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Kommentar zum KlimawandelAls gespaltene Gesellschaft haben wir keine Chance

Lesezeit 3 Minuten
Demonstrierende beim Klimastreik in Berlin

Demonstrierende beim Klimastreik in Berlin

Nichts wird unser Leben so radikal verändern wie der Klimawandel. Doch ein Teil der Gesellschaft schaut weg.

Vor dem Brandenburger Tor zeigten sich die Klimaschützer von Fridays for Future am Freitag von ihrer gewohnt sympathischen Seite. Sie protestierten angesichts der Bedrohung auf fast schon rührend friedliche Weise – in Berlin, doch bei weitem nicht nur dort. In zahlreichen Städten, unter anderem in Köln, zogen Abertausende Menschen durch die Straßen. Die bunten Bilder unter Sonnenschein können freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Klimaschutzbewegung längst an einem toten Punkt angelangt ist. Der Slogan von Fridays for Future lautet: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ Vielen Leuten ist das nur relativ egal.

Die klimatische Entwicklung folgt den Vorhersagen der Wissenschaft. Der Globus heizt sich mit beinahe mathematischer Gnadenlosigkeit auf. Dabei stehen die Ozeane besonders im Fokus. Sie erreichen Badewannentemperatur. Dadurch verdunstet immer mehr Wasser und regnet über Land in immer größeren Mengen herunter.

Zwischen Dürre und Überschwemmungen

Libyen ist ein krasser Fall. Doch ähnliche Ereignisse gab es in diesem Sommer unter anderem in Bulgarien, Griechenland, Japan, Norwegen, der Schweiz, Slowenien und Spanien sowie schließlich in der Türkei. Fest steht auch: Es wird schlimmer werden, jedes Jahr. Wir werden zwischen Dürre und Überschwemmungen pendeln, zwischen zu wenig und zu viel Wasser. Da hilft kein Beten.

Trotzdem schwindet die Popularität der Klimaschutzaktivisten. Dies hat mit der radikalen Letzten Generation zu tun, aber nicht nur. Die Mehrheit der Bevölkerung ist für Klimaschutz – solange sie nicht wie mit dem Gebäudeenergiegesetz konkret werden soll. Die Politik spiegelt dies wider. So erstarken Parteien, die den Klimawandel entweder leugnen oder wirksamen Klimaschutz als unnötig betrachten: allen voran die AfD, gefolgt von den Freien Wählern und Sahra Wagenknecht, die offenbar eine neue Partei gründen will.

Selbst die Grünen gehen in die Knie

Die bürgerlichen Parteien geben dem Klimapopulismus in Teilen nach. Mittlerweile gehen sogar die Grünen in die Knie. Angeschlagen vom Heizungsstreit, haben sie im Entwurf des Europawahlprogramms die Sicherung des Wohlstandes zur Priorität erhoben. Das ist ein Offenbarungseid.

Man müsse die Menschen „mitnehmen“, heißt es. Als müssten sie zu ihrer Rettung erst noch überredet werden. Und als drängte nicht die Zeit. Die Gleichung – je sichtbarer der Klimawandel, desto beliebter der Klimaschutz – geht nicht auf. Es ist daher fraglich, ob Parteien, die stets auf die jeweils nächste Wahl fixiert sind, die Klimaschutzziele überhaupt erreichen können. Die Demokratie war in der Bundesrepublik ja deshalb so stabil, weil sie Wohlstand garantierte. Das ist vorüber.

Wo Klimaschützer wie jene von Fridays for Future da noch ansetzen können, ist offen. Eine gespaltene Gesellschaft wird den Klimawandel nicht bewältigen können, gewiss. Doch gewiss ist ebenfalls: Nichts wird unser Leben so radikal verändern wie eben dieser.