Zum Tod von William HurtEr war der erste Filmstar der 80er Jahre

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William Hurt  

Los Angeles – Jeans, Karohemd und Seitenscheitel, so sehen Studenten aus der US-Provinz aus. Ein unauffälliger Typ, der aber auch mal für eine Dummheit zu haben ist. So einen suchte der britische Regisseur Ken Russell 1979 für seinen neuen Film „Der Höllentrip“, und er fand William Hurt, der seine Chance nutzte. Mit der Hauptrolle gleich im ersten Film wurde er zu einem der ersten originären Hauptdarsteller der 80er Jahre.

Der Stern für den Sohn aus bürgerlichem Ostküstenhaushalt, der zwischenzeitlich Theologie studiert hatte, dann aber doch lieber mit Robin Williams und Christopher Reeve in die gleiche Schauspielklasse ging, hätte kaum steiler aufsteigen können. Seine Aura war schwer zu fassen. Er wirkte sanftmütig, fast ein bisschen somnambul, zugleich unfassbar lässig und mit einer bestechend offensiven körperlichen Präsenz.

Feurige Liebesszenen mit Kathleen Turner

William Hurt war nicht zu fassen und das machte ihn für Frauen und für Männer interessant. Anfangs drehte er noch Thriller, darunter den sinnlichen Neo-Noir-Krimi „Heißblütig – Kaltblütig“, dessen feurige Liebesszenen Hurt und die ebenfalls neue Filmpartnerin Kathleen Turner zu Superstars des Jahrzehnts machten, und das auch deshalb, weil ihre Filme nicht mehr nur im Kino, sondern auf dem neuen Vertriebsweg durch die Videotheken nun auch zu Hause gesehen werden konnten.

Ob als Moskauer Kommissar in „Gorky Park“ oder als Mitglied einer illustren Freundesclique in „Der große Frust“, als schwuler Gefängnisinsasse im Junta-Gefängnis in „Kuss der Spinnenfrau“, wofür er 1986 den Oscar bekam, ob als Lehrer einer Gehörlosen in „Gottes vergessene Kinder“, als selbstgewisser Anchor Man in „Nachrichtenfieber“ oder als gar nicht selbstgewisser Reisebuchautor, der sich in „Die Reisen des Mr. Leary“, in eine Frau aus der Arbeiterklasse verliebt - William Hurt konnte unterschiedlichste Rollen durch seine unaufdringlich undurchdringliche Präsenz mit Charaktertiefe erfüllen. Nichts konnte seinen Erfolg bremsen, außer ihm selbst.

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Am Ende des enorm erfolgreichen ersten Karrierejahrzehnts verlegte er sich zu Beginn der 90er Jahre auf eher unspektakuläre Charakterrollen im neu definierten Arthouse-Markt. Die Filme blieben gut, er selber auch, aber mit der Ausnahme von Wayne Wangs New-York-Märchen „Smoke“ ließ das Publikumsinteresse immer mehr nach. In den Nullerjahren zeigte er sich plötzlich in düsteren, bisweilen bestürzend gewalttätigen Rollen, unter anderem als Killer in „A History of Violence“, wofür er noch einmal für den Oscar nominiert wurde, oder als mephistophelisches Alter Ego von Kevin Costner im bizarren Thriller „Mr. Brooks“.

2009 schrieb seine frühere Film- und Lebenspartnerin Marlee Matlin in einem Buch über Gewalt in der Beziehung, aber sein Image blieb unbeschädigt. Er spielte in der Folge einen nachdenklichen Ahab im TV-Zweiteiler „Moby Dick“ und fand die Nische, wo er im fortschreitenden Alter mit minimalem schauspielerischem Aufwand maximale popkulturelle Ehrerbietung ernten durfte, indem er in mehreren Marvel-Filmen als General und späterer Minister Thaddeus Ross auftrat.

2018 wurde ihm eine unheilbare Prostatakrebserkrankung diagnostiziert, der er am Sonntag im Alter von 71 Jahren erlag.

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