Protest von Atomkraft-Gegnern in JülichCastor-Transporte sollen im Sommer starten

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Einsatzkräfte der Polizei sichern die Probefahrt eines leeren Castor-Behälters in Jülich.

Einsatzkräfte der Polizei sichern die Probefahrt eines leeren Castor-Behälters in Jülich.

Am Streit um die Zukunft des Atommülls in Jülich scheiden sich die Geister. Mit der Genehmigung für die Castor-Transporte nach Ahaus wird in Kürze gerechnet.

Die Demonstration findet am Dienstag vor dem Büro der Grünen in Jülich statt. Dort wollen Atomkraftgegner gegen die Parteiführung protestieren. Die Aktivisten von „Ausgestrahlt“ werfen der Ökopartei Untätigkeit vor. Es geht um die bevorstehenden Atommüll-Transporte von Jülich nach Ahaus.

„Es droht die größte Castor-Lawine aller Zeiten“, kritisiert Helge Bauer von der Anti-Atom-Organisation. Statt die gefährlichen Transporte zu verhindern, ließen sich die Grünen von der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN) „seit Jahren auf der Nase herumtanzen“.

JEN plant Castoren-Verlagerung ins Münsterland

Im Jülicher Grünen-Büro wird nämlich hoher Besuch erwartet. NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Parteichef Omid Nouripour wollen dort mit Bürgerinitiativen über den aktuellen Stand bei den Atommüll-Transporten diskutieren. Dem Austausch geht ein Termin der beiden Spitzen-Grünen bei der JEN voraus. 

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Das Unternehmen plant, 152 Castoren auf Spezialfahrzeugen ins Münsterland zu verlagern. Ein JEN-Sprecher sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, die Transportgenehmigung werde „in Kürze“ erwartet. Vor Ostern sei aber wohl nicht mit dem Startschuss zu rechnen. „Wir peilen den Beginn der Transporte aktuell im Sommer an“, hieß es.

Vorbereitungen fast abgeschlossen

Die technischen Arbeiten seien „so gut wie abgeschlossen“, teilte der Sprecher unserer Zeitung mit. Bei einigen wenigen Komponenten der Transporteinheiten würden „noch letzte Funktions- und Abnahmeprüfungen“ durchgeführt, die von der Genehmigungsbehörde, dem Bundesamt für Nukleare Entsorgung (BASE), begutachtet werden müssten. Vor Weihnachten hatte bereits ein Probetransport mit einem leeren Behälter über die 170-Kilometer-Distanz stattgefunden. Dieser verlief laut JEN ohne Probleme.

Die Atomkraftgegner hoffen darauf, dass die umstrittene Aktion quasi in letzter Sekunde gestoppt werden kann. An der Zukunft der Castoren, in denen sich Abfälle aus dem ehemaligen Versuchsreaktor in Jülich befinden, scheiden sich seit Jahren die Geister. Sicherheitsaspekte, aber auch die Kosten polarisieren.

Lösung für Endlager der Castoren steht noch aus

Die Atomkraftgegner sehen in den Atomtransporten nach Ahaus ein hohes Risiko. Da die bisherige Lagerhalle nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entspricht, plädieren sie dafür, ein neues Lager im Umfeld des Forschungszentrums Jülich zu erreichten. Das Land verhandelt bereits über den Kauf des Geländes, Umweltverträglichkeitsprüfungen wurden durchführt. Ein Neubau wäre machbar – kostet aber viel Geld und ist kurzfristig nicht zu realisieren. Experten rechnen mit Kosten von 550 Millionen Euro und einer Bauzeit von neun Jahren bis zur Fertigstellung.

Die Transporte wären eine schnelle Lösung, aber auch keine endgültige. Im Zwischenlager Ahaus ist zwar viel Platz, aber die Genehmigung der Anlage läuft 2057 ab. Sollte bis dahin kein Endlager gefunden sein, müsste die Castoren möglicherweise erneut transportiert und zwischengelagert werden.

Ahaus will gegen Transporte klagen

Die Stadt Ahaus hat gegen die Einlagerungsgenehmigung der Castoren im dortigen Zwischenlager beim Oberverwaltungsgericht Klage eingereicht und will auch gegen die Transportgenehmigung juristisch vorgehen, sobald diese vorliegt. Das Verfahren könnte aufschiebende Wirkung auf die Transporte haben. Verzögerungen könnten sich auch ergeben, weil im Sommer die Fußball-EM in Deutschland stattfindet, was die Verfügbarkeit der Polizei einschränkt.

Die Debatte um den Umzug der Castoren hatte 2014 Fahrt aufgenommen. Damals hatte die Atomaufsicht in NRW, die beim NRW-Wirtschaftsministerium liegt, die sofortige Räumung angeordnet, weil man der Auffassung war, dass das bestehende Lager schweren Erdstößen nicht standhalten würde. Die Erdbebensicherheit war aber 2022 durch das BASE bestätigt worden. „Die Verfügung kann problemlos zurückgezogen werden“, sagt Ausgestrahlt-Sprecher Bauer. Damit gebe es keinen Grund mehr für eine schnelle Räumung durch die JEN und genügend Zeit, eine Einigung von Bund und Land NRW auf einen Neubau herbeizuführen. Sollten die Transporte dennoch starten, sind offenbar massive Proste programmiert: Die Bürgerinitiative in Ahaus hatte bereits angedeutet, dass mit Straßenblockaden zu rechnen sei.   

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