Sinzig – Knapp vier Monate nach der Flutkatastrophe ist die Hoffnung der Menschen, ihre Angehörigen noch lebend zu finden, gering. Immer noch werden zwei Menschen vermisst. Gewissheit könnte ihnen ein Fuchs bringen.
Denn seit einigen Wochen sucht Shadow, ein fast zwei Jahre alter Silberfuchs, im Ahrtal nach den letzten Vermissten des Hochwassers. Bereits 14 Mal war Besitzer Marko Weber, Betreiber der „Wildtierhilfe an der Loreley“, mit Shadow schon im Einsatz, in mehreren Gebieten, bis nach Sinzig.
Naturschutzgebiet gesperrt
Gefunden haben sie die zwei Vermissten bisher nicht. Und das letzte Stück, das Shadow noch nicht durchforstet hat, ist für die Suche bislang auch gesperrt. Der Grund: Es handelt sich um ein Naturschutzgebiet. „Die Naturschutzbehörde will das Gebiet nicht räumen, die sagen, da ist alles in Ordnung", sagt Marko Weber. Einen Antrag hat er trotzdem gestellt. Derzeit wartet der 48-Jährige aber noch auf die Genehmigung. Auf Anfrage des Kölner Stadt-Anzeiger hat sich die Naturschutzbehörde selbst dazu noch nicht geäußert.
Auch wenn Shadow die Vermissten bisher nicht gefunden hat, verspricht sich Weber viel von der Suche mit dem Fuchs. Denn Shadow steckt sogar Spürhunde in die Tasche. Der Geruchssinn von Füchsen ist 250 Mal stärker als bei Hunden, sagt Weber.
Kadaver riecht Shadow aus weiter Entfernung
Bei einem Kadaver oder etwas, das ähnlich riecht, schlage Shadow schon aus weiter Entfernung an. „Und er kann perfekt über die angeschwemmten Dinge klettern“, sagt Marko Weber. „Hunden laufen meistens nur drum herum.“
Auch die Ausdauer von Füchsen ist höher. Bis zu vier Stunden am Tag kann Marko Weber Shadow für die Suche einsetzen, drei Stunden davon schafft er ohne Pause. „Für Shadow ist das eine ganz normale Futtersuche."
Füchse sind Aasfresser, es ist ihr natürlicher Instinkt, nach Kadavern zu suchen. Selbst wenn sie satt sind. „Füchse bunkern, also suchen sie einfach weiter“, sagt Marko Weber.
Der Einsatz des Fuchses war zunächst nicht geplant
Den Fuchs für die Suche einzusetzen war aber eigentlich gar nicht geplant, sagt Marko Weber. Als der 48-Jährige die Bilder des Hochwassers in den Nachrichten sah, wusste er zunächst nur, dass er helfen will. Gemeinsam mit seiner Frau Alexandra Weber fuhr er direkt am nächsten Tag nach Schuld.
„Wir haben erst nur die Menschen unterstützt, Lebensmittel und Wasser mitgebracht“, sagt Marko Weber. Zwölf Tage nach dem Hochwasser begann Weber dann mit der Drohne nach Tierkadavern im Flutgebiet zu suchen. „Wir haben einfach beim zuständigen Veterinäramt angefragt, ob wir helfen können.“
Vier Wochen lang suchte Weber mit einem Suchtrupp fast jede Nacht mehrere Gebiete ab. „In der Zeit haben wir auch drei Leichen gefunden“, sagt er. Als sie an die Grenze eines Naturschutzgebietes gelangten, war Schluss. „Hier darf die Drohne nur mit einer Mindesthöhe von 50 Metern drüber fliegen“, sagt Marko Weber. Zu hoch für die Kamera, um eine Wärmequelle zu finden. „Dann dachte ich mir, ich nehme einfach mal den Shadow mit, er ist ja Aasfresser und stöbert gerne.“
Weber beschreibt Shadow als Angsthasen
Marko Weber führt Shadow an der Leine, wenn er unterwegs ist. Er beschreibt den Fuchs als zahm, sogar als Angsthasen. Und Weber muss es wissen, denn der Silberfuchs, der zur Familie der Rotfüchse gehört, ist bei Familie Weber aufgewachsen. Er kam über das Veterinäramt zur „Wildtierhilfe an der Loreley“. Das hatte die Welpen einer polnischen Fuchsmutter bei Ebay entdeckt und den Verkauf gestoppt.
Shadow ist ein gezüchteter Fuchs. Aus seinem Fell sollte eigentlich mal ein Mantel oder ein anderes Kleidungsstück werden. Stattdessen hilft er jetzt den Flutopfern. „Ich wusste von Anfang an, dass die Suche mit Shadow funktionieren kann. Ich wusste nur nicht, wie es bei den Menschen ankommt“, sagt Marko Weber.
Flutopfer reagierten positiv
„Das ist ja eine totale Kopfsache, wenn ein Fuchs, ein Aasfresser, nach ihren Angehörigen sucht.“ Die Reaktionen der Flutopfer waren dann aber positiv. Die Hilfe von Marko Weber und Shadow wurde dankend angenommen, sagt der er, „vor allem weil nach vier Wochen die offizielle Suche nach Vermissten eingestellt wurde.“
Einmal gab es eine konkretere Spur. Am Ende stellte sich aber heraus, dass Shadow lediglich zwei Hunde einer Vermissten gefunden hatte. Es waren die Hunde von der Frau aus dem Ahrtal, die kurze Zeit später 300 Kilometer weit entfernt in Rotterdam gefunden wurde.
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Weber hofft, dass er die Suche nach den zwei letzten Vermissten schnell wieder aufnehmen kann, denn wenn der Fuchs anschlägt, ist es nie ein Fehlalarm. Bisher fand er zwar nur die Kadaver von Schafen, Rehen, Füchsen oder eben Hunden, doch noch sei nicht jeder Fleck abgesucht worden.
„Wir finden es unmöglich, dass noch zwei Personen vermisst werden und wir nicht suchen können. Wir wollen, dass die Angehörigen wieder mit freiem Kopf an diesem Gebiet vorbei fahren können.“