so eine Anlaufstelle bei der Kirche ja gar nicht gibt. Vor März hatten in der Anlaufstelle nur ehrenamtliche Beraterinnen gearbeitet, die teilweise selbst betroffen waren von sexuellem Missbrauch. Dank der Spenden konnten wir jetzt eine Fachkraft fest einstellen und hoffen, dass uns das auch langfristig möglich sein wird.

Wir leben in einer Zeit lange ungekannter Krisen. Corona-Krise, Ukraine-Krieg, Klimawandel. Was beschäftigt Sie am meisten, wenn Sie ans Klima denken?

Während der Corona-Krise ist das Bewusstsein für die Klimakrise zurückgegangen, weil alle gefühlt andere Probleme hatten. Der Krieg zeigt jetzt brutal, dass alle Probleme miteinander zusammenhängen. Wir müssen auf alternative Energien umsteigen. Viele Leute haben keine Lust, etwas zu ändern. Aber irgendwann wird der Punkt kommen, an dem wir uns krass umstellen müssen, weil es keinen Weg mehr zurückgibt. Wir müssen uns in vielen Dingen schnell ändern. Denn sonst werden die Maßnahmen, zu denen wir in der Zukunft gezwungen sein werden, noch viel krasser sein.

Wenn viele Leute keine Lust haben: Muss man dann Verbote aussprechen?

Klar. Es wäre doch unfair zu sagen, jeder Einzelne soll das regeln. Ich kann doch nicht verantwortlich dafür sein, den Klimawandel umzudrehen. Ich kann mir ein Elektroauto kaufen und ich kann meinen Müll trennen, aber es ist eine Aufgabe der Politik, die Bürger an die Hand zu nehmen und zu sagen: So, jeder hat einen bestimmten C02-Verbrauch, ab dann ist Schluss. Das muss von oben geregelt werden. Ich bin auch für ein Tempolimit, obwohl ich sehr gerne schnell nachts auf der Autobahn unterwegs bin, wenn ich nach einer Show nach Hause will. Trotzdem sehe ich doch den Sinn eines Tempolimits. Das muss bitte der Gesetzgeber regeln. Gehört Deutschland nicht zu den ganz wenigen Ländern auf der Welt, in denen es überhaupt noch kein Tempolimit gibt?

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