Das Programm im ÜberblickKölner phil.Cologne findet trotz Corona-Krise statt

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Markus Gabriel, geb. 1980, ist Professor für Philosophie an der Universität Bonn. Er hat dort seit 2009 den Lehrstuhl für Erkenntnistheorie, Philosophie der Neuzeit und Gegenwart inne. 

Köln – Wer einmal aus erhabener Perspektive einen Blick auf das Große und Ganze erhaschen will, der muss ja eigentlich nur zum Riesenrad am Kölner Schokoladenmuseum gehen und eine Karte ziehen. Das werden sich in etwa Jürgen Wiebicke und Martin Stankowski gedacht haben, als sie ihren Beitrag zur phil.cologne geplant haben – zumindest wenn man das ganz wörtlich nimmt, denn genau darüber wollen der Journalist Wiebicke und der Stadtbilderklärer Stankowski auf der Attraktion reden. Für die 160 Menschen, die auf dem Riesenrad Platz nehmen können, bedeutet das also eine Fahrt deluxe, bei der sie über Kopfhörer einem Vortrag darüber lauschen können, wie sich die Wahrnehmung des Stadtbildes in Corona-Zeiten verändert.

Und einen weiteren Vorteil bietet das Riesenrad natürlich gerade in der derzeitigen Lage: Abstand kann man hier wirklich optimal halten. Das war schließlich auch genau der Grund, warum die beiden sich überhaupt dazu entschlossen haben, diese schöne Aktion in das Programm der phil.cologne mit hineinzubringen. Doch auch wenn selbstverständlich nicht alle Veranstaltungen des Kölner Philosophiefestivals auf lustigen Touristenattraktionen abgehalten werden können: Bei all dem Bangen um Kulturveranstaltungen stellt nach der Absage der lit.Cologne das Stattfinden des kleinen Bruders phil.cologne eine überaus positive Nachricht dar.

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Ein Anlass zur Freude also für all die Freizeit-Denker in ganz Deutschland, die schon das ganze Jahr darauf warten, sich gegenseitig über den neuesten Stand der ältesten Wissenschaft der Welt auszutauschen und dabei Philosophen, Publizisten, Künstlern und Forschern beim Reden wie Streiten zuzuhören. Dabei ist das nicht selbstverständlich – immerhin mussten nicht nur die eigentlichen Sommertermine aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden, das geplante Programm entfiel auch komplett durch die Verschiebung.

Dass die Herkules-Aufgabe, ein völlig neues Angebot für den September aufzustellen, gelungen ist, zeigt die breite Themenauswahl. Trotz reduzierter Form der Umsetzung – unter einem strengen Hygiene-Konzept und an fünf Spielorten mit 16 Veranstaltungen – schaffen es die Organisatoren dabei, nicht nur Corona und seine Folgen zu thematisieren, sondern auch die Auslotung gesamtgesellschaftlicher Problematiken in Fragen von Sprache, Denken und Fühlen – und nicht zuletzt die Zukunft der Philosophie in diesen turbulenten Zeiten. Ein Querschnitt also durch die Aufgaben der Moderne, die bearbeitet werden wollen.

Ein ganz besonderes Highlight stellt dabei – neben einem eigenen Podcast für die junge Zielgruppe über Sinn und Unsinn von Selbstoptimierung – der Vortrag „Wie man mit Göttern spricht“ des bekannten Philosophen Peter Sloterdijk dar, der hier sein neues Buch vorstellt. Elisabeth Wehling und Bernd Stegemann erörtern die Möglichkeit, ob Sprache die Welt verändern kann, Veye Tatah diskutiert mit Wolfgang Reinhard über Geschichte und Gegenwart des Kolonialismus.

Wie man dagegen mit Menschen in Zeiten der Pandemie spricht, das fragt sich Jürgen Wiebicke, der die Eröffnungsdiskussion zwischen dem Philosophen Markus Gabriel und dem Virologen Hendrik Streeck moderiert. Hier liegt auch mit ein Grund für das Stattfinden der phil.cologne: Denn dank Corona trifft viel Gesprächsstoff auf wenig Möglichkeit zum Gespräch – und geredet werden muss; in jedem Rahmen, der irgendwie möglich ist.

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