Mit fünf Jahren zapfte sie das erste Bier, heute hat sie ihre eigene Kneipe. Svenja Hackländer führt den „Marktplatz“ in Remscheid – mit stabilem Bierpreis, viel Einsatz und ohne Ruhetag.
Nähe Oberbergischer Kreis„Marktplatz“-Wirtin trotzt Kostenexplosion – alle feiern sie

Der „Marktplatz“ im Herzen der Remscheider Innenstadt ist seit zwölf Jahren und fünf Monaten das Revier von Svenja Hackländer.
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2002 kam sie nach Remscheid, im Sog einer guten Freundin. Der „Marktplatz“ im Herzen der Remscheider Innenstadt ist seit zwölf Jahren und fünf Monaten ihr Revier und ihre erste Gastro in eigener Regie.
Rund um einen Wirtshaustresen fühlte sich Hackländer von Kindesbeinen an wohl. „Als ich den Papa sonntags in Lüdenscheid vom Frühschoppen abgeholt habe, durfte ich das erste Bier für ihn mit fünf Jahren vom Stuhl zapfen.“
Am 1. April 2013 ersetzte sie eine Institution
Auch im Bergischen blieb Gastro ihr Ding. Weil ihre beste Freundin im „Marktplatz“ kellnerte, war sie dort Gast, jobbte aber auch im Bismarckplatz und im Bowlingcenter von Howie Paasch. „2011 sollte ich beim Tanz in den Mai im Marktplatz aushelfen, danach bin ich hängengeblieben“, blickt die fröhliche Wirtin zurück, die viel und gerne lacht. Mit dem 1. April 2013 ersetzte sie eine Institution.
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Susanne Plätzer hörte nach 26 Jahren auf. „Und sie hat mich gefragt, ob ich den Laden pachten will. Im ersten Moment war ich total geschockt, dass Suse mir das angeboten und zugetraut hat“, erinnert sich Svenja Hackländer. Ihre Umschulung zur Altenpflegerin hatte Svenja gerade beendet und stand am Scheideweg. Lange nachdenken musste sie freilich nicht.
Hackländer entschied sich für die siebentägige Ochsentour und die Geselligkeit. Einen Monat, bevor das Nichtrauchergesetz in Kraft trat und die Kneipen beutelte, stieg sie in das Traditionslokal ein. In der Zeit vor Susanne Plätzer hatte der „Marktplatz“ mal „Bierbrunnen“ geheißen und davor wiederum betrieb Plätzers Onkel Kuno Melskotte an der Adresse Markt 4 einen Obstladen.
Im urigen „Marktplatz“ glüht der Zapfhahn auch morgens um 10 Uhr, wenn die ersten Rentner eintreffen, direkt nach der Eröffnung. „Ich lebe vom Tagesgeschäft, eine Anlaufstelle für Nachtschwärmer sind wir nicht, was auch damit zusammenhängt, dass das Umfeld am Markt spätabends nicht angenehm ist“, sagt die Chefin, die am 18. Juli ihren 50. Geburtstag gefeiert hat – natürlich mit einer Fete in ihrer Pinte. Viele Ältere lassen sich ihre Bierchen bei Svenja schmecken, knobeln und spielen Skat.
Konkurrenzlos günstige Preise
Bei einem Glas bleibt es nicht. Wer im „Marktplatz“ einkehrt, ist zu Fuß gekommen oder mit dem Bus. Die Kneipe hat einen legendären Ruf aufgrund ihrer konkurrenzlos günstigen Preise. Ein 0,2 kostet 1,30 Euro, ob Frankenheim Alt, Früh Kölsch, Warsteiner oder Bitburger. Da kann sich ein Besucher durchaus mehr genehmigen. Das lockt sogar Gäste aus weiter entfernten Ortsteilen bis nach Wermelskirchen an.
Seit über sieben Jahren hält Svenja Hackländer die Preise stabil. Solange, dass es manchem ein wenig peinlich ist. „Einige ermuntern mich: Du kannst den Preis ruhig anheben.“ Wenn es so kommen sollte, feixt die Wirtin, würde sie die Erhöhung mit dem Zusatz versehen: „Auf Wunsch meiner Gäste“.
Ruhetage kennt die Wirtin nicht
Hackländer denkt bei ihrer Preispolitik an deren wirtschaftliche Lage: „Viele sind Pensionäre mit einer kleinen Rente. Die haben nur ein gewisses Budget. Wenn sie sparen müssen, fangen sie beim Freizeitkonsum an.“ Ruhetage kennt die Wirtin nicht. Sieben Tage ist ab morgens auf, Ende offen. „Nur sonntags machen wir um 18 Uhr dicht.“
Wir, das sind Svenja Hackländer und fünf Aushilfen, vier Frauen, ein Mann. Einer oder eine reichen, um pro Schicht den Laden zu schmeißen. „Den größten Teil mache ich selber“, meint die Chefin. Beschwerlich wird es ihr nicht. „Ich bin nicht der Urlaubsmensch“, versichert sie und schiebt hinterher: „Wer sein eigener Herr oder Frau ist, weiß, was auf ihn zukommt. Der Begriff sagt es: selbst und ständig.“
Susanne Plätzer schaut noch regelmäßig rein. Als Automatenaufstellerin ist sie für die zwei Spielautomaten zuständig, die hinten in der Kneipe stehen. Die Szene unterliegt aufgrund der Glücksspielgesetze einem Wandel. Svenja Hackländer kennt die Zeit, als mehr als zwei Automaten erlaubt waren. Seit ein paar Jahren sind es nur noch zwei pro Kneipe. Mit dem Personalausweis muss man sich vor dem Spielen legitimieren. Auch die Dartspezialisten haben hier eine Heimat. Die „Bandits“ werfen ihre Pfeile am Markt im Ligabetrieb.
Ein großes Thema ist Fußball. Auf drei Fernsehern kann das nationale und internationale Geschehen verfolgt werden. Die Zeiten, wo Svenja Hackländer jedoch das Rundumpaket mit Sky und Dazn abonniert hatte, sind vorbei. „Diese Preisschübe konnte keiner mehr bezahlen“, schüttelt sie den Kopf. Geblieben ist immerhin Sky.
1000 Euro pro Monat für Live-Fußball
Auch der Anbieter alleine geht ins Geld. Für Sky plus Gema-Gebühren zahlt Hackländer im Monat stolze 1.000 Euro. Eine Investition, die sich nur begrenzt rechnet. Sky ist sonntags ganz raus bei der Bundesliga, zeigt freitagabends Spiele und den kompletten Samstag, aber nicht mehr in der Konferenz.
„Nach Corona hat das Bundesliga-Live-Erlebnis in der Kneipe stark abgenommen. Viele haben sich in der Zeit für zu Hause ihr eigenes Abo gegönnt.“ Die Stammgäste aber seien treu geblieben, die sich bei Svenja Hackländer bestens aufgehoben fühlen.
Dieser Text erschien zunächst beim Remscheider General-Anzeiger – Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland.